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# taz.de -- UNO-Berichte zur Lage in Syrien: Keine einzige „sichere Region“
> Bei der UNO stoßen Erwägungen zur Rückführung syrischer Flüchtlinge auf
> Unverständnis. Sichere Gebiete gebe es in dem Land nicht.
Bild: Straße in Ost-Ghouta bei Damaskus nach einem Luftangriff
Genf taz | Die in Deutschland von der AfD sowie von Unionspolitikern
erhobene Forderung nach einer Rückführung syrischer Flüchtlinge in
angeblich wieder „sichere Regionen“ ihres Heimatlandes löst bei der UNO nur
großes Kopfschütteln aus. Ein mit dem Syrienkonflikt seit Langem bestens
vertrauter hoher UNO-Funktionär erklärte am Sonntag gegenüber der taz:
„Diese Politiker sind entweder herzlose Zyniker, denen das Schicksal der
Menschen, die sie zurückschicken wollen, völlig egal ist. Oder sie haben
einfach keine Ahnung von der aktuellen Lage in Syrien.“
Dann „sollten diese Politiker die öffentlich zugänglichen Berichte lesen“,
die der für die Tätigkeit aller humanitären Sonderorganisationen der UNO
verantwortliche Untergeneralsekretär Mark Lowcock sowie der heute für
humanitäre Fragen in Syrien zuständige frühere UN-Nothilfekoordinator Jan
Egeland vergangene Woche in New York und in Genf vorlegten.
Diesen Berichten zufolge gibt es keine einzige Region in Syrien, die als
„sicher“ eingestuft werden könnte. Selbst in den vier „Deeskalationszone…
in denen in den vergangenen Monaten auf Basis einer zwischen Russland, Iran
und der Türkei getroffenen Vereinbarung lokale Waffenruhen ausgehandelt
wurden, finden teilweise weiterhin heftige Gefechte statt. Die Kämpfe
hätten allein im Oktober dieses Jahres 440.000 Menschen aus ihrer Heimat in
andere Gebiete Syriens vertrieben, heißt es in den beiden UNO-Berichten.
Dies übersteige die Zahl der Rückkehrer – fast ausschließlich
Binnenvertriebene – um etwa das Dreifache.
In der Provinz Idlib an der Grenze zur Türkei, wohin im vergangenen Herbst
die von den Regierungstruppen aus Aleppo vertriebenen Rebellenmilizen sowie
Kämpfer der al-Qaida zwangsumgesiedelt wurden, werde zudem mit dem baldigen
Ausbruch neuer schwerer Kämpfe gerechnet. Außerdem sind nach wie vor zehn
Städte mit insgesamt fast drei Millionen BewohnerInnen von jeglicher
humanitärer Versorgung abgeschnitten – und dies zum Teil bereits seit 2012.
## Dramatische Lage in Ost-Ghouta
In acht der zehn Fälle sind die Belagerer syrische Regierungstruppen, in
den beiden anderen Fällen eine Rebellenmiliz beziehungsweise der sogenannte
„Islamische Staat“. Besonders dramatisch ist die Lage in der von
Regierungsstreitkräften belagerten und immer wieder bombardierten
Rebellenenklave Ost-Ghouta. Sie wurde von der UNO vergangene Woche zum
„humanitären Notfall“ erklärt.
Das Leid der 400.000 Zivilisten in der Vorstadt von Damaskus ist laut
Egeland „unerträglich“. Nur wenige tausend Menschen hätten unter größten
Mühen und Gefahren versorgt werden können. 500 Menschen, darunter Verletzte
und Kinder, schwebten wegen Unterernährung und fehlender Behandlung in
Lebensgefahr.
„Wir sind frustriert, wütend und schockiert“, erklärte Egeland. In
Ost-Ghouta seien bereits neun Kinder gestorben. Insgesamt müssten aus
medizinischen Gründen 167 Kinder in Sicherheit gebracht werden. Seit
Monaten warte man auf die Erlaubnis der syrischen Regierung, die Kranken
und Verletzten in Kliniken zu bringen, die mit dem Auto 45 Minuten entfernt
seien. „In dieser Deeskalationszone gibt es nur Eskalation“, schilderte
Egeland die Lage vor Ort.
4 Dec 2017
## AUTOREN
Andreas Zumach
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