| # taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Der American Dream in Emo-Panade | |
| > „This is Us“ war in den USA die meist gesehene Serie 2017. In Deutschland | |
| > waren die Quoten dafür richtig mies – vollkommen zu Unrecht. | |
| Bild: Die Schauspieler*innen Chrissy Metz und Milo Ventimiglia, die in „This … | |
| Seriengucker kann man, glaube ich, in zwei Kategorien einteilen: Die einen | |
| mögen es aufregend: Politserie, Crime, Sci-Fi. Nennen wir sie „Typ The | |
| Wire“. Die anderen mögen es eher seicht: Drama, Comedy, Feelgood. „Typ | |
| Grey’s Anatomy“. | |
| Ich gehöre zur zweiten Gruppe. Serien dürfen für mich gern die großen | |
| Dramen im Privaten erzählen („Transparent“, „The Affair“, „Alf“ �… | |
| klar, „Grey’s Anatomy“). Aber die Politintrige, die Kämpfe irgendwelcher | |
| Fabelwesen in mittelalterlichen Königreichen oder die schmutzige Geschichte | |
| der britischen Krone sind mir häufig zu … na ja, nervenaufreibend. Sorry. | |
| Wie mir geht es offenbar der Mehrheit der US-Amerikaner. Anders kann ich | |
| mir nicht erklären, dass [1][„This Is Us“] dort mit durchschnittlich 15 | |
| Millionen Zuschauern die meist gesehene Serie 2017 war. | |
| Sie beginnt 1980, als Jack und Rebecca Eltern von Drillingen werden. Sie | |
| kommen drei Wochen zu früh, am Geburtstag von Jack. Damit beginnt die | |
| Geschichte der Familie, die wir in Rückblicken und im Heute verfolgen. | |
| Kevin ist Fernsehstar, aber unzufrieden mit seiner Rolle. Kate ist | |
| übergewichtig und pendelt zwischen Selbstzweifeln und Selbstbewusstsein. | |
| Randall ist erfolgreich im Job, hat eine Bilderbuchfamilie, hadert aber mit | |
| seiner Vergangenheit. | |
| Klingt banal, ist es aber nicht. „This Is Us“ streift in jeder Folge das | |
| Essentielle: Geburt, Tod, Familie, Liebe, Krise, Streit, Versöhnung. Ja, | |
| das ist kitschig. Aber eben nicht auf so eine triefende | |
| SonntagabendZwanzigUhrfünfzehn-ZDF-IngaLindström-Art. Sondern auf eine | |
| witzig-elegant-empathische. | |
| Und natürlich geht es trotzdem auch um die großen Gesellschaftsfragen: | |
| Rassismus, Aufstieg, Klassengesellschaft. „This Is Us“ ist so etwas wie der | |
| American Dream in Emo-Panade. Das zeigt schon, dass Feelgood-Fernsehen | |
| nicht trivial ist, und nicht leicht zu machen. Oder war da in letzter Zeit | |
| irgendein gutes deutsches Serienformat der Kategorie zwei? Mir fällt keins | |
| ein. | |
| ## Das war nichts für ProSieben-Seher | |
| Dafür fällt mir aber einer der größten Verlierer des vergangenen deutschen | |
| Fernsehjahres ein: „This Is Us“. Pro Sieben strahlte die Serie im Frühjahr | |
| auf Deutsch aus. Leider war die Quote so mies, dass der Sender die letzten | |
| Folgen auf einen Schlag versendete. | |
| Wieso laufen US-Kinofilme hier hervorragend, US-Serien aber oft nur mau? | |
| Sind da zu viele american Einfamilienhäuser im Bild? Oder ist der deutsche | |
| Fernsehzuschauer eher „Typ The Wire“? Nur wie erklären sich dann die hohen | |
| Quoten der ARD-Schmonzetten „Rote Rosen“ und „In aller Freundschaft“? | |
| Vielleicht liegt es an den oft gepriesenen „Sehgewohnheiten“. „This Is Us… | |
| läuft in Amerika bei NBC, was so etwas wie das amerikanische RTL ist. Wenn | |
| der US-amerikanische NBC-Zuschauer Fernsehen auf dem Level von „This Is Us“ | |
| gewohnt ist, dann braucht man sich nicht wundern, dass der | |
| ProSieben-Zuschauer damit nichts anfangen kann. | |
| Wir halten fest: „This Is Us“ ist toll, auch wenn das viele deutsche | |
| Zuschauer anders sehen. Gucken Sie es sich an, selbst wenn sie zu Typ 1 | |
| gehören: Ein Drehbuchautor schrieb neulich in der SZ, [2][„This Is Us“ sei | |
| der „glückliche Bruder“ von „The Wire“]. Na also. | |
| 17 Jan 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.prosieben.de/tv/this-is-us-das-ist-leben | |
| [2] http://www.sueddeutsche.de/medien/serienmacher-empfehlen-fanseh-programm-1.… | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
| ## TAGS | |
| Unterhaltung | |
| TV-Serien | |
| ProSieben | |
| NBC | |
| Serien-Guide | |
| Die Couchreporter | |
| Serie | |
| Margaret Atwood | |
| Die Couchreporter | |
| Amazon Prime | |
| Netflix | |
| Die Couchreporter | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kolumne Die Couchreporter: Er ist wieder da | |
| Nach vier Jahren erscheint die achte Staffel von „Pastewka“ mit dem | |
| Comedian Bastian Pastewka. Sie erzählt vom Niedergang eines Mannes. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Ein manisch-depressiver Roadtrip | |
| In „The End of the F***ing World“ hauen die Außenseiter Alyssa und James | |
| von Zuhause ab. Eine düstere, aber komische Coming-of-Age-Serie. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Es reicht mit den Häppchen-Storys | |
| Miniserien wie „Handmaid's Tale“ waren ein Trend im Jahr 2017. Das | |
| Potenzial seriellen Erzählens schöpfen diese Produktionen nicht aus. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Da sein ist nicht genug | |
| „Dark“ schreibt starke Frauenfiguren und lässt sie Löcher in die Luft | |
| starren. Gendern reicht nicht, die Charaktere müssen auch was tun. | |
| Kolumne Die Couchreporter: Die Witze-Streberinnen | |
| In „The Marvelous Mrs. Maisel“ erobern zwei Frauen die Comedyszene. Selten | |
| wird die Karriere von Heldinnen so zentral und gut beleuchtet. | |
| Kolumne Couchreporter: „Nola Darling“ verspricht zuviel | |
| Nola soll die moderne Woman of Color sein. Doch Spike Lees Serie gelingt es | |
| nicht, eine dreidimensionale Protagonistin zu schaffen. | |
| Neue Netflix-Serie „Godless“: Fast so schön wie früher | |
| Netflix versucht sich an einem Western. Dahinter steht niemand Geringeres | |
| als Regisseur Steven Soderbergh. Der bedient sich hemmungslos bei alten | |
| Mythen. |