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# taz.de -- Amazonstreik geht in die nächste Runde: Im Kampf gegen den Algorit…
> Ein autonomes Protestbündnis will Amazon das Vorweihnachtsgeschäft
> vermiesen – zur Unterstützung der streikenden Gewerkschafter.
Bild: Streikende Mitarbeiter blockieren eine Zufahrt des Logistikcenters in Bad…
BERLIN taz | Zum Start des Vorweihnachtsgeschäfts des Internetkonzerns
Amazon kündigt die Gewerkschaft Verdi weitere Streiks an. Und das
linksautonome [1][„Make Amazon Pay“]-Bündnis ruft für kommende Woche zur
Unterstützung der Streikenden auf. Mit einer Aktionswoche will das Bündnis
gegen die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen im Zuge der
Digitalisierung protestieren.
Amazon ist Marktführer im Internetversandhandel. Dem Umsatz nach rangiert
der Konzern auf Platz 26 der größten Unternehmen der Welt. In Deutschland
hat er mehr als 16.000 Mitarbeiter. Amazon ist stolz auf seine
technologische Vorreiterrolle. Die Warenlager sind nach einem
computergesteuerten Chaosprinzip angeordnet. Nur der Handscanner der
sogenannten Picker kennt den Standort der zahllosen Artikel und gibt den
Mitarbeitern Anweisungen, wie sie die Waren für die Auslieferung finden.
Allen technologischen Erfolgsmeldungen zum Trotz: Es sind Menschen, die die
Lieferung der Produkte per Mausklick möglich machen. Und die werden durch
die digitale Aufzeichnung, Zergliederung und Planung der Arbeitsprozesse
zunehmend austauschbar gemacht.
Durch computeroptimierte Laufwege und die Echtzeiterfassung jedes
Handgriffes und jeder verbrachten Arbeitsminute stehen Amazon zudem neue
Methoden zur Kontrolle der Beschäftigten zur Verfügung. Jede Abweichung vom
algorithmisch perfekten Arbeitsplan wird registriert.
## Der Gesundheitswettbewerb
Vor diesem Hintergrund kämpft Verdi für Tarifverträge an den
Amazon-Standorten. Doch seit vier Jahren verweigert Amazon hartnäckig die
Aufnahme von Verhandlungen, daher kommt es immer wieder zu Streiks. „Amazon
will die Beschäftigten vereinzeln, damit sie sich nicht kollektiv für ihre
Interessen einsetzen.“ [2][erklärt Thomas Voss von der Gewerkschaft Verdi.]
Die gewerkschaftliche Organisierung in dem automatisierten und dennoch
arbeitsintensiven Bereich ist schwierig. Amazon beschäftigt zahlreiche
Saisonarbeiter, ein Großteil der Verträge ist bis zum 31.12. befristet. Nur
die schnellsten Picker und Packer können mit einer Weiterbeschäftigung nach
dem Weihnachtsgeschäft rechnen. Der innerbetriebliche Konkurrenzdruck wird
zusätzlich durch ein Bonussystem befeuert. Dennoch habe Verdi bei Amazon
mittlerweile einen Organisationsgrad von 35 Prozent erreicht, sagt Voss.
Der Kampf der Beschäftigten gehe aber über die Aufnahme von
Tarifverhandlungen hinaus. Neben Lohnerhöhungen fordern sie die
Erleichterung der Arbeitsbedingungen. Diese führten unter anderem zu einem
äußerst hohen Krankenstand, der stellenweise bis zu 20 Prozent erreicht
hat, so Voss weiter. Um die bezahlten Krankheitstage zu senken hat sich
Amazon eine eigene Strategie ausgedacht, die bestens in die
Unternehmensphilosophie passt: Ein Gesundheitsbonus wird an jene
Mitarbeiter und Teams ausgezahlt, die die niedrigsten Ausfalltage
aufweisen.
## Amazons Zukunftsvision
Mit der Aktionswoche möchte das „Make Amazon Pay“-Bündnis die
gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung zum
Diskussionsgegenstand machen. „Es geht nicht um einen Boykott von Amazon“,
erklärt Jonathan Schneider für das Aktionsbündnis. Ziel sei, das
Arbeitssystem im logistischen Bereich und die von Amazon vertretene
Zukunftsvision zu kritisieren. „Noch im Aufbau“ sieht Schneider den Kontakt
zu den Vertrauensleuten der Gewerkschaft Verdi.
Hinter dem Bündnis stehen Gruppen aus dem autonomen und postautonomen
Umfeld, wie das linksradikale „Ums-Ganze“-Bündnis und die
technologiekritische Gruppe Capulco. Die Aktivisten planen einen Besuch bei
den Streikenden des Leipziger Standorts. Zudem hoffen sie auf spontane
Beteiligung. Die Gewerkschaft IP (Arbeiterintiative), die hunderte
Mitarbeiter in Polen organisiert, hat [3][bereits ihre Unterstützung
angekündigt.]
Als Höhepunkt der Aktionswoche will das Bündnis das Verteilerzentrum am
Berliner Kudamm-Karree blockieren. Eine „angreifbare Garantie“ sieht das
Bündnis in der Zusicherung von Amazon, Artikel aus dem Verteilerzentrum
innerhalb von zwei Stunden zu liefern.
Amazon äußerte sich auf Rückfrage zu den geplanten Protesten gegenüber der
taz nicht.
18 Nov 2017
## LINKS
[1] https://makeamazonpay.org/
[2] /Gewerkschafter-ueber-Jobs-bei-Amazon/!5426258
[3] https://amworkers.wordpress.com/category/de/
## AUTOREN
Dominik Koos
## TAGS
Verdi
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