Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bremen ist von Geflüchteten überrascht: Container machen Schule
> Laut Bildungssenatorin rollt eine „Zuwanderungswelle“ auf die Schulen zu.
> Schon im Sommer müssen 600 Schüler mehr als bisher in einen Container.
Bild: Besser als gar keine Schule: Container der Schule Hamerweg
Bremen taz | Der 19. Dezember 2017 muss für Bildungssenatorin Claudia
Bogedan (SPD) ein Schock gewesen sein. Da wurde im Senat nämlich offiziell
die Bevölkerungsprognose zur Kenntnis gegeben – und zwar „kleinräumig“.
Daran konnte ihr Ressort ablesen, dass die vielen Flüchtlinge, die Bremen
zwei Jahre zuvor aufgenommen hatte, Kinder haben und dass diese Kinder ein
Anrecht darauf haben, in die Schule zu gehen.
Für das laufende Schuljahr hatte man sich noch weitgehend mit der Umnutzung
von Fach- und Projekträumen behelfen können, aber im Sommer 2018 geht das
nicht mehr. Allein in den Grundschulen wird es dann 232 Schulkinder mehr
geben, bis zum Jahre 2024 sogar 2.800 mehr. Und dann wollen diese
Schulkinder in weiterführende Schulen wechseln – im Sommer wird es gut 400
SchülerInnen mehr geben, bis 2025 etwa 2.450. Die Bildungsbehörde spricht
von einer „Flüchtlingswelle“.
Das konnte der Senat weiß Gott am 6. Dezember nicht ahnen, als die
Haushaltsgesetze beschlossen wurden. So wird Bogedan in der heutigen
Senatssitzung für den Sommer erst einmal „weitere kurzfristige Maßnahmen“
vorschlagen, „um die Schulpflicht abzusichern“.
## Bremen setzt auf Container
Mittel- und langfristig steigt der Bedarf natürlich weiter, weil es ja
nicht nur um die zusätzlichen SchülerInnen geht, sondern auch um die
weitere Einrichtung von Ganztagsschulen und um die Inklusion. Ziel ist es,
so steht es in der Beschlussvorlage für den Senat, weit vorauszudenken bis
zum Jahre 2030. Woher die pädagogischen Kräfte für mehr als 200 zusätzliche
Klassen kommen sollen, steht erst einmal nicht im Vordergrund.
Die Antwort, die die Senatorin dem Senat vorschlägt, lässt sich in einem
Wort zusammenfassen: Container. Da trifft es sich gut, dass Sozialsenatorin
Anja Stahmann (Grüne) viel zu viele Container gekauft hat, als sie die
Flüchtlinge unterbringen musste – die können jetzt umgebaut werden für die
Schulen.
So soll es in Gröpelingen einen neuen Grundschulstandort Humannstraße
geben, der fast ausschließlich aus Containern besteht. Der Mobilbau-Turm
dort soll Jahr für Jahr wachsen – erst für 2022 kann die Grundschule auf
einen Neubau hoffen. Auch die Oberschule Ohlenhof ist weitgehend in
Containern untergebracht – der Neubau soll erst in gut einem Jahr beginnen.
Allein im laufenden Haushaltsjahr Jahr 2018 plant die Schulbehörde
investive Kosten in Höhe von zehn Millionen Euro, die nicht im Haushalt
stehen. Da aber EU-Mittel zurückfließen, so Bogedan, wäre Geld genug da. 20
Prozent der Summe sollen nach Bremerhaven gehen, wo es dieselben Probleme
gibt.
## Zur Pädagogik gehört der Raum
Ausgerechnet gestern haben die Fraktionen von SPD und Grünen ein Gesetz zur
Beschleunigung von Schulbauten beraten. Das Problem ist allerdings, dass
die Container erst einmal bezahlt werden müssen – die Kosten für einen
Neubau kommen dann zusätzlich oben drauf.
„Eine Klasse im Container ist nur besser als gar keine“, sagt der
CDU-Politiker Thomas vom Bruch. Für Notfälle und einen „begrenzten
Zeitraum“ hat die CDU Verständnis für Container-Lösungen – aber das sei
derzeit ja kein Notfall, sondern ein Planungsversagen.
Selbst wenn einzelne Container manchmal von innen besser aussehen als
heruntergekommene Schulräume – die schlechte Gesamtwirkung der Schule könne
das nicht kompensieren. Zu einer gelingenden Pädagogik gehöre eben auch der
Raum – „nur wer Schulen mit der Phantasie eines Schuhkartons plant, kann
behaupten, das spiele keine Rolle“.
6 Feb 2018
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Schule
Container
Bremen
Unterricht
Geflüchtete
Bildung in Bremen
Willkommensklasse
Flüchtlinge
Integration
Grundschule
Schulstart
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bremer Bildungspolitik: Eine Frage des Geldes
Zehn Jahre Schulfrieden haben in Bremen vor allem gezeigt, dass Bildung
mehr Mittel braucht. Im Wahlkampf wird die entscheidende Frage nun sein:
Inklusion oder Selektion?
Umstrittenes Projekt für Geflüchtete: Alleine in der Schule
In einer ehemaligen Schöneberger Schule werden fast ausschließlich
jugendliche Geflüchtete unterrichtet. Was bringt das?
Junge Geflüchtete unter Zugzwang: Ohne Ausbildung droht Abschiebung
Das Problem: Das Schulsystem hat sich bei weitem noch nicht auf die
Flüchtlinge eingestellt und kommt mit unterschiedlichen Bildungsniveaus
nicht zurecht.
Studie zu Integration: Sehnsucht nach Schule
Eine Studie zur Integration von Geflüchteten ins deutsche Schulsystem zeigt
erhebliche Mängel auf. Die GEW fordert zur Verbesserung mehr Personal und
Mittel.
Fehlende Schulgebäude: Container machen Schule
An fünf Grundschulen muss Bremen wegen Platzmangels Mobilbauten aufstellen,
insbesondere in Gröpelingen. Wer nicht seine Wunschschule bekommt, wird
zugelost.
Unterrichtsbeginn in Berlin: Schulen noch im Ferienmodus
Am Montag steckten viele Schulen noch in Reparaturarbeiten fest. Das
verschärft vielerorts das Platzproblem durch die gestiegenen Schülerzahlen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.