# taz.de -- Wagenknecht will Sammlungsbewegung: Die Linke hat keine Lust | |
> Fraktionschefin Sahra Wagenknecht denkt über „etwas Neues“ nach: jenseits | |
> ihrer Partei. Linken-Kollegen watschen die Idee kräftig ab. | |
Bild: Draht oder Gummi hält die Sträuße zusammen. Was hält die Linke? | |
Immerhin: Zu den Gräbern von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg schafften | |
sie es noch gemeinsam. Doch viele Worte wechselten Sahra Wagenknecht und | |
Katja Kipping auf ihrem Gang zur Berliner Gedenkstätte der Sozialisten | |
nicht. Was nicht allein daran lag, dass es ein stilles Gedenken an die vor | |
99 Jahren ermordeten Ikonen der Arbeiterbewegung sein sollte, zu dem sich | |
die Linkspartei wie üblich am zweiten Januarsonntag zusammengefunden hatte. | |
Unmittelbar nach der obligatorischen Kränzeniederlegung trennten sich | |
schnell wieder ihre Wege. | |
Das Verhältnis der Fraktionsvorsitzenden und der Parteichefin ist schon | |
länger angeschlagen. Nun ist es einer neuen heftigen Belastungsprobe | |
ausgesetzt. Denn via Spiegel [1][hat Wagenknecht für „etwas Neues“ | |
plädiert], das an die Stelle der Linkspartei treten könne: „eine starke | |
linke Volkspartei“. Damit greift sie eine Idee ihres Mannes Oskar | |
Lafontaine auf, [2][der schon seit Wochen], zum Unmut der Parteispitze, für | |
eine „linke Sammlungsbewegung“ trommelt, [3][aus Linken, Grünen und | |
SPDlern]. Als Vorbild bezeichnete er die „Bewegung“ La France insoumise des | |
französischen Linksnationalisten Jean-Luc Mélenchon. | |
Kipping hält das für eine Schnapsidee. „Erfolgreiche Neugründungen | |
entstehen nicht als Idee im Interview, sondern aus gesellschaftlichen | |
Bewegungen“, kommentierte Kipping beim politischen Jahresauftakt der Partei | |
am Samstag in Berlin den Vorstoß Wagenknechts. | |
Auch von ihrem Co-Vorsitzenden Bernd Riexinger kommt eine schroffe Absage: | |
Wer auf eine „irgendwie geartete Sammlungsbewegung“ setze, laufe „Gefahr, | |
dass die Linke geschwächt wird“. Zudem sei die Linkspartei doch bereits | |
„eine durchaus erfolgreiche Sammlungsbewegung, die Potenzial hat, weiter zu | |
wachsen und stärker zu werden“. Sein Fazit: „Statt zu sammeln, was derzeit | |
nicht gesammelt werden will, sollten wir doch gemeinsam daran arbeiten, die | |
Linke zu stärken.“ | |
Wagenknecht hörte nicht die Signale | |
Wagenknecht hörte die Worte der beiden nicht. Sie konzentrierte sich lieber | |
auf den erstmalig ohne Beteiligung der Parteispitze organisierten | |
Jahresauftakt der Bundestagsfraktion am Sonntagnachmittag – zu dem zwar | |
Mélenchon eingeladen war, aber nicht Kipping und Riexinger. | |
Kein Wunder, dass der Andrang zu dem Event im ehemaligen Berliner Kino | |
„Kosmos“ groß war. Etliche Interessierte fanden keinen Platz mehr. Unter | |
denen, die es hineinschafften, war auch Egon Krenz, der frühere | |
SED-Generalsekretär. Was er von der Idee einer neuen „linken | |
Sammlungsbewegung“ hält? „Davon habe ich noch gar nichts mitbekommen“, | |
sagte der 80-Jährige der taz. Aber von Wagenknecht kämen „ja immer ganz | |
kluge Ideen“. | |
Das sehen viele in der Linkspartei anders. Mit ihren Positionen zur | |
Flüchtlingspolitik und zu Europa hat die Politdiva sowohl auf dem rechten | |
als auch auf dem linken Parteiflügel für Irritationen gesorgt. Nun also | |
auch noch eine Spaltung der Linkspartei zugunsten einer „Liste | |
Wagenknecht“? | |
So weit ist es noch nicht. Befürchtungen, das Event am Sonntag könne von | |
Wagenknecht und Lafontaine zum Startschuss für ihre „Sammlungsbewegung“ | |
genutzt werden, erfüllten sich nicht. „Die Linke darf sich nicht weiter | |
zersplittern“, gab sich Lafontaine versöhnlich. Dass er überraschend | |
gemeinsam mit Gregor Gysi auftrat, kann ebenfalls als Zeichen gewertet | |
werden, nicht weiter eskalieren zu wollen. | |
## Partei stärken statt spalten | |
Das dürfte auch der Stimmung an der Parteibasis geschuldet sein, die gerade | |
im Osten überhaupt nicht positiv auf die Ideen von Lafontaine und seiner | |
Frau reagierte. Wie die Stimmung ist, demonstrierte das Publikum im | |
„Kosmos“. Mit großem Beifall bedachte es Dietmar Bartsch, der ungewohnt | |
deutlich Position bezog. „Wir brauchen im Moment keine unrealistischen | |
Konstellationsdebatten“, rief er geradezu kämpferisch zur Eröffnung in den | |
Saal. „Wir brauchen keine neuen Parteien.“ Nicht minder laut fiel der | |
Applaus aus, als Gregor Gysi ins Auditorium rief: „Die Linke braucht | |
vieles, aber keine neue Partei.“ | |
Und Wagenknecht? Die sprach als Letzte am späten Nachmittag im „Kosmos“, | |
als sich bereits die Reihen gelichtet hatten. Der Vorwurf, sie wolle | |
spalten, bezeichnete sie als „ grotesk“ und „abenteuerlich“. Es gehe ihr | |
vielmehr nur darum, die Linkspartei „zu stärken“ und „größer zu werden… | |
Aber was das genau heißt, blieb nebulös. Der Streit in der Linkspartei wird | |
weitergehen. | |
14 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/linke-sahra-wagenknecht-will-neue… | |
[2] /!5471552 | |
[3] /!5471544 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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