| # taz.de -- Studie der Deutschen Umwelthilfe: Diesel stinken auch nach Update | |
| > Die Bundesumweltministerin hält eine Hardware-Nachrüstung in der Debatte. | |
| > Doch die Autoindustrie wehrt sich. | |
| Bild: Filtert laut Deutscher Umwelthilfe alle Probleme raus: der SCR-Katalysator | |
| Berlin taz | Für Bundesumweltministerin Svenja Schulze bleiben technische | |
| Nachrüstungen von Dieselfahrzeugen aktuell. „Wer in den am stärksten | |
| belasteten Städten wirklich Fahrverbote vermeiden will, darf sich der | |
| Debatte über Nachrüstungen nicht verweigern“, sagte Bundesumweltministerin | |
| Svenja Schulze (SPD) der Passauer Neuen Presse (PNP) am Freitag. | |
| Sie widersprach damit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der die | |
| Einhaltung der Grenzwerte ohne Hardware-Nachrüstungen erreichen will. | |
| Gegenüber der PNP sagte er: „Berichte über einen Dieselfonds für | |
| Hardwarenachrüstungen haben für Irritationen gesorgt, aber ich versichere | |
| Ihnen: Da ist nichts dran.“ | |
| Das Verkehrsministerium habe rechtliche und technische Vorbehalte gegen den | |
| nachträglichen Einbau von Abgasreinigungssysteme in ältere Fahrzeuge. Auch | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel steht Hardware-Nachrüstungen skeptisch | |
| gegenüber. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis müsse stimmen, und eine | |
| Hardware-Nachrüstung sei relativ kostenintensiv. Allerdings sieht sie die | |
| Autobauer als Verantwortliche für den Dieselskandal: „Dafür kann weder der | |
| Kunde geradestehen noch der Steuerzahler, sondern das muss so weit wie | |
| möglich von der Automobilindustrie wieder in Ordnung gebracht werden“. | |
| Unterdessen sind die Schadstoffemissionen von Diesel-Pkw verschiedener | |
| Hersteller nach wie vor zu groß – teilweise sogar mehr als zehnmal so hoch | |
| wie erlaubt. Das ist das Ergebnis einer [1][Abgasuntersuchung der Deutschen | |
| Umwelthilfe] aus dem vergangenen Winter. Da die Abgasreinigung der | |
| Dieselfahrzeuge bei niedrigen Temperaturen weniger Schadstoffe filtere, | |
| nützten auch Software-Updates nichts. Deshalb fordern die Umweltschützer | |
| nun Hardware-Nachrüstungen. | |
| ## Wenn es kalt wird, stinkt es | |
| Insgesamt 15 Dieselfahrzeuge der Marken Audi, BMW, Kia, Mercedes, Opel, | |
| Peugeot, VW und Porsche wurden getestet. Kritisch seien dabei vor allem | |
| sogenannte Thermofenster, so der DUH-Sachverständige Axel Friedrich. Die | |
| Abgasminderung hängt nämlich von der Temperatur ab, je nach Hersteller | |
| schalten sich die Filter zwischen zehn und 19 Grad einfach ab. So käme es, | |
| dass alle 15 getesteten Fahrzeuge bei niedrigen Temperaturen die | |
| Schadstoffgrenzwerte teils deutlich überschritten. | |
| Der VW Sharan beispielsweise stößt mit Softwareupdate bei zwölf bis 19 Grad | |
| Außentemperatur wenig mehr als die erlaubten 180 Milligramm Stickoxid pro | |
| Kilometer aus. Bei ein bis zwei Grad Außentemperatur steigt der Ausstoß | |
| aber auf 500 Milligramm. Diese Praxis sei laut EU-Verordnung illegal, werde | |
| aber vom Kraftfahrtbundesamt geduldet, so DUH- Geschäftsführer Jürgen | |
| Resch. | |
| Sandra Courant, Sprecherin des Verbands der Automobilindustrie, | |
| rechtfertigt die bemängelte Thermofenster-Technik; sie diene bei älteren | |
| Modellen dem Motorschutz. Bei neueren Modellen ab September 2017 würden | |
| keine Thermofenster mehr verwendet. Auch seien die Abgastests allgemein | |
| realistischer gestaltet worden, sodass die Lücke zwischen Labor- und | |
| Straßenuntersuchung geschlossen worden sei. | |
| Die DUH hingegen fordert Hardwarenachrüstungen als das Mittel der Wahl. Die | |
| Umrüstung koste die Autobauer im schlimmsten Fall 15 Milliarden Euro, was | |
| aber angesichts von Rekordgewinnen zu verkraften sei. Zudem würde sie keine | |
| Arbeitsplätze bedrohen, sondern ganz im Gegenteil sichern, zum Beispiel im | |
| Umweltbereich. Dennoch täte sich nichts. | |
| ## DUH hält Umrüstungen für machbar | |
| Auch technologisch seien die Umrüstungen machbar und bei der Hälfte der | |
| Hersteller bereits verfügbar, auch die Teile lägen bereit, erklärte | |
| Friedrich. VW habe den Sharan früher ab Werk mit verbesserter Hardware | |
| angeboten, sodass er die Grenzwerte eingehalten habe. | |
| Dem widersprach der Verband der Automobilindustrie. Ein Nachrüstung würde | |
| viel Zeit in Anspruch nehmen, das ganze dauere mit Entwicklung, Tests und | |
| Genehmigungen zwei bis drei Jahre. Die Aussage der DUH, dass für die Hälfte | |
| der Modelle bereits die Technik vorliege, konnte Courant ebenfalls nicht | |
| vollziehen. Ein weiterer Nachteil der Nachrüstung sei ein erhöhter | |
| Verbrauch und damit wiederum ein höherer Schadstoffausstoß. | |
| Ähnlich äußerte sich VW-Sprecher Nicolai Laude bezüglich Nachrüstungen bei | |
| Volkswagen. Technische Lösungen müssten an dutzende verschiedenen Modelle | |
| angepasst werden, seien ein tiefgreifender Eingriff in die | |
| Fahrzeugarchitektur und lägen zum Großteil noch nicht vor. Auch die | |
| Qualitätssicherung müsse gegeben sein. | |
| 13 Apr 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.duh.de/projekte/eki-kontrollen/eki-ergebnisse/ | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Bollmeier | |
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