# taz.de -- Öko-Ausgleichsfläche mit Verspätung: Heile, heile Gänschen | |
> Die letzte ökologische Ausgleichsfläche für die zugeschüttete Elbbucht | |
> Mühlenberger Loch soll kommen – mit 14 Jahren Verspätung. | |
Bild: Ohne Erfolg: Demonstration gegen die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs | |
HAMBURG taz | Es ist wohl doch nie zu spät, Gutes zu tun. Auch nicht bei | |
ökologischen Ausgleichsmaßnahmen: Für die teilweise Zuschüttung der | |
Elbbucht Mühlenberger Loch im Jahr 2004 soll jetzt in der Nähe der | |
Kleinstadt Itzehoe im Südwesten Schleswig-Holsteins ein Vogelschutzgebiet | |
ausgewiesen werden. In der Breitenburger Niederung soll neben Enten und | |
Gänsen auch der seltene Wachtelkönig, der Symbolvogel an der Tideelbe, eine | |
neue Heimat finden. | |
Manfred Braasch, Hamburger Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation | |
BUND, kritisiert, „dass erst 15 Jahre später ein weiterer Teil des | |
gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichs umgesetzt wird“. Die Zerstörung der | |
Natur erfolge „immer postwendend nach der Genehmigung, der | |
naturschutzfachliche Ausgleich lässt aber häufig skandalös lange auf sich | |
warten“, so Braasch. | |
Schleswig-Holstein will rund 130 Hektar an der Hörner Au im Einzugsgebiet | |
des Elbe-Nebenflusses Stör als naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme | |
ausweisen, teilte das Kieler Umweltministerium am Montag mit. Auf den | |
Flächen und im näheren Umfeld kämen gefährdete Arten wie Wachtelkönig, | |
Feldlerche, Braunkehlchen und Wachtel vor. Das neue Vogelschutzgebiet soll | |
in das bereits bestehende 7.426 Hektar große europäische Vogelschutzgebiet | |
„Unterelbe bis Wedel“ integriert werden und dieses „entsprechend ergänzen | |
und aufwerten“, so das Ministerium. | |
## Fertigungshallen statt Flachwasserzone | |
Dafür wurde am Montag das öffentliche Beteiligungsverfahren eingeleitet. | |
Betroffene, Behörden, öffentliche Planungsträger und anerkannte | |
Naturschutzvereinigungen haben jetzt die Möglichkeit, bis Ende März zu dem | |
Vorschlag Stellung zu nehmen. | |
2004 hatte Hamburg östlich des Stadtteils Finkenwerder für die Erweiterung | |
des Airbus-Werkes 140 Hektar des Vogelschutzgebietes Mühlenberger Loch, des | |
größten Süßwasserwatts in Europa, zu Kosten von 383 Millionen Euro | |
aufgespült. Auf einer Fläche so groß wie die Außenalster wurden statt der | |
ökologisch bedeutenden Flachwasserzone Fertigungshallen für die Produktion | |
des Riesenjets A380 errichtet. | |
Dafür musste die Stadt ökologische Ausgleichsmaßnahmen umsetzen. Deshalb | |
wurden Teile der Elbinsel Hahnöfersand abgetragen und zu einem | |
Süßwasserwatt umgestaltet, ebenso Teile der Borghorster Elbwiesen | |
elbaufwärts in den Vier- und Marschlanden. Zudem wurden vor der Hamburger | |
Nordsee-Insel Neuwerk auf 60 Hektar neue Salzwiesen geschaffen. | |
Weil das aber immer noch nicht reichte, sagte das Nachbarland | |
Schleswig-Holstein seinerzeit zu, dem begrenzten Stadtstaat Hamburg mit | |
neuem Lebensraum für Vögel und Pflanzen auszuhelfen. Auch aus Sicht des | |
nördlichsten Bundeslandes ist Airbus ein wichtiger Arbeitgeber für | |
Menschen, die in Schleswig-Holstein wohnen und Steuern zahlen. | |
Die Breitenburger Niederung soll durch eine angepasste landwirtschaftliche | |
Nutzung und die Schaffung von Tümpeln als Lebensraum insbesondere für | |
Wiesenvögel aufgewertet werden, teilte das Umweltministeriums mit. Aber | |
auch damit sei „der erforderliche Ausgleich nicht komplett“, kritisiert | |
Umweltschützer Braasch: „In der Gesamtbilanz gibt es immer noch ein Defizit | |
beim Ausgleich von Süßwasserwatt- und Vordeichflächen.“ | |
Und das, obwohl der Hamburger Senat das Mühlenberger Loch Ende 2005 zum | |
Naturschutzgebiet hochgestuft hat – das Restloch, wohlgemerkt. | |
6 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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