# taz.de -- Vorschlag zur linken Volkspartei: Alle drei zusammen? | |
> Oskar Lafontaine liebäugelt mit einer linken Sammlungsbewegung. Doch | |
> wichtige SPDler und Grüne winken ab. | |
Bild: Foto-Lovestory. Doch Lafontaine sei als Friedensengel eine Fehlbesetzung,… | |
Berlin taz | Führende Politiker von SPD und Grünen halten nichts von Oskar | |
Lafontaines Vorschlag, eine neue linke Volkspartei zu gründen. „Es braucht | |
wirklich keine Parteigründung, sondern eine starke SPD als die linke | |
Volkspartei, die programmatische Orientierung bietet, zukunftsorientiert | |
ist und in der ganz alltäglichen Politik das Leben der Menschen besser | |
macht“, sagte SPD-Bundesvize Ralf Stegner der taz am Montag. | |
Der frühere Linke-Chef Lafontaine [1][hatte zuvor im aktuellen] Spiegel zur | |
Bildung einer linken Volkspartei aufgerufen. „Wir brauchen eine linke | |
Sammlungsbewegung, eine Art linke Volkspartei, in der sich Linke, Teile der | |
Grünen und der SPD zusammentun.“ Das Parteiensystem, so wie es heute | |
bestehe, funktioniere nicht mehr. „Wir brauchen eine Neuordnung.“ So | |
ähnlich hatte sich Lafontaine mit Blick auf die Schwäche linker Parteien in | |
Europa schon einmal im November geäußert. | |
Stegner sagte dazu weiter: „Oskar Lafontaine, der den SPD-Vorsitz im | |
letzten Jahrtausend ohne Erklärung weggeworfen, eine Konkurrenzpartei | |
gegründet und die SPD seither meist bekämpft hat, ist politisch ziemlich | |
retro und als ‚Friedensengel‘ und Ratgeber für die politische Linke in | |
Deutschland eher eine Fehlbesetzung.“ Manche, die einst der SPD den Rücken | |
gekehrt hätten und zur Linkspartei abgewandert seien, seien längst | |
zurückgekehrt, sagte Stegner. | |
Auch Grünen-Chefin Simone Peter lehnte Lafontaines Vorstoß ab. „Für eine | |
linke Sammlungsbewegung braucht es keine Parteineugründung, sondern Mut und | |
das Vertrauen der linken Parteien in die eigenen Ideen und Visionen von | |
Politik und Gesellschaft“, sagte Peter der taz. Diese seien hegemonial und | |
mehrheitsfähig, wenn sie glaubwürdig und überzeugend vertreten würden. | |
Gerechtigkeit, Ökologie und Weltoffenheit gehörten zusammen, betonte Peter. | |
„Dieses Prinzip hat Bernie Sanders in den USA verstanden, bei SPD und | |
Linkspartei mangelt es bisher an Verständnis für diesen Dreiklang.“ | |
## Reizfigur Lafontaine | |
Stegner und Peter gehören jeweils zum linken Flügel ihrer Partei. Dass | |
ausgerechnet Lafontaine sich als Versöhner der Mitte-links-Parteien | |
anbietet, ist nicht ohne Ironie. 1999 war Lafontaine überraschend vom | |
SPD-Vorsitz und seinem Amt als Finanzminister in der rot-grünen Regierung | |
unter Kanzler Gerhard Schröder zurückgetreten. Später trat er als | |
prominentester Kritiker der Agenda 2010 auf und gründete die Linkspartei | |
mit. Für viele Sozialdemokraten ist Lafontaine deshalb bis heute eine | |
Reizfigur. Auch wenn sein Vorstoß für eine neue linke Volkspartei wohl | |
chancenlos ist, zielt er doch auf einen wunden Punkt: die grassierende | |
Schwäche der SPD. | |
Seit der Schröder-Regierung haben die Sozialdemokraten im Bund dramatisch | |
an Zustimmung verloren. Die Wahl 2017 mit dem Spitzenkandidaten Martin | |
Schulz markierte einen historischen Tiefpunkt, die SPD schaffte nur noch | |
20,5 Prozent. | |
Lafontaine zielt mit seinem Vorstoß auch auf die fehlende Machtoption der | |
SPD. 2013 hätte es noch knapp für eine rot-rot-grüne Koalition unter einem | |
SPD-Kanzler gereicht, diese progressive Mehrheit wurde 2017 pulverisiert. | |
SPD, Grüne und Linke kommen gemeinsam nur noch auf gut 38 Prozent. Alle | |
rot-rot-grünen Gedankenspiele haben sich damit vorerst erledigt. Stegner | |
hält diese Option aber weiter für denkbar. Beim Reformprozess der SPD sei | |
Gerechtigkeit der Kompass, sagte er. „Das schließt die Zusammenarbeit mit | |
progressiven Kräften in anderen Parteien ein, um unter Führung der SPD bald | |
wieder eine politische Mehrheit diesseits der Union zu erkämpfen.“ | |
Die SPD-Spitze bereitet sich unterdessen auf die Sondierungen mit der Union | |
vor. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in ihrer Neujahrsansprache zügige | |
Gespräche versprochen. „Die Welt wartet nicht auf uns.“ Aus der Sicht von | |
CSU-Chef Horst Seehofer muss die Bildung der neuen Bundesregierung zwischen | |
Union und SPD spätestens Anfang April beendet sein. „Sonst würde ich sagen, | |
wir hätten unsere Hausaufgaben nicht gemacht als Berufspolitiker.“ | |
1 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/oskar-lafontaine-will-neue-linke-… | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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