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# taz.de -- Aus für den Riesen-Airbus: Obstbäume umsonst gefällt
> Die Produktion des größten Passagierflugzeugs wird eingestellt. Der
> Öko-Ausgleich für die Vernichtung des Mühlenberger Lochs fehlt noch
> immer.
Bild: Nicht nachhaltig: Airbus-Beschäftigte demonstrieren 2004 für eine Verl�…
HAMBURG taz | Die Ära des Riesenfliegers A380 wird in zwei Jahren beendet
sein. Das teilte der Airbus-Konzern am Donnerstag im französischen
Hauptwerk Toulouse mit. Damit drohen erhebliche Konsequenzen für die
Produktion und die Arbeitsplätze im zweiten Airbus-Hauptwerk in
Hamburg-Finkenwerder.
Dort wird der doppelstöckige Großraumjet endmontiert und an die Kunden in
Europa und im Nahen Osten ausgeliefert. Gefahr droht auch den Standorten in
Bremen, Stade und Buxtehude, wo Komponenten wie Flügel oder Elektronik
hergestellt werden.
Airbus kündigte an, in den nächsten Wochen Gespräche mit den
Arbeitnehmervertretungen aufnehmen zu wollen. Dabei wurde die Größenordnung
„3.000 bis 3.500 Stellen weltweit“ genannt. Was das genau bedeutet, ist
noch unklar. „Wir können heute natürlich noch nicht ausschließen, dass es
mancherorts zu einschneidenden Maßnahmen kommt“, erklärte
Airbus-Kommunikationschef Rainer Ohler lediglich.
„Es ist schade um den schönen Flieger“, sagte Meinhard Geiken,
Bezirksleiter der IG Metall Küste, am Donnerstag in Hamburg. „Aber die
Entscheidung des Vorstands ist nachvollziehbar, da sich die A380 nicht
verkauft.“ Dennoch hätten die Beschäftigten an den norddeutschen Standorten
durch die kleineren Modelle A320, A330 und A350 reichlich Arbeit.
## Brexit macht Hoffnung
Betriebsbedingte Kündigungen seien per Tarifvertrag bis Ende kommenden
Jahres ausgeschlossen. „Diese Regelung wollen wir ausbauen und die
Beschäftigung langfristig sichern“, sagte Geiken. „Das Unternehmen steht in
der Pflicht, den betroffenen Kolleginnen und Kollegen neue Arbeitsplätze
anzubieten“, sagt der Bremer Airbus-Betriebsratsvorsitzende Jens
Brüggemann. „Entlassungen muss das Unternehmen ausschließen“, fordert er.
Ironischerweise könnte der Brexit hilfreich sein. Denn in Folge eines
ungeordneten Ausstiegs Großbritanniens aus der EU würden in den dortigen
Werken Filton und Broughton produzierte Airbus-Teile bei der Einfuhr nach
Deutschland oder Frankreich mit Einfuhrzöllen belegt. Deshalb hatte Airbus
bereits vor Monaten gedroht, die Standorte auf der Insel aufzugeben, um
Produktion und Arbeitsplätze „in ein anderes europäisches Land zu
verlagern“. Dafür kommen nur Frankreich und Norddeutschland infrage.
Der A380 fasst bis zu 853 Passagiere und ist damit das größte
Passagierflugzeug der Welt. Die Planungen für den Giganten von 72 Metern
Länge, 80 Metern Spannweite und 24 Metern Höhe begannen 1995, 2000 fiel der
offizielle Startschuss. Den Erstflug absolvierte der Riesenvogel im April
2005, der kommerzielle Einsatz startete zwei Jahre später. Bislang wurden
234 von 313 bestellten Maschinen zum Stückpreis von rund 445 Millionen
US-Dollar ausgeliefert.
Doch damit soll in Kürze Schluss sein. Der Riesenflieger ist zu groß, zu
teuer im Unterhalt und schlecht auszulasten. Deshalb hatte der größte
A380-Kunde, die arabische Fluggesellschaft Emirates, Ende vorigen Jahres
angekündigt, ihre Bestellung um 39 Maschinen zusammenzustreichen. Nun
werden bis 2021 nur noch 17 Maschinen ausgeliefert, davon 14 an Emirates,
die dann mit insgesamt 123 Exemplaren mehr als ein Drittel der produzierten
Maschinen gekauft oder bestellt hat.
## Künstliche Halbinsel in der Elbe
Für die Fertigung des Großraumfliegers musste die Flugzeugwerft in
Finkenwerder erweitert werden. 165 Hektar der angrenzenden Elbe-Bucht
Mühlenberger Loch, dem nach mehreren deutschen und EU-Richtlinien
geschützten größten europäischen Süßwasserwatts, wurden dafür zwischen 2…
und 2004 eingedeicht und aufgeschüttet.
Offiziell heißt die Fläche, auf der die neuen Werkshallen stehen, seitdem
Mühlenberger Sand. Zudem wurde die Werkspiste für den Riesenjet in zwei
Schritten um 589 auf 3.273 Meter verlängert. Dafür wurden Teile des
angrenzenden Obstbauerndorfes Neuenfelde im Alten Land planiert.
Für Manfred Braasch, Chef des Hamburger Umweltverbandes BUND, ist das alles
das Ergebnis von „Größenwahn“. Der Airbus-Konzern hatte seinerzeit 92
Flugzeuge pro Jahr versprochen, tatsächlich werden es nur gut 300 binnen 15
Jahren werden. „Dafür wurden das wertvolle Mühlenberger Loch zugeschüttet,
Gesetze gebeugt und ein ganzes Dorf gespalten“, so Braasch.
Aber durch die Einstellung der Fertigung des A380 könnte nun die
juristische Rechtfertigung für die Planfeststellungen entfallen, so
Braasch: „Das werden wir jetzt eingehend prüfen.“ Zudem ist vor dem
Verwaltungsgericht noch immer ein Verfahren zur Rechtsmäßigkeit der
Pistenverlängerung anhängig: Rechtskräftig ist deren Bau noch nicht.
## Ökologischer Ausgleich unvollständig
Und noch immer fehlt der vollständige ökologische Ausgleich für die
Vernichtung des Mühlenberger Lochs. Die Umgestaltung der Breitenburger
Niederung im Südwesten Schleswig-Holsteins und ihre Aufwertung zu einem
Europäischen Vogelschutzgebiet werden vermutlich, so das Kieler
Umweltministerium, erst im Laufe dieses Jahres abgeschlossen.
„Der Ausgleich ist noch immer nicht da“, sagt Braasch, „aber der Grund
dafür schon bald wieder weg.“ Alles in allem sei das Industrieprojekt A380
für Hamburg und Norddeutschland „ein Fiasko“.
14 Feb 2019
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburg
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Umwelt
Naturschutz
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Bauprojekt
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