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# taz.de -- Rüstungsdeal mit der Türkei: Deutsche Panzer rollen nach Syrien
> Die Türkei nutzt für ihre Offensive gegen syrische Kurden auch deutsches
> Kriegsgerät. Und derzeit laufen weitere Aufrüstungsgespräche.
Bild: Mit deutschen Waffen: türkischer Panzer an der Grenze zu Syrien
Berlin taz | Das türkische Fernsehen sendete am Samstagabend live von der
Grenze nach Syrien. Über YouTube-Streams konnten Zuschauer auf der ganzen
Welt beobachten, wie Sattelschlepper der türkischen Armee vor dem
Grenzübergang Öncüpinar vorfuhren. Geladen hatten sie Waffen für die
Offensive gegen kurdische Milizen im syrischen Afrin, darunter Kampfpanzer
mit gezackter Seitenschürze und flachem Turm – für Experten leicht zu
erkennen als Leopard-2-Panzer aus deutscher Produktion. Am Sonntag und
Montag verbreiteten türkische Nachrichtenagenturen weitere Aufnahmen aus
dem Grenzgebiet. Auch hier zu sehen: türkische Leopard-Panzer auf dem Weg
in Richtung Syrien.
Für die Bundesregierung sind diese Bilder ein Problem. Nicht nur, dass die
Panzer aus alten Beständen der Bundeswehr stammen (zwischen 1990 und 2013
bekamen die Türken insgesamt 751 der Fahrzeuge aus der Bundesrepublik
geliefert). Sie sind auch Gegenstand aktueller Aufrüstungsgespräche
zwischen Berlin, Ankara und dem Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern.
Vor zwei Wochen empfing Außenminister Sigmar Gabriel seinen türkischen
Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu zu Hause in Goslar. Dabei sprachen die beiden
auch über ein schon länger geplantes Rüstungsgeschäft: Die türkische
Regierung möchte zunächst 40 ihrer Leopard 2 mit neuer Technik von
Rheinmetall ausstatten, die die Panzer besser gegen feindliche Angriffe
schützen würden. Wegen der schwierigen deutsch-türkischen Beziehungen
verweigerte die Bundesregierung zunächst monatelang die notwendige
Genehmigung für das Geschäft. In Goslar, direkt nach seinem Gespräch mit
Çavuşoğlu, kündigte Gabriel aber die Kehrtwende an.
Ungewöhnlich offen plauderte der Außenminister vor laufenden Kameras über
die Genehmigungsentscheidung: Im Kampf gegen den IS seien türkische
Panzerbesatzungen durch feindliche Minen getötet worden. Deutsche Technik
könne gegen solche Angriffe schützen. „Wollen wir dies aus grundsätzlichen
Gründen nicht liefern?“, fragte Gabriel in die Runde. „Oder sollen wir die
liefern, ist das auch eine moralische Verpflichtung?“
## Wundersame Argumentation des Außenministers
Experten wunderten sich schon da über die Argumentation des Außenministers:
Der IS ist mittlerweile weit ins Landesinnere zurückgeschlagen und liegt
vorerst außerhalb der Reichweite türkischer Bodentruppen. Viel
wahrscheinlicher schien es deshalb, dass die türkische Regierung ihre
Panzer schon bald im Grenzgebiet gegen die Kurden einsetzt.
Nur zwei Wochen später ist es tatsächlich so weit. Seit Samstag versucht
die Türkei, im Norden Syriens die kurdischen YPG-Milizen zurückzudrängen,
die zwar an der Seite der USA gegen den IS kämpften, aber wegen ihrer engen
Verbindungen zur PKK für Ankara ein Feindbild sind. Völkerrechtlich ist die
türkische Offensive problematisch, die Beendigung des ohnehin komplizierten
Kriegs in Syrien könnte sie weiter erschweren.
Ob Sigmar Gabriel die Nachrüstung der türkischen Panzer trotzdem noch für
eine „moralische Pflicht“ hält? Eine Sprecherin des Außenministers
reagierte am Montag kurz angebunden auf Nachfragen. „Unser bisheriges
Lagebild gibt es nicht her, dass wir den Einsatz bestätigen können“, sagte
sie in Bezug auf die Leopard-Panzer. Eigene Erkenntnisse dazu lägen dem
Ministerium nicht vor. Den türkischen Militäreinsatz kritisierte die
Bundesregierung nur vorsichtig: Man verstehe Ankaras Sicherheitsinteressen,
aber weitere Gewalt verbessere die Situation der Menschen in Syrien nicht.
Der Opposition im Bundestag ist das zu wenig. „Mit ihrer Drei-Affen-Politik
– nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – liefert die Bundesregierung
die Kurden in Nordsyrien an Erdoğans Messer“, sagte die Linken-Abgeordnete
Sevim Dagdelen der taz. Sie fordert den Abzug deutscher Soldaten aus den
Awacs-Aufklärungsflugzeugen, die die Nato für den Kampf gegen den IS
einsetzt und die nach Ansicht Dagdelens möglicherweise auch „Zieldaten für
Erdoğans Anti-Kurden-Krieg“ lieferten. Außerdem fordert die
Linken-Politikerin den Stopp aller Waffendeals mit der Türkei – „darunter
die geplante Aufrüstung von Leopard-2-Panzern durch Rheinmetall“.
22 Jan 2018
## AUTOREN
Tobias Schulze
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