# taz.de -- Berliner Wochenkommentar I: Hilfe nur bei Wohlverhalten | |
> Laut dem Bezirk Mitte gehen manche Geflüchtete „freiwillig“ in die | |
> Obdachlosigkeit. Der Flüchtlingsrat nennt das einen Skandal. | |
Bild: Ein Obdachloser schläft im Vorraum einer Bank in Berlin-Kreuzberg | |
Wer, zum Teufel, denkt sich so einen Begriff aus: „freiwillige | |
Obdachlosigkeit“? Der Bezirk Mitte verweigert Geflüchteten die | |
Unterbringung, wenn sie – zum Beispiel wegen Rauchens – Hausverbot in ihrem | |
Flüchtlingsheim bekommen und dann den Bezirk um Hilfe bitten. Das Argument: | |
Sie hätten ja um die Regeln gewusst, sich also mit dem Verstoß „freiwillig�… | |
in die Situation der Obdachlosigkeit gebracht. Wer so denkt, muss entweder | |
ein Zyniker, ein gewissenloser Geizhals oder ein Rassist sein – oder alles | |
zusammen. Völlig zu Recht nannte der Flüchtlingsrat diese Praxis vor ein | |
paar Tagen einen Skandal. | |
Was daran rassistisch, zynisch und geizig ist? Nun, die Denkungsart des | |
Bezirks, die leider auch einige LeserInnen auf taz.de in Kommentaren zum | |
Ausdruck gebracht haben, geht ja so: Erstens sind die Regeln, die wir | |
aufstellen (Rauch- und Kochverbot im Zimmer), immer unbedingt zu befolgen. | |
Hausregeln sind für uns das absolut Wichtigste, merkt euch das! Dass ihr | |
den Sinn dieser Regeln vielleicht nicht einseht, vielleicht unter ihnen | |
leidet, ist uns egal. Wenn ihr dagegen verstoßt, fragen wir euch nicht, | |
warum, sondern nehmen das als sicheres Zeichen, dass ihr euch nicht | |
anpassen wollt, sondern renitente Integrationsverweigerer seid. | |
Zweitens: Ihr kommt hierher, in unser Land, unsere Stadt, und bittet uns um | |
Hilfe. Dass das euer gutes Recht ist, auch nach unseren deutschen Gesetzen, | |
schert uns einen feuchten Dreck. Darum geben wir euch auch nicht, was euch | |
rechtmäßig zusteht – eine menschenwürdige Unterkunft –, sondern lassen e… | |
monate- oder gleich jahrelang in Massenunterkünften verschimmeln. Ist auch | |
besser so, damit nicht noch mehr von euch kommen. | |
Drittens: Wenn ihr euch dann beschwert oder durchdreht oder gar | |
frecherweise mithilfe von Anwälten eure Rechte einfordert, stellen wir uns | |
stur. Hilfe gibt’s nur bei Wohlverhalten. Also: Klappe halten! | |
27 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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