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# taz.de -- Kommentar Abgastest an Menschen: Die Straße ist dreckiger als das …
> Deutsche Firmen haben Tiere und Menschen benutzt, um Autos sauberzulügen.
> Doch der größere Versuch an Menschen findet auf der Straße statt.
Bild: Laufender Feldversuch
Ohne Frage sind die Versuche an Tieren und Menschen, mit denen die deutsche
Autoindustrie die Harmlosigkeit von Dieselabgasen beweisen wollte,
unverantwortlich und widerlich. Anders als bei manchen medizinischen
Fragen, wo der potenzielle Nutzen solcher Experimente den Schaden
überwiegen kann, ging es VW, BMW und Daimler nie darum, die Wahrheit
herauszufinden. Es ging vielmehr darum, Werbung für ihre Dieselfahrzeuge zu
machen, die beim Abgastest und beim Tierversuch sauber waren, auf der
Straße aber dreckig blieben.
Gleichzeitig verwundert die riesige Aufregung über die Versuche an zehn
Affen und 25 Menschen aber etwas. Denn auch wenn diese Experimente
skandalös sind – der größere Skandal ist jener Versuch, den die
Autoindustrie seit Jahren mit einem großen Teil der Bevölkerung unternimmt.
Während im Labortest nur für wenige Stunden gereinigte Abgase inhaliert
werden mussten, atmen die Menschen an den Ausfallstraßen nämlich seit
Jahren an vielen Tagen Mengen an Stickoxiden ein, die weit oberhalb der
EU-Grenzwerte liegen.
Und anders als im Labortest gibt es bei diesem „Versuch“ klare Ergebnisse:
Dass die Dieselfahrzeuge die Stickoxid-Grenzwerte nicht einhalten, führt
nach Berechnungen von Wissenschaftlern in der Europäischen Union jährlich
zu mehr als 11.000 vorzeitigen Todesfällen.
## Letzte Hoffnung: Bundesverwaltungsgericht
Doch anders als der Laborversuch, den die Politik jetzt verdammt und für
den sich die Konzerne entschuldigen, wird der Großversuch auf der Straße
weiter hingenommen. Die Autoindustrie weigert sich weiterhin beharrlich,
ihre Fahrzeuge so nachzurüsten, dass sie die Grenzwerte auch auf der Straße
einhalten – obwohl das möglich wäre. Und die Politik lässt den Konzernen
das nicht nur durchgehen. Sie wehrt sich sogar mit allen rechtlichen
Mitteln gegen die einzige Maßnahme, die wirklich gegen die giftige Luft
hilft: lokale Fahrverbote für alle Diesel, die im realen Betrieb mehr
ausstoßen als erlaubt.
Dass sich das unter einer neuen Großen Koalition schlagartig ändert, ist
leider nicht zu erwarten; hier ruht die Hoffnung eher auf dem
Bundesverwaltungsgericht, das im Februar als letzte Instanz über
Fahrverbote urteilen wird.
Politisch wäre hingegen schon viel gewonnen, wenn der Skandal zu etwas mehr
Skepsis gegenüber den Konzernen und den von ihnen finanzierten
WissenschaftlerInnen führt, die kürzlich noch im
Abgas-Untersuchungsausschuss als Entlastungszeugen zu Wort kamen.
Getrickst und gelogen wird beim Thema Diesel auf vielen Ebenen – nicht nur
bei sinnlosen Tierversuchen.
29 Jan 2018
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Verkehr
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BMW
Diesel
Dieselskandal
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Dieselskandal
Dieselskandal
Stickstoffdioxid
Bernd Althusmann
Dieselskandal
Schwerpunkt Radfahren in Berlin
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