# taz.de -- Kommentar Katalonien: Das Recht, zu kandidieren | |
> Der Ex-Chef der katalanischen Autonomieregierung, Carles Puigdemont, will | |
> wieder ins Amt. Spaniens Regierung hält jedoch an der Strafverfolgung | |
> fest. | |
Bild: „Libertat!“ – Demo für die Freilassung der inhaftierten katalanisc… | |
Der abgesetzte Chef der katalanischen Autonomieregierung Carles Puigdemont | |
[1][will erneut ins Amt]. Seine Antrittsrede vor dem Parlament will er | |
entweder per Videokonferenz halten oder von einem Parlamentskollegen | |
verlesen lassen. Ungewöhnlich? Ja. Am Rande der Strapazierfähigkeit der | |
Geschäftsordnung des Autonomieparlaments? Ganz sicher. Gar unrechtmäßig? | |
Kann sein. | |
Doch all das ist nicht die Frage, auch wenn Madrid, die katalanische | |
Opposition und die spanischen Medien dies in den Mittelpunkt der Debatte | |
stellen. Die Frage muss vielmehr lauten: Warum greifen Puigdemont und die | |
Verfechter der Unabhängigkeit Kataloniens zu diesen ungewöhnlichen Mitteln? | |
Die Antwort: Spaniens Justiz verfolgt Politiker. Gegen alle ehemaligen | |
Minister und Mitglieder der Präsidiums der katalanischen Volksvertretung | |
wird wegen „Rebellion“, „Aufstand“ und „Veruntreuung öffentlicher Ge… | |
ermittelt. Vier sitzen seit über zwei Monaten in Untersuchungshaft, unter | |
ihnen Vizeregierungschef Oriol Junqueras, und fünf sind im Exil, unter | |
ihnen Puigdemont. 55 Jahre Haft stehen insgesamt auf die drei Delikte. | |
Puigdemont droht bei Rückkehr die sofortige Verhaftung. | |
Die Anschuldigungen sind so überzogen, dass sie für die | |
Auslieferungsanträge an Belgien nicht haltbar waren. Für Rebellion und | |
Aufstand ist – so sollte man meinen – Gewalt notwendig, Barrikaden, | |
Brandsätze. Doch auf den Bildern der vergangenen Monate waren Menschen | |
zusehen, die friedlich demonstrierten. Keine Vermummten waren da am Werk, | |
sondern ganzen Familien. Nur einmal kam es zu unkontrollierter Gewalt: Am | |
1. Oktober, dem Tag des Unabhängigkeitsreferendums. Die Polizei schlug | |
brutal zu und hinterließ rund 900 Verletzte. Der Widerstand blieb aber | |
gewaltfrei. | |
Die Regierung in Madrid unter Mariano Rajoy, die Katalonien unter | |
Zwangsverwaltung stellte und Neuwahlen ausrief, sowie die rechtsliberalen | |
Ciudadanos und die Sozialisten, die diese Maßnahmen unterstützten, sind | |
schlechte Verlierer. Die Befürworter der Unabhängigkeit haben die Wahlen | |
gewonnen und damit erneut die absolute Mehrheit im Autonomieparlament. | |
Politiker wegen „Wiederholungsgefahr“ für inexistente Delikte in U-Haft zu | |
halten oder ihnen im Falle der Rückkehr mit Verhaftung zu drohen, ist ein | |
politisches Manöver, um das Ergebnis demokratischer Wahlen auszuhebeln. | |
Was hier geschieht verdient nur einen Namen: politische Verfolgung. | |
Puigdemont hat, wie auch die anderen Exilierten und Inhaftierten, das | |
verfassungsmäßige Recht, Parlamentarier zu sein und sich für Ämter zu | |
bewerben, solange er nicht verurteilt ist. Madrid muss diese Rechte | |
gewähren. | |
11 Jan 2018 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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