# taz.de -- Arbeitsbedingungen in Spielzeugfabriken: Schuften für Barbie und O… | |
> Sie arbeiten zu viel und ohne Schutz vor Chemikalien. Aktivist*innen | |
> decken miese Arbeitsbedingungen in chinesischen Spielzeugfabriken auf. | |
Bild: Beim Barbie-Produzenten Mattel prüft derzeit die Sachlage | |
BERLIN taz | Mindestens zwölf Stunden dauert ihr Arbeitstag. Im Akkord | |
stecken, kleben und binden die chinesischen Fabrikarbeiter*innen die | |
Einzelteile für Kinderspielzeug zusammen. Sie machen Puppen, | |
Autorennbahnen, Spieleküchen versandfertig für den Weltmarkt. Ihr Job ist | |
oft gefährlich. Wenn sie mit dem Heißkleber hantieren, gibt es weder | |
Handschuhe noch Sicherheitsbrillen, giftigen Dämpfen sind sie schutzlos | |
ausgeliefert. Auch nach der Arbeit können sich die Arbeiter*innen kaum | |
ausruhen. Sie schlafen auf provisorischen Pritschen; Toiletten und Duschen | |
sind verdreckt. | |
Es sind erschütternde Details, die der Bericht von [1][China Labour Watch], | |
der Christlichen Initiative Romero und Solidar Suisse aufzeigt. Monatelang | |
haben die Vertreter*innen der Nichtregierungsorganisationen verdeckt | |
recherchiert. In einem rund 100 Seiten langen Bericht dokumentieren sie die | |
Arbeitsbedingungen in den chinesischen Spielzeugfabriken Shaoguan Early | |
Light, Dongguan ChangAn Mattel, Dongguan Qualidax und Shenzhen Winson | |
Precision. Dort lassen zahlreiche US-Konzerne, darunter Disney, Mattel oder | |
Hasbro, einen großen Teil ihrer Markenspielzeuge für den amerikanischen und | |
europäischen Markt produzieren. | |
Die Weihnachtszeit spült Millionen in die Kassen der Spielzeugindustrie. | |
Schon Monate bevor die Verkaufssaison startet, wird in den chinesischen | |
Fabriken die Produktion hochgefahren. Schließlich sollen Barbiepuppen oder | |
Disneyfiguren, wie zum Beispiel Olaf der Schneemann aus dem Film „Frozen“, | |
rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest in den Geschäften liegen. Damit die | |
Aufträge erfüllt werden können, müssen die Arbeiter*innen Überstunden | |
leisten. In einigen Fabriken kommen laut dem Bericht 100 Überstunden und | |
mehr pro Monat zusammen. | |
Der US-Spielzeugkonzern Hasbro reagierte bestürzt auf den Bericht. Man | |
nehme die Vorwürfe sehr ernst und habe unverzüglich Nachforschungen | |
angestellt, teilte eine Sprecherin des Konzerns auf Anfrage mit. Die | |
Herstellung nach ethischen Richtlinien hätte höchste Priorität. Disney | |
verwies auf den US-Verband International Council of Toy Industries, der | |
ebenso den Vorwürfen nachgehen will. Auch beim Barbie-Produzenten Mattel | |
kennt man den Bericht und prüft derzeit die Sachlage, wie eine | |
Unternehmenssprecherin bestätigt. Zudem weist man darauf hin, dass sich der | |
Konzern ethischen und ökologischen Arbeitsweisen verpflichtet fühlt. | |
## Ohne aktive Gewerkschaft | |
Es ist nicht das erste Mal, dass China Labour Watch die Arbeitsbedingungen | |
in den Fabriken anprangert. Seit 1999 berichtet die | |
Nichtregierungsorganisation über die Zustände. Viele Unternehmen haben in | |
den vergangenen Jahren Verhaltenskodexe aufgelegt und versprechen darin | |
Arbeitsrechte einzuhalten. Tatsächlich ist laut Bericht aber in keiner der | |
vier Fabriken eine Gewerkschaft als echte Vertretung der Arbeiter*innen | |
aktiv. | |
Auch bei den Löhnen hat sich offenbar kaum etwas getan. 2013 verdienten die | |
Arbeiter in Spitzenzeiten inklusive Überstunden in einigen Fabriken | |
umgerechnet knapp 400 Euro, 2017 stieg der Betrag auf bis zu 550 Euro. Dank | |
hoher Inflationsrate haben die Arbeiter*innen allerdings nur wenig von der | |
Lohnerhöhung. In anderen Fällen erreicht der Grundlohn ohne Überstunden und | |
Prämien nicht einmal die Höhe des lokalen Mindestlohns von umgerechnet rund | |
190 Euro. | |
Die Organisationen hinter dem Spielzeug-Bericht sehen die Industrie in der | |
Pflicht, schnell zu handeln. Sie fordern von den Firmen eine | |
Grundsatzerklärung zur Einhaltung der Menschen- und Arbeitsrechte sowie | |
mehr Kontrollen in den Fabriken und existenzsichernde Löhne. Zudem | |
plädieren sie für mehr Transparenz: Auch der Verbraucher soll Bescheid | |
wissen, wie die Produkte hergestellt werden, die die Kinder unter dem | |
Weihnachtsbaum finden. | |
28 Nov 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.chinalaborwatch.org/report/125 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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