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# taz.de -- Natur unter Druck: Autobahn torpediert Airbus-Ausgleich
> Zehn Jahre nach der Teil-Zuschüttung des Mühlenberger Lochs ist der
> verloren gegangene Lebensraum immer noch nicht ersetzt. Jetzt kommt auch
> die A 20 als Westumfahrung Hamburgs den Plänen in die Quere.
Bild: Neuland: Um die Hamburger Airbus-Fabrik erweitern zu können, wurde in de…
HAMBURG taz | Der Ausgleich für eines der umstrittensten Industrieprojekte
des vergangenen Jahrzehnts droht zur Farce zu werden. Die
Kompensationsvorhaben für die Hamburger Airbusfabrik funktionieren
schlecht, sie wurden verboten oder liegen brach. Ein weiteres droht jetzt
durch die geplante Nordwest-Umfahrung Hamburgs mit der Autobahn A 20 unter
die Räder zu kommen.
Die Airbusfabrik war im Jahr 2002 ausgebaut worden, um den Riesen-Airbus A
380 in Hamburg ausstatten und ausliefern zu können. Dafür wurde das
Werksgelände in die Elbbucht Mühlenberger Loch hinein erweitert.
Zum Teil Flachwassergebiet, zum Teil Süßwasserwatt, versorgt die Bucht die
Elbe mit Sauerstoff; sie bietet Nahrung für Jungfische und für Rastvögel
wie die Krick und die Löffelente. Außerdem gedeiht hier der nur an der
Unterelbe vorkommende Schierlings-Wasserfenchel.
Aufgrund dieser besonderen Qualität gehört das Mühlenberger Loch zum
Schutzgebietsnetz Natura 2000 der EU. Wird so ein Areal beschnitten, muss
anderswo ein Gebiet von ähnlicher Qualität geschaffen werden. Ziel ist es
dabei, die Maschen des Natura 2000-Netzes nicht zu weit werden zu lassen:
Die Tiere und Pflanzen sollen von einem Schutzgebiet zum anderen springen
können.
Für das zu einem Fünftel zugeschüttete Mühlenberger Loch ließ der Senat die
benachbarte Elbinsel Hahnöfersand größtenteils abbaggern. Es entstand ein
neues Flachwasser- und Wattgebiet, allerdings in zwei kleinen Stücken. Die
Löffelente, eine der Arten, für die dieser Aufwand getrieben wurde, lässt
sich in dem neu geschaffenen Lebensraum allerdings kaum blicken: Es wurden
nie mehr als 100 Löffelenten dort gezählt - 1.000 hätten es sein sollen.
Weil Hahnöfersand so klein ist, sollte außerdem der Deich vor der
Haseldorfer Marsch geöffnet und dieses Gebiet Ebbe und Flut ausgesetzt
werden. Das untersagte das schleswig-holsteinische Oberverwaltungsgericht
nach einer Klage des Umweltverbandes BUND: Das Areal sei schon ein
Naturschutzgebiet von höchstem Rang und daher nicht aufzuwerten.
Die Hörner Au, eine 40 Kilometer nordwestlich der Hansestadt gelegene
Niederung, war dazu vorgesehen, wiederum den Eingriff in die Haseldorfer
Marsch auszugleichen - eine Art Ausgleichsmaßnahme zweiten Grades. Ein
kleiner Teil davon wurde vom Hamburger Senat gekauft. Er ließ Gebäude
abreißen und verpflichtete die Bauern, das Land extensiv zu bewirtschaften.
Der größere Teil sollte von Schleswig-Holstein gekauft und langfristig in
ein extensiv bewirtschaftetes Marschgebiet mit hohem Wasserstand verwandelt
werden. Hier sollten Feuchtwiesen für Wiesenvögel und Moore entstehen. Das
ist bis heute nicht geschehen und wird im ursprünglich vorgesehenen Umfang
möglicherweise gar nicht mehr kommen.
Denn sollte die Hamburg-Umfahrung A 20 wie geplant gebaut werden, schnitte
sie ein Stück des südöstlichen Zipfels ab. Das wurde beim Erörterungstermin
zum Abschnitt sechs bei Hohenfelde Mitte November deutlich. Damit wäre ein
weiteres Ausgleichsversprechen geschmälert.
Rüdiger Nebelsieck, ein Hamburger Anwalt, der einige von der Autobahn
tangierte Gemeinden vertritt, hält das für einen Verstoß gegen das
Europarecht. Nebelsieck ist der Fall von früher und von einer ganz anderen
Seite her vertraut: Er hat ebenfalls die Gegner der Airbus-Erweiterung
juristisch vertreten und kennt sich mit dem Ausgleichskonzept aus.
Birgit Einfeldt vom schleswig-holsteinischen Verkehrsministerium streitet
ab, dass die Autobahn das für den langfristigen Ausgleich vorgesehene
Gebiet durchschneide: Die Gebiete lägen nebeneinander, beteuert sie.
Der BUND Hamburg dagegen verweist auf eine Karte, die augenscheinlich das
Gegenteil belegt. Der Umweltverband hat angekündigt, die EU-Kommission auf
diese Schmälerung des Naturausgleichs hinzuweisen. 2005 hatte er sich schon
einmal wegen der unzureichenden Kompensation für das Mühlenberger Loch bei
der EU beschwert. Seither hat sich nicht viel getan. "Zehn Jahre nach dem
Eingriff sind allenfalls 50 Prozent ausgeglichen", sagt der Hamburger
BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Durch das, was in der Hörner Au
drohe, werde der Versuch, die Maschen im Natura 2000-Netz nicht reißen zu
lassen, im Falle des Mühlenberger Lochs zum Trauerspiel.
12 Dec 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Bauprojekt
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