| # taz.de -- Intervention gegen Kurden: Türkei marschiert in Syrien ein | |
| > Die von Ankara lange angekündigte Militärintervention in Afrin hat | |
| > begonnen. In der Türkei wird der Schritt zu Zerwürfnissen führen. | |
| Bild: Türkische Soldaten an der Grenze zur Türkei | |
| Athen taz | Obwohl im türkischen Fernsehen pausenlos über den Einmarsch in | |
| den syrisch-kurdischen Kanton Afrin berichtet wird, ist über die konkrete | |
| Situation vor Ort wenig zu erfahren. Während die Militärspitze von einem | |
| Vormarsch wie geplant spricht, behauptet ein Sprecher der kurdischen | |
| YPG-Milizen, Mustafa Bali, der Einmarsch sei bereits unmittelbar an der | |
| Grenze abgewehrt worden. Bei Luftangriffen sollen bis Sonntagmittag zehn | |
| Menschen getötet worden sein. | |
| Die von der türkischen Regierung „Operation Olivenzweig“ getaufte | |
| Intervention in Afrin ist aus verschiedenen Gründen ein hoch riskantes | |
| Unternehmen. Die Provinz ist zwar von den anderen kurdischen Gebieten | |
| weiter östlich isoliert. Aber es handelt sich um ein historisches | |
| kurdisches Siedlungsgebiet, in dem die YPG stark verankert sind. | |
| Hinzu kommt ein schwieriges militärisches und politisches Umfeld. Russland | |
| hatte in Afrin Militärposten stationiert, weshalb der gesamte Einmarsch | |
| davon abhing, dass Wladimir Putin seine Zustimmung gab. Letzte Details | |
| wurden noch am Freitag geklärt, als der türkische Generalstabschef Hulusi | |
| Akar und Geheimdienstchef Hakan Fidan in Moskau fieberhaft über Details | |
| einer Übereinkunft zwischen Russland und der Türkei verhandelten. | |
| Danach gab Moskau bekannt, dass seine Militärposten aus | |
| „Sicherheitsgründen“ etwas nach Süden zurückgezogen worden seien. Trotzd… | |
| muss die türkische Armee immer berücksichtigen, nicht versehentlich | |
| russisches Militär zu treffen. Dann hatte ein Sprecher des syrischen | |
| Assad-Regimes angekündigt, man werde jedes türkische Flugzeug in syrischem | |
| Luftraum abschießen, wovon nach der türkisch-russischen Übereinkunft jedoch | |
| keine Rede mehr war. | |
| ## Türkei öffnet Wege für Flüchtlinge | |
| Stattdessen kündigte die syrische Armee an, alle Straßen, die nach Süden | |
| aus Afrin herausführen, zu sperren, sodass Flüchtlinge keine Chance haben, | |
| sich in diese Richtung zu retten. Notgedrungen hat die Türkei nun einige | |
| Rettungswege für Flüchtlinge geöffnet. | |
| Premierminister Binali Yıldırım versicherte während einer Pressekonferenz | |
| am Sonntagmittag immer wieder, die Armee werde behutsam vorgehen und keine | |
| Zivilisten gefährden. Doch schon jetzt ist auch wieder die Rede davon, die | |
| YPG würde Zivilisten als Schutzschilde missbrauchen. | |
| Nach Angaben von Präsident Erdoğan ist der Feldzug erst der Anfang einer | |
| langen Wegstrecke, die zum Ziel haben soll, von Afrin im Westen bis zur | |
| irakischen Grenze im Osten einen Sicherheitskorridor zu schaffen, aus dem | |
| die „YPG-Terrorarmee“ vertrieben werden soll. | |
| Das dürfte jedoch nicht nur aus militärischen, sondern auch aus politischen | |
| Gründen schwierig werden. Denn die YPG ist eng mit den USA verbündet. Seit | |
| dem Kampf um die syrisch-kurdische Grenzstadt Kobane im Winter 2014 hat | |
| sich zwischen den USA und den syrischen Kurden ein Bündnis gegen den IS | |
| entwickelt, in dem die Kurden die Bodentruppen und die USA die Luftwaffe | |
| stellen. | |
| ## Zwist zwischen der Türkei und den USA | |
| Erst vor wenigen Tagen hatte das US-Verteidigungsministerium angekündigt, | |
| obwohl der IS in Syrien weitgehend besiegt sei, weiterhin an dem Bündnis | |
| festzuhalten und die Kurden mit Waffen und militärischem Training zu | |
| versorgen. Dadurch solle das Gebiet, das die Kurden und ihre Verbündeten | |
| jetzt kontrollieren – rund 25 Prozent des syrischen Staatsgebietes – | |
| langfristig gegen ein Wiedererstarken des IS abgesichert werden. | |
| Für die türkische Regierung ist dies ein Affront. Sie kritisiert seit | |
| Langem, dass die USA in Syrien de facto ein Bündnis mit der | |
| Terrororganisation PKK eingingen, da die YPG nichts anderes als eine | |
| Gründung der PKK sei und nach wie vor viele türkisch-kurdische PKK Kämpfer | |
| innerhalb der YPG eine wichtige Rolle spielten. | |
| In Ankara und Moskau wird allerdings vermutet, dass die USA mit | |
| Unterstützung der YPG langfristig selbst eigene Militärstützpunkte aufbauen | |
| wollen und deshalb die Einwände des Nato-Partners Türkei schlicht | |
| ignorieren. Die Entscheidung der USA, längerfristig in Syrien bleiben zu | |
| wollen, hat wohl auch Putin dazu bewogen, dem türkischen Militäreinsatz | |
| zuzustimmen. | |
| Zwar ist in Afrin, dem westlichsten kurdischen Zipfel in Syrien, kein | |
| US-Militär stationiert. Aber schon am nächsten von Erdoğan anvisierten | |
| Ziel, der Stadt Manbidsch, ein Brückenkopf der Kurdenmiliz westlich des | |
| Euphrats, würden türkische Truppen auch auf US-Militärs treffen. Auch wegen | |
| Manbidsch gibt es schon lange Auseinandersetzungen zwischen den USA und der | |
| Türkei. | |
| Angeblich hatten die USA schon vor drei Jahren versprochen, dafür zu | |
| sorgen, dass die YPG sich aus Manbidsch wieder ans östliche Euphratufer | |
| zurückzieht. Das ist aber bislang nicht passiert. Eine erste militärische | |
| Konfrontation dort nach der türkischen Euphrat- Schild-Operation im Sommer | |
| 2016 verhinderten noch die Russen, indem sie eigene Truppen zwischen die | |
| türkische Armee und die Kurden stellten. | |
| Schon an Tag eins des Einmarsches zeigte sich, dass es in der Türkei zu | |
| schweren Zerwürfnissen führen wird. Erdoğan warnte in einer scharfen Rede | |
| die Kurden in der Türkei, „der Nation jetzt nicht in den Rücken zu fallen�… | |
| Vor allem der kurdisch-linken HDP, die dazu aufrief, öffentlich gegen den | |
| Einmarsch zu protestieren, drohte er mit massiver staatlicher Verfolgung. | |
| „Wenn ihr euch auf unseren Plätzen blicken lasst, werden unsere | |
| Sicherheitskräfte euch stellen und ausschalten. Ihr werdet auf Schritt und | |
| Tritt verfolgt.“ Die PKK hat bereits angekündigt, die YPG in Syrien durch | |
| Anschläge in türkischen Städten zu unterstützen. | |
| 21 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Wolf Wittenfeld | |
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