# taz.de -- Kommentar zu Berliner Senat & S-Bahn: Dann lieber in die BVG invest… | |
> Das Land soll S-Bahn-Züge kaufen, fordert Ex-Wirtschaftssenator Wolf. | |
> Doch das Risiko dafür ist groß – und es gibt gute Alternativen, das Geld | |
> auszugeben. | |
Bild: Ganz selten: gleich zwei S-Bahnen auf einmal | |
Das Wort S-Bahn-Chaos ist längst ins politische Vokabular dieser Stadt | |
eingegangen. Jahrelang scheiterte die auf Rendite getrimmte | |
Deutsche-Bahn-Tochter daran, ein regelmäßiges Angebot auf die Schiene zu | |
bringen. Noch heute spricht man angesichts regelmäßiger Zugausfälle von den | |
vier Todfeinden der S-Bahn: Frühling, Sommer, Herbst, Winter. | |
Ändern könnte sich das, wenn die Bahn endlich Konkurrenz bekäme durch einen | |
anderen Anbieter, der Teile des S-Bahn-Netzes bedient, etwa den Ring. Doch | |
der Einstieg in dieses Netz ist teuer: Berlins S-Bahn hat eine einzigartige | |
Antriebstechnik; die Waggons lassen sich nirgendwo sonst einsetzen. Der | |
Anreiz wäre größer, wenn das Land einen eigenen S-Bahn-Fuhrpark aufbaut, | |
der dann an jene vermietet wird, die die Ausschreibungen des Betriebs | |
gewinnen. Der frühere Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hat diese | |
milliardenschwere Forderung geäußert; Regierungschef Michael Müller (SPD) | |
spricht zumindest davon, dass die „finanziellen Spielräume“ dafür vorhand… | |
wären. | |
Auch der Bedarf ist da: Bis Anfang der 2030er Jahre muss die S-Bahn mehr | |
als die Hälfte ihrer Flotte ersetzen. Die Gelegenheit für das Land, bei der | |
Vergabe der S-Bahn-Strecken Chancengleichheit zu schaffen, ist jetzt also | |
günstig wie nie. Und doch teuer genug: Es geht um mindestens 2 Milliarden | |
Euro. | |
Allzu schnell könnten es noch viel mehr werden. Denn der Bau und vor allem | |
die Zulassung solcher Waggons ist langwierig und kompliziert. Ob die | |
Fahrzeuge tatsächlich wie angenommen innerhalb von sieben Jahren fertig | |
wären, ist völlig offen. | |
Statt dieses schwer zu kalkulierende und sicher auch durch Revanchegelüste | |
nach dem S-Bahn-Chaos getriebene Risiko einzugehen, sollte der Senat lieber | |
bei der landeseigenen BVG den Ausbau von Strecken vorantreiben. Für die | |
Tram liegt bereits ein umfassender Plan vor; und da offenbar genug Geld da | |
ist, muss auch über den Lückenschluss und Ausbau von U-Bahn-Stecken | |
nachgedacht werden. | |
Der Anschluss von Tegel, dem Märkischen Viertel und dem Ostkreuz ans | |
U-Bahn-Netz ist so naheliegend wie effektiv. Und mit Weißensee ist ein | |
ganzer ehemaliger Bezirk fast ausschließlich mit überfüllten Trams und | |
Bussen zu erreichen. Gerade im Norden von Pankow gäbe es jedoch Flächen für | |
den vom Senat geforderten massiven Bau von Wohnungen. Sie zu errichten | |
ergibt aber nur Sinn, wenn diese Viertel auch an einen ausbaufähigen ÖPNV | |
angeschlossen werden können. | |
15 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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