# taz.de -- NATURSCHUTZ: Natürlich für die Wirtschaft | |
> Die schwarz-grüne Koalition legt ein Gesetz vor, das Bauen im Hafen ohne | |
> ökologischen Ausgleich erlaubt und die Klagerechte von Umweltverbänden | |
> einschränkt | |
Bild: Langjähriger Streitfall: Das Mühlenberger Loch | |
Es dürfte eine hitzige Sitzung werden am Donnerstag im Rathaus. Ein | |
schwarz-grüner Entwurf für ein neues Hamburger Naturschutzgesetz steht auf | |
der Tagesordnung einer öffentlichen Expertenanhörung des Umweltausschusses | |
- und der härteste Kritiker der Novelle ist der ehemalige GAL-Umweltsenator | |
Alexander Porschke. Der Gesetzentwurf sei in Teilen "ein Kniefall vor der | |
Hafenlobby", urteilt Porschke, der jetzt Vorsitzender des Naturschutzbundes | |
(Nabu) in der Hansestadt ist. | |
Es gebe eine Reihe bedenklicher Punkte in dem Gesetzentwurf, sagt der | |
56-Jährige, und mindestens einer sei "schlicht rechtswidrig": das Bewahren | |
des so genannten Hafenprivilegs durch die weitere Einschränkung der | |
"Eingriffsregelung". | |
Denn in Paragraf 6 erklärt der Entwurf eine lange Reihe von baulichen | |
Maßnahmen im Hafen zu "Nicht-Eingriffen", die folglich auch nicht durch | |
ökologischen Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle wieder gutgemacht werden | |
müssen. Dazu zählen nahezu sämtliche Maßnahmen des Hochwasserschutzes, die | |
Umgestaltung von Gewässern sowie Bau und Erweiterung von Kaianlagen. | |
"Dagegen werden wir sehr wahrscheinlich vor Gericht ziehen", kündigt | |
Porschke an. Solche umweltfeindlichen Sonderregelungen gäbe es in keinem | |
anderen Hafen. Die Hafenerweiterung in Bremerhaven und der Bau des | |
Jade-Weser-Ports in Wilhelmshaven würden ökologisch ausgeglichen. Auch in | |
den großen Konkurrenzhäfen Rotterdam (Niederlande) und Antwerpen (Belgien) | |
müssten Natureingriffe kompensiert werden, sagt Porschke. | |
Genau das sieht der hafenpolitische Sprecher der CDU, Olaf Ohlsen, anders. | |
Es sei ein Erfolg seiner Fraktion, dass "auch zukünftig die | |
Hafenunternehmen nicht durch zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen belastet | |
werden", sagt er. Hamburg stünde im Wettbewerb mit Rotterdam. "Da müssen | |
wir umsichtig agieren." | |
Unverblümt feiert Ohlsen die Regelungen als Sieg über den grünen | |
Koalitionspartner. Es müsse "dafür gesorgt werden, dass das neue | |
Naturschutzgesetz zum Wohle der Stadt und nicht zu höherem Schaden für | |
unsere Wirtschaft führt". | |
In diesem Punkt kann die Union sich zumindest auf die oppositionellen | |
Sozialdemokraten verlassen. Die haben bereits einen eigenen Antrag zur | |
"Beibehaltung des Hafenprivilegs" vorgelegt. Denn ökologischer Ersatz würde | |
zu erheblichen Mehrkosten führen, welche "gerade angesichts der derzeitigen | |
Wirtschafts- und Finanzlage der Stadt nicht zu vertreten" seien. | |
Kritik übt Porschke auch an den eingeschränkten Befugnissen von | |
Umweltverbänden. Nach dem Gesetzentwurf müssen Naturschutzorganisationen | |
bei geplanten ökologischen Eingriffen zwar angehört werden. Ein Klagerecht | |
gegen die Verzögerung oder Nichtrealisierung von Ausgleichsmaßnahmen sollen | |
sie jedoch nicht haben. "Das müssen wir voranbringen", sagt Porschke. | |
"Hausgemachte Versuche, Umweltrecht zu ignorieren", würden die Umsetzung | |
der Planungen nur verzögern. So sei die geplante Elbvertiefung bereits mehr | |
als zwei Jahre im Verzug, weil der Bund und Hamburg vor der EU mit dem | |
Versuch scheiterten, Naturschutzrecht auszuklammern. Wer schlecht plane, | |
dürfe sich nicht wundern, wenn er zu Nachbesserungen gezwungen würde, so | |
Porschke. | |
Aber was man nicht in den Koalitionsvertrag hinein schreibe, könne im | |
Nachhinein nicht durchgesetzt werden, hat der Ex-Senator erkannt. Als | |
GAL-Mitglied halte er bei eventuellen Koalitionsverhandlungen nach der | |
Bürgerschaftswahl 2012 diese Punkte "für Themen, die meine Partei verfolgen | |
sollte". | |
12 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
Sven-Michael Veit | |
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Bauprojekt | |
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