| # taz.de -- Kolumne Couchreporter: „Nola Darling“ verspricht zuviel | |
| > Nola soll die moderne Woman of Color sein. Doch Spike Lees Serie gelingt | |
| > es nicht, eine dreidimensionale Protagonistin zu schaffen. | |
| Bild: Nola Darling ist eine junge Künstlerin. Selbstbestimmt, unabhängig, pan… | |
| Spike Lees Neuauflage des Films „She’s Gotta Have It“ von 1986 steht seit | |
| November als Serie bei Netflix. In der deutschen Fassung heißt die Show mit | |
| ihren zehn Folgen „Nola Darling“, also so, wie ihre Protagonistin (DeWanda | |
| Wise). Nola soll die moderne Woman of Color sein: unabhängig, | |
| selbstbestimmt, sex-positiv, polyamourös und pansexuell. Leider treffen | |
| nicht alle Beschreibungen zu. | |
| Die Protagonistin Nola Darling ist Ende 20. Sie wohnt im gentrifizierten | |
| Manhattan und versucht sich als Künstlerin. Sie kann sich nicht gut | |
| ausdrücken, was sie impulsiv und kompliziert wirken lässt – wie das | |
| Klischee einer jungen, hippen New Yorkerin. | |
| Nola ist polyamourös. Sie hat drei Beziehungen mit drei Männern. Mars | |
| arbeitet bei einer Fahrradwerkstatt und kann hervorragend tanzen. Greer ist | |
| Model, seine einzige Eigenschaft ist Arroganz. Jamie ist väterlich aber | |
| verheiratet. Er finanziert Nolas Leben und verheimlicht das vor seiner | |
| Ehefrau. Auch Nola ist unehrlich: Die drei Männer wissen nichts | |
| voneinander. | |
| Wirklich „pansexuell“, also Menschen jeglichen Geschlechts begehrend, so | |
| wie Spike Lee sich das vorgestellt hatte, ist Nola nicht. Sie ist eine | |
| typisch hetero-flexible Frau mit minimalen homosexuellen Tendenzen. Ihre | |
| ehemalige Mitbewohnerin zieht aus, weil Nola jeden Tag einen anderen Mann | |
| mit nach Hause mitbringt. Sie datet auch eine Frau, eine emotionale | |
| Beziehung entwickeln die beiden aber nicht. Diese Sequenz bleibt blass, sie | |
| wirkt, wie hineingeschrieben, nur, um die Protagonistin pansexuell nennen | |
| zu können. Ist das der männliche Blick auf weiblichen Pansexualität? | |
| Nola ist nur unabhängig, solange die Schecks von Jamie nicht platzen: Wenn | |
| das passiert, droht ihr, dass sie ihre Wohnung verliert. Aus diesem Risiko | |
| lernt sie aber nicht. Anstatt sich einen Job zu suchen, bekommt sie ein | |
| Stipendium, was sie wieder von einem Geldgeber abhängig macht. | |
| Ein bisschen Lob muss auch sein: Die Serie korrigiert einen Fehler des | |
| Films: Nola wird nicht von einem ihrer Partner vergewaltigt. Im Film dient | |
| die Vergewaltigungsszene als Strafe für Nolas Lebensstil – am Ende findet | |
| sie das nur halb so wild, und bittet den Mann, sich mit ihr zu „vertragen“. | |
| In der Serie dagegen wird Nola auf der Straße sexuell belästigt. Dieses | |
| Erlebnis traumatisiert sie, immer wieder hat sie Flashbacks. So eine | |
| Darstellung von den Folgen sexualisierter Gewalt ist selten im Fernsehen. | |
| Umso wichtiger, dass „Nola Darling“ sie zeigt. | |
| Ganz ohne Strafe entkommen die Frauen der Serie aber nicht: In einer | |
| Nebengeschichte wird eine Freundin Nolas, die sich den Hintern vergrößern | |
| lässt, übelst verletzt. Erst durch eine Nahtoderfahrung merkt sie, dass | |
| Schönheitsideale vielleicht doch nicht so cool sind. | |
| Im Ganzen ist „She’s Gotta Have It“ eine wichtige Produktion für die | |
| Repräsentation von People of Color. Das bemerkenswerte an der Serie ist, | |
| dass Menschen nicht nur durch ihre Hautfarbe definiert werden. Und ganz | |
| nebenbei ist die Musik wunderschön. Was aber die Darstellung von | |
| selbstbestimmten, pansexuellen Frauen angeht, fällt die Serie durch. | |
| 14 Dec 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Sibel Schick | |
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