| # taz.de -- Antisemitismusstreit in der Linkspartei: Parteivorstand stellt sich… | |
| > Die Parteivorsitzenden der Linken kritisieren, dass Diether Dehm | |
| > Antisemitismus vorgeworfen wird. Warum eigentlich, fragt sich mancher. | |
| Bild: Diether Dehm Anfang Dezember bei Anti-AfD-Kundgebung in Hannover | |
| Berlin taz | Man könnte es als eine schlichte Formalie sehen: Der | |
| Parteivorstand der Linken stellt sich vor den Bundestagsabgeordneten | |
| Diether Dehm, dem in einem [1][am Mittwoch erschienen Artikel in der | |
| Frankfurter Rundschau] Antisemitismus vorgeworfen wurde. Antisemitismus? | |
| Geht gar nicht. Also schreibt die Pressestelle in Absprache mit den beiden | |
| Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger und dem | |
| kommissarischen Bundesgeschäftsführer Harald Wolf am Tag darauf eine E-Mail | |
| an die Chefredaktion der FR und weist die konkreten Vorwürfe gegen „unser | |
| Parteimitglied Diether Dehm entschieden zurück.“ | |
| „Das hätten wir für jedes Parteimitglied getan“, erklärt der | |
| Parteivorsitzende der Linken Bernd Riexinger gegenüber der taz. Der Artikel | |
| sei eine eindeutige Grenzüberschreitung gewesen. Dehm äußere sich zwar | |
| häufig nicht eindeutig, wenn es um Verbindungen zu rechten Bewegungen gehe. | |
| „Aber ihn in die Nähe von Holocaustleugnern zu rücken, geht gar nicht.“ | |
| Zwei Wochen zuvor hatte sich der Parteivorstand [2][in einem maßgeblich von | |
| Kipping vorangetriebenen Beschluss] mit einem anderen Parteimitglied, dem | |
| Berliner Kultursenator Klaus Lederer, solidarisiert und sich | |
| „unmissverständlich von Aktivitäten von Rechtspopulisten, Nationalisten, | |
| Verschwörungstheoretikern und Antisemiten“ abgegrenzt – auch so eine | |
| schlichte Formalie. Gemeint aber war damit unter anderem Diether Dehm, der | |
| eine Preisverleihung an den umstrittenen Journalisten Ken Jebsen verteidigt | |
| und Einlassungen von Leder als Zensur gebrandmarkt hatte. Der Kultursenator | |
| sah sich daraufhin einem Shitstorm ausgesetzt. | |
| „Grotesk“, so die [3][Reaktion Lederers per Twitter] auf die | |
| Solidaritäts-E-Mail mit Dehm und an die Adresse von Kipping und Riexinger. | |
| „Diese E-Mail relativiert in keiner Weise den Beschluss des Vorstands und | |
| die Kritik an Leuten wie Jebsen“, meint Riexinger zur taz. | |
| ## Solidarität sorgt für Kritik | |
| Doch auch bei anderen GenosssInnen stößt die Solidarisierung mit Dehm auf | |
| Unverständnis: „Das ist indiskutabel und konterkariert den | |
| Vorstandsbeschluss von vor zwei Wochen“, sagte der Rostocker Sozialsenator | |
| Steffen Bockhahn der taz. „Man braucht schon schizophrene Züge, um nicht zu | |
| erkennen, dass das nicht zueinander passt.“ | |
| Auch der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow kann der Solidarisierung | |
| der beiden Parteispitzen nicht ganz folgen. Auf [4][Twitter bemerkte er am | |
| Freitag dazu]: „Ich lese den Satz und die weitere Erläuterung von Dieter | |
| Dehm als Verunklarung von der Wirkung vom Antisemitismus und damit | |
| letztlich auch als Verharmlosung.“ | |
| ## Umstrittene Preisverleihung gab Anstoß | |
| Um die Auseinandersetzung zu verstehen, muss man einige Wochen zurückgehen. | |
| Die Neue Rheinische Zeitung, ein Blog, welches auch | |
| Verschwörungstheoretikern und Antisemiten eine Plattform bietet, will dem | |
| Journalisten Ken Jebsen, der sich ebenfalls den Vorwurf des Antisemitismus | |
| gefallen lassen muss, einen Preis für „engagierte Publizistik“ verleihen. | |
| Ort der Veranstaltung: das mit öffentlichen Mitteln unterstützte Kino | |
| Babylon in Berlin. | |
| Der zuständige Kultursenator Lederer regt sich per Twitter über diesen | |
| „Jahrmarkt der Verschwörungsgläubigen“ auf, sein Staatssekretär ruft das | |
| Kino an, welches die Veranstaltung absagt. Per Gerichtsentscheidung | |
| erzwingen die Veranstalter zwar, dass die Kündigung zurückgenommen wird, | |
| doch sie haben in der Zwischenzeit schon zur Kundgebung „für | |
| Meinungsfreiheit“ aufgerufen, die vor der Haustür der Berliner | |
| Parteizentrale der Linkspartei stattfindet. | |
| ## Hinweise aus dem Umfeld Dehms | |
| Der Artikel „Antisemitismus ist eine deutsche Tradition“ in der Frankfurter | |
| Rundschau erscheint zum Tag der Kundgebung. Der Autor Christian Bommarius | |
| rekuriert auf eine Aussage von Dehm aus dem Jahre 2009: „Antisemitismus ist | |
| Massenmord und muss dem Massenmord vorbehalten bleiben.“ Solange Figuren | |
| wie Dehm bestimmen könnten was Antisemitismus sei, habe dieser keinen | |
| Widerstand zu befürchten, schlussfolgert Bommarius: “‚Israelkritik‘ ist | |
| eine Maskerade der Antisemiten vom Schlage Dehms.“ | |
| In der E-Mail versucht die Parteispitze nun zu erklären, dass Dehm das | |
| alles nicht so gemeint habe. Allerdings ist bei Riexinger und Kipping die | |
| Begeisterung sich vor Dehm zu werfen nicht allzu groß – unterzeichnet ist | |
| die Mail nur vom stellvertretenden Pressesprecher. | |
| Das mag damit zu tun haben, dass Dehm ein enger Vertrauter der | |
| Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht ist. Sie und ihr Ehemann Oskar | |
| Lafontaine haben die beiden Parteivorsitzenden wiederholt scharf | |
| angegriffen. Riexinger räumte gegenüber der taz ein, dass die Hinweise auf | |
| den Artikel in der FR aus dem Umfeld Dehms kamen. Allerdings nicht von | |
| Wagenknecht oder Lafontaine. | |
| 17 Dec 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.fr.de/politik/meinung/leitartikel/querfront-antisemitismus-ist-e… | |
| [2] /Querfront-Debatte-bei-der-Linken/!5463981 | |
| [3] https://twitter.com/klauslederer/status/941768601664618497 | |
| [4] https://twitter.com/bodoramelow/status/941936261304127488 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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