# taz.de -- Schwerer Anschlag in Afghanistan: Dutzende Tote in Kabul | |
> Eine Ambulanz voller Sprengstoff, ein Knall, der stadtweit zu hören ist – | |
> es ist der zweite schwere Anschlag in Kabul in einer Woche und der dritte | |
> im Januar. | |
Bild: Notversorgung am Samstag an einem Krankenhaus in Kabul | |
KABUL dpa | Die radikalislamischen Taliban haben mit einem schweren | |
Selbstmordanschlag in einer der am besten gesicherten Straßen der | |
afghanischen Hauptstadt Kabul mindestens 95 Menschen getötet und 140 | |
verletzt. Das bestätigte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums, | |
Wahidullag Madschroh. Es war der zweite schwere Talibananschlag in der | |
Stadt innerhalb nur einer Woche, nach einem 17-stündigen Angriff von sechs | |
Taliban-Kämpfern auf das große Hotel Intercontinental am vergangenen | |
Samstag. Dort waren mindesten 20 Menschen getötet worden, darunter eine | |
deutsche Entwicklungshelferin. | |
In der Straße im zentralen Regierungs- und Geschäftsviertels Schar-e Nau | |
liegen auch die Gesandtschaft der Europäischen Union, mehrere Botschaften, | |
darunter die von Schweden, Indien und Indonesien, sowie das ehemalige | |
afghanische Innenministerium, das für einige Funktionen weiter genutzt | |
wird. Die Straße wird von beiden Seiten mit mindestens zwei | |
Sicherheitsposten geschützt; Fußgänger dürfen nur selten tief hinein. Aber | |
nahe dem südlichen Ende, an dem die Explosion geschah, liegt der große, | |
immer verkehrsverstopfte Sedarat-Platz mit vielen Geschäften. | |
Dort liegt auch das große Jamhuriat-Krankenhaus. Ein Doktor der Klinik | |
veröffentlichte auf seiner Facebookseite einen Hilferuf: „Wir brauchen | |
Blut. Ärzte und Zivilisten verletzt.“ | |
Etwas weiter entfernt – auf der anderen Seite des Sedarat-Platzes – liegt | |
hinter hohen Sprengschutzwänden das heute nur noch selten genutzte | |
Hauptbüro der staatlichen deutschen Entwicklungshilfsorganisation GIZ. Die | |
GIZ hatte im Sommer wegen der steigenden Unsicherheit in Afghanistan und | |
seiner Hauptstadt fast alle Büros in der Stadt geschlossen und war in ein | |
Lager am Stadtrand umgezogen. Ob GIZ-Mitarbeiter oder Mitarbeiter von | |
Botschaften beim jüngsten Anschlag zu Schaden kamen, blieb zunächst unklar. | |
## Bild der Verwüstung | |
Die Explosion sei in der ganzen Stadt zu spüren gewesen, hieß es im Sender | |
Tolo News. Bilder vom Anschlagsort zeigten von der Wucht der Detonation | |
nackt hinterlassene Häuserfassaden mit herausgesprengten Fenstern, Türen | |
und Ladenschildern. Auf dem mit Glassplittern und Trümmern übersäten | |
Pflaster waren Leichen zu sehen, bedeckt und unbedeckt. Ein normalerweise | |
gefasster Polizeisprecher schrie ins Telefon, als die Deutsche | |
Presse-Agentur ihn kontaktierte. | |
Der Leiter der italienischen Hilfsorganisation Emergency, die eine Klinik | |
für Kriegsverletzungen betreibt, schrieb auf Twitter: „Es ist ein | |
Massaker.“ Kurz darauf konnte Emergency, das die beste Traumaversorgung in | |
der Stadt anbietet, keine weiteren Patienten mehr aufnehmen. Bilder | |
zeigten, wie Ärzte und Krankenschwestern die Patienten im Garten | |
versorgten. | |
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, der Selbstmordattentäter habe | |
einen Krankenwagen gefahren. Er sei durch den ersten Sicherheitsposten in | |
der schwer bewachten Straße gekommen, aber an der zweiten Sperre erkannt | |
worden. Daraufhin habe er den mit Sprengstoff vollgepackten Wagen in die | |
Luft gejagt. | |
Die Taliban reklamierten die Tat mit einer Botschaft im | |
Kurznachrichtendienst Twitter für sich. Sie behaupteten, mindestens 80 | |
Polizisten getötet und verletzt zu haben. | |
Die Sicherheitslage in der afghanischen Hauptstadt hat sich seit Ende der | |
Nato-Kampfmission im Dezember 2014 stark verschlechtert. 2017 gab es dort | |
mehr als 20 schwere Anschläge der Taliban und der Terrormiliz Islamischer | |
Staat (IS). Mehr als 500 Menschen kamen bei den Attentaten ums Leben. Bei | |
dem ersten Anschlag im neuen Jahr auf einen Sicherheitsposten waren Anfang | |
Januar mindestens 20 Menschen getötet und 30 verletzt worden. | |
27 Jan 2018 | |
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