# taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Plötzlich verletzlich | |
> Die dänische Erfolgsserie „Rita“ geht in die vierte Staffel. Ihre | |
> unperfekte Heldin macht sich auf die Suche nach ihren Wurzeln. | |
Bild: Schauspielerin Mille Dinesen als Lehrerin Rita | |
Es ist Tatsache: Nicht jede europäische Serie schafft es zu einem | |
Netflix-Hit. Aber „Rita“ schon. Die dänische Serie fiel Netflix nach ihrem | |
Riesenerfolg mit einer Einschaltquote von 40 Prozent im dänischen Fernsehen | |
TV 2 auf. So übernahm der Streamingdienst für Filme und Serien 2015 die | |
ersten drei Staffeln komplett und 2017 folgte die vierte mit acht neuen | |
Folgen. | |
Die dänische Serie „Rita“ erzählt von einer Lehrerin, die ihre | |
Schüler*innen vor ihren Eltern beschützen will. Sie ist eine eigensinnige | |
Frau, eine Idealistin, eine Feministin und eine Kettenraucherin. | |
Rita, gespielt von der preisgekrönten Mille Dinesen, ist Mutter von drei | |
Kindern. Obwohl sie die Defizite der Eltern ihrer Schüler*innen gut | |
verorten kann, macht sie bei der Erziehung ihrer eigenen Kinder häufig | |
Fehler. Genau das ist eines der Merkmale, das die Serie so erfrischend | |
macht: Rita ist keine Superfrau. Ganz im Gegenteil: Sie ist sehr | |
menschlich. Sie raucht, trinkt, stößt regelmäßig an die Grenzen anderer und | |
findet sich so in peinlichen Situationen wieder. Auch Ritas offener Umgang | |
mit ihrer Sexualität macht die Serie besonders. | |
In den ersten drei Staffeln erfahren wir von Ritas Gegenwart und ihrem | |
Umgang mit ihren Mitmenschen. Sie versteht sich gut mit Kindern, von | |
Erwachsenen ist sie allerdings häufig überfordert – den Eltern ihrer | |
Schüler*innen, Fremden in einer Bar oder den Eltern der Freundin ihres | |
Sohnes. | |
## Rückblicke in die 80er-Jahre | |
In der vierten Staffel ist das anders: Zum ersten Mal verrät sich Ritas | |
Vergangenheit. Die junge Rita (Tessa Hoder) wird entwurzelt durch die | |
Trennung ihrer Eltern. Ihr Vater ist ein aggressiver, frustrierter Mann, | |
der Rita für sein Unglück schuldig macht. Rita, in einem neuen Ort auf sich | |
allein gestellt, muss sich an ihr neues Leben gewöhnen, und neue | |
Freund*innenschaften knüpfen. Während dieser Hintergrund vermittelt wird, | |
versucht die erwachsene Rita ihre Vergangenheit zu verarbeiten. Auch | |
mithilfe ihrer damaligen besten Freundin Lea (Charlotte Munck). Durch | |
diesen Einblick bekommt die Protagonistin ein ganz neues Gesicht. Sie wird | |
verletzbar. | |
Die Handlung der vierten Staffel dreht sich also um Fragen wie die Suche | |
nach den eigenen Wurzeln, Zugehörigkeit, das Einhalten von Versprechen, den | |
Anspruch nach Vertrauen und Schutz, die Liebe zwischen zwei Freundinnen und | |
die Fähigkeit zu vergeben, vor allem sich selbst. | |
Die vierte Staffel handelt auch von der Arroganz der Mittelklasse, wie sie | |
auf den Rest der Gesellschaft von oben herabblickt und das als Selbstkritik | |
darstellt. Und von ihrer Fähigkeit, sich so ernst zu nehmen, dass die | |
einfachsten Alltagsfragen wie „Was essen wir heute Abend?“ zu bedeutenden | |
moralischen Entscheidungen werden. | |
Wenn man eines an der vierten Staffel kritisieren muss, dann, dass das | |
Drehbuch, geschrieben von Christian Torpe, nicht besonders komplex ist. Die | |
Handlung ist vorhersehbar, was aber die Produktion nicht definiert, sondern | |
nur je nach Erwartung enttäuschen kann. Ob eine fünfte Staffel folgen wird, | |
wurde noch nicht bekannt gegeben. | |
24 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Sibel Schick | |
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