| # taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Da sein ist nicht genug | |
| > „Dark“ schreibt starke Frauenfiguren und lässt sie Löcher in die Luft | |
| > starren. Gendern reicht nicht, die Charaktere müssen auch was tun. | |
| Bild: Katharina (Jördis Triebel, l.) ist Schuldirektorin, aber den Großteil d… | |
| „Alles Getier im Haulewald duckte sich in seine Höhlen, Nester und | |
| Schlupflöcher“, so beginnt die letzte Fantasyerzählung aus deutscher | |
| Produktion, die international erfolgreich war: „Die unendliche Geschichte.“ | |
| Ein Problem hatte Michael Endes Kinderbuch von 1979 allerdings: Es gibt | |
| keine zentralen Frauenfiguren. Die Geschichte wird vorangetrieben durch | |
| Männer oder Jungs, die Frauen sind eindimensional: geheimnisvolle | |
| Gönnerinnen, böse Antagonistinnen. | |
| Jetzt versuchen deutsche ErzählerInnen mit der Neflix-Serie „Dark“, wieder | |
| mal mit Fantasy-Mystery international zu landen. In „Dark“, das Anfang | |
| Dezember gestartet ist (und wo es wieder um einen Wald geht), versuchen die | |
| AutorInnen, die genreübliche Männerfixiertheit aufzubrechen. Was auf den | |
| ersten Blick auch gelingt – allerdings nur auf den ersten. (Es folgen | |
| Spoiler!) | |
| In „Dark“ öffnet sich alle 33 Jahre ein Zeitportal in der Kleinstadt | |
| Winden. Jedes Mal wenn das passiert, verschwinden Kinder. Die BewohnerInnen | |
| versuchen entweder, das Geheimnis zu lüften, oder es zu verbergen. | |
| Bei den Figuren, die in den ersten zwei Folgen auftreten, ist die | |
| Frauenquote okay: Von 19 wahrscheinlich plotrelevanten Charakteren sind | |
| acht Frauen. Wichtiger noch, es sind starke Frauenfiguren, wie | |
| Schuldirektorin Katharina, Polizistin Charlotte, oder Einserschülerin | |
| Franziska, die den pseudocoolen Jungs am Gymnasium die Stirn bietet. | |
| In aktuellen Serienproduktionen wird die Gender-Repräsentation immer | |
| wichtiger. Gerade ist „Discovery“, die neueste Variante von „Star Trek“, | |
| durch mehrere Protagonistinnen aufgefallen, dazu mit einer Frau of Color | |
| als Hauptperson. | |
| Es gibt allerdings einen gewichtigen Unterschied zwischen der deutschen und | |
| der US-Serie: Während bei „Discovery“ die Frauenfiguren die Handlung | |
| wesentlich vorantreiben, verhalten sich bei „Dark“ nach nur wenigen Folgen | |
| nur noch Männer plotrelevant. Männer durchschreiten das Zeitportal, Männer | |
| entschlüsseln die Zusammenhänge und versuchen, Einfluss auf Vergangenheit | |
| und Zukunft zu nehmen. | |
| Die Frauen sitzen derweil zu Hause (oder im Büro) und starren Löcher in die | |
| Luft, wie Katharina, deren Schuldirektorinsein plötzlich nicht mehr von | |
| Bedeutung ist. Oder Polizistin Charlotte, die die meiste Zeit auf dem | |
| Schlauch steht, während ihr Kollege sich lägst auf den Weg in die 80er | |
| gemacht hat. Oder Franziska – die nur nochmal kurz auftritt, um mit einem | |
| Typen Sex zu haben. | |
| Andere Frauenfiguren haben nichts zu tun als fiese Intrigen zu spinnen, | |
| weil ein Mann sie abgewiesen hat – ein Klischee, das schmerzt – und nehmen | |
| damit noch nicht einmal wirksamen Einfluss auf die Story. | |
| Klar, am Ende der ersten Staffel ist noch vieles offen, es wird mehr „Dark“ | |
| geben und bei der Charakterentwicklung kann sich noch viel tun. Aber die | |
| Männerfiguren haben jetzt schon einen Vorsprung. | |
| Es reicht halt nicht, interessante Frauenfiguren als bloße Geste in die | |
| Geschichte zu schreiben. Diese Charaktere müssen auch handeln können, | |
| wachsen, scheitern. Und sie müssen Dinge tun, durch die sich die Geschichte | |
| verändert. | |
| 30 Dec 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
| ## TAGS | |
| Die Couchreporter | |
| Netflix | |
| Fernsehserie | |
| Frauen | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| Netflix | |
| Miniserie | |
| Netflix | |
| Die Couchreporter | |
| Unterhaltung | |
| Margaret Atwood | |
| ZDF | |
| BBC | |
| Netflix | |
| Die Couchreporter | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Finale der Netflix-Serie „Dark“: Raum, Zeit, Ego | |
| Die erste deutsche Netflix-Serie hat ihr Ende gefunden. „Dark“ hinterlässt | |
| aber etwas: eine Fankultur, die über die Geschichte hinausdenkt. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Schon wieder großes Kino | |
| Verkorkste Alkoholiker im Mittleren Westen der USA, ein Mord, der erst der | |
| Anfang ist, und eine überragende Amy Adams: Das ist die Serie „Sharp | |
| Objects“. | |
| Hip-Hop-Biopic „Roxanne Roxanne“: Eine unbekannte Pionierin | |
| Frauen sind rar im Hip Hop. Bei Netflix läuft nun ein Film über eine der | |
| ersten Rapperinnen: Roxanne Shante. Ein Streamingtipp für die Feiertage. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Plötzlich verletzlich | |
| Die dänische Erfolgsserie „Rita“ geht in die vierte Staffel. Ihre | |
| unperfekte Heldin macht sich auf die Suche nach ihren Wurzeln. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Der American Dream in Emo-Panade | |
| „This is Us“ war in den USA die meist gesehene Serie 2017. In Deutschland | |
| waren die Quoten dafür richtig mies – vollkommen zu Unrecht. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Es reicht mit den Häppchen-Storys | |
| Miniserien wie „Handmaid's Tale“ waren ein Trend im Jahr 2017. Das | |
| Potenzial seriellen Erzählens schöpfen diese Produktionen nicht aus. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Ist es lustig, tapst die Tuba | |
| In der dreiteiligen Serie „Über Land“ geht es typisch bayerisch zu. Etwas | |
| anderes als Gewohntes will man dem Publikum nicht zumuten. | |
| Zweite Staffel „Top of the Lake“ auf Arte: Die Frau im Koffer | |
| Die Serie erzählt mit komplexen Frauenfiguren von sexualisierter Gewalt und | |
| Selbstbestimmung. Moralische Maßstäbe werden infrage gestellt. | |
| Erste deutsche Netflix-Serie: Deutscher dunkler Wald | |
| Lange wurde sie ersehnt, jetzt gibt es sie zu sehen: „Dark“, die erste | |
| deutsche Produktion des Streaminganbieters Netflix. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Krieg auf klingonisch | |
| Nach etlichen Filmen kommt nun „Star Trek: Discovery“ als Serie. Zwar als | |
| klassische Erzählform, aber immerhin mit klingonischen Untertiteln. |