# taz.de -- Abschiebungen aus Deutschland: Noch mehr Härte? | |
> Erneut sollen mehrere Afghanen abgeschoben werden. Innenminister De | |
> Maizière erhöhte derweil die Geldzahlungen für freiwillige Rückkehrer. | |
Bild: Abschiebung in Leipzig (Archivbild) | |
Berlin taz | Am Mittwochabend soll der nächste Abschiebeflieger von | |
Frankfurt am Main nach Afghanistan abheben. Wie viele Flüchtlinge an Bord | |
sitzen werden, ist noch unklar. Klar aber ist: Protest gibt es schon jetzt. | |
„Diese Abschiebung muss gestoppt werden“, forderte Günter Burkhardt, | |
Geschäftsführer von Pro Asyl, am Sonntag. Das Land werde weiter von | |
Anschlägen erschüttert, sichere Gebiete seien eine Illusion. „Hier werden | |
Menschenleben gefährdet“, so Burkhardt zur taz. | |
Auch die Opposition protestiert. „Afghanistan ist nicht sicher“, betonte | |
Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner. Die Abschiebungen dorthin müssten | |
endlich ausgesetzt werden. Die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz sagte, | |
seit dem Beginn der Sammelabschiebungen vor einem Jahr habe es in | |
Afghanistan „Bomben, Anschläge und Todesangst für die bedrohten | |
Flüchtlinge“ gegeben. | |
Seit Herbst 2016 wurden laut Amnesty International 132 Afghanen aus | |
Deutschland abgeschoben. Der letzte Flug startete Ende Oktober. Auch | |
Amnesty spricht von einer „unverantwortlichen Praxis“. | |
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigt dagegen die | |
Abschiebungen. Nach dem aktuell weiter geltenden Lagebild von 2016 seien | |
Rückführungen nach Afghanistan möglich, heißt es aus seinem Ministerium. | |
Dies betreffe derzeit aber nur Straftäter, Gefährder und | |
Ausreisepflichtige, „die hartnäckig ihre Mitwirkung an der | |
Identitätsfeststellung verweigern“. | |
## Debatte über Abschiebungen nach Syrien | |
Der jetzige Flug startet genau einen Tag vor der Innenministerkonferenz | |
(IMK) in Leipzig. Dort soll bereits der nächste Vorstoß diskutiert werden: | |
Abschiebungen auch nach Syrien. Sachsen und Bayern brachten einen Antrag | |
ein, ab Juli 2018 diese potentiell wieder in das Bürgerkriegsland | |
zuzulassen. | |
„In einzelnen Regionen wie um Aleppo ist es mittlerweile relativ sicher“, | |
sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Wochenende der | |
Funke-Mediengruppe. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) betonte: | |
„Ziel muss es sein, Gefährder und Personen die schwere Straftaten begangen | |
haben, zurückzuführen.“ | |
Für Syrien gilt seit 2012 ein Abschiebestopp. Zuletzt wurde dieser jährlich | |
verlängert. Die Unionsländer wollen nun nur noch einen halbjährlichen | |
Turnus – der Stopp würde dann vorerst im Juli 2018 auslaufen. Widerstand | |
kommt indes auch aus den eigenen Reihen. Kanzleramtschef Peter Altmaier und | |
CDU-Fraktionschef Volker Kauder sagten am Wochenende, Abschiebungen nach | |
Syrien seien derzeit kein Thema, der dortige Bürgerkrieg sei noch nicht | |
beendet. | |
SPD-Innenminister lehnen das Vorhaben ebenfalls ab. „Es gibt aktuell keine | |
objektiven Gründe, den Abschiebestopp nach Syrien in Frage zu stellen“, | |
bekräftigte Boris Pistorius, SPD-Innenminister in Niedersachsen. Die | |
Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke nannte den Vorschlag gar „widerlich und | |
brandgefährlich“. Erst kürzlich habe die Union einen ähnlichen AfD-Antrag | |
im Bundestag als zynisch abgelehnt, nun versuchten die Länder die | |
Rechtspopulisten rechts zu überholen. | |
## Geld im Gegenzug zur Ausreise | |
Pro Asyl fordert den Tagesordnungspunkt ganz von der Agenda der IMK zu | |
streichen. Syrien sei dauerhaft nicht sicher, kritisierte Geschäftsführer | |
Burkhardt. „Die Debatte führt zu einer enormen Verunsicherung der | |
Flüchtlinge.“ Derzeit leben in Deutschland 4.607 ausreisepflichtige Syrer, | |
3.588 von ihnen sind geduldet. | |
De Maizière warb am Wochenende auch für freiwillige Ausreisen. Familien, | |
die bis Ende Februar einen Antrag bei dem Programm „StarthilfePlus“ | |
stellten, bekämen nun auch eine Wohnkostenhilfe von bis zu 3.000 Euro für | |
Miete oder Renovierungen, Alleinstehende bis zu 1.000 Euro. | |
Bisher erhalten Flüchtlinge, die ihren Asylantrag zurücknehmen, 1.200 Euro. | |
Pro-Asyl-Mann Burkhardt sprach von einer „fiesen Verführung“, Menschen von | |
ihrem Recht auf Asyl abzuhalten. | |
3 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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