| # taz.de -- AfD-Parteitag steht bevor: Leerstelle an der Parteispitze | |
| > Die AfD wählt einen neuen Bundesvorstand. Wer Frauke Petry als | |
| > Parteichefin folgen soll, ist offen. Gibt es eine Abkehr von der | |
| > Doppelspitze? | |
| Bild: Wer wird Frauke Petrys Leerstelle füllen? | |
| Berlin taz | Der Antrag mit der Nummer „BS-41“ hat das Zeug dazu, die | |
| Tagesordnung des AfD-Bundesparteitags am Wochenende in Hannover zu | |
| sprengen. Eingereicht hat ihn Parteirechtsaußen André Poggenburg. Der | |
| Landes- und Fraktionschef in Sachsen-Anhalt will, dass die AfD künftig von | |
| einem einzelnen Vorsitzenden geführt werden kann. Die Doppel- oder | |
| Dreifachspitze, wie sie bislang laut Satzung vorgeschrieben ist, soll | |
| möglich, aber keine Pflicht mehr sein. | |
| Bislang galt die Einerspitze in der AfD als Teufelszeug, das nicht zur | |
| vermeintlichen Vielfalt und Basisdemokratie der Rechtspopulisten passt. Als | |
| der ehemalige Parteichef Bernd Lucke versuchte, sie durchzudrücken, | |
| [1][läutete er damit sein Ende ein]. Ähnlich erging es Frauke Petry, die | |
| die AfD als alleinige Spitzenkandidatin in den Bundestagswahlkampf führen | |
| wollte. [2][Sie hat die Partei Ende September verlassen.] Auf dem Parteitag | |
| in Hannover, der eine neue Bundesspitze wählen soll, könnte sich eine | |
| langatmige Grundsatzdiskussion entspinnen. | |
| Seit Petrys Abgang ist Jörg Meuthen, bislang ihr Co-Chef, alleiniger | |
| Bundeschef der AfD. Das soll, geht es nach Poggenburg, auch so bleiben. Die | |
| früheren, grundsätzlichen Bedenken gegen die Einserspitze? Poggenburg winkt | |
| ab. Der Status quo habe sich schlicht nicht bewährt, sagte er der taz. „Es | |
| gab unheimliche Reibungsverluste durch Kompetenzgerangel bei der | |
| Zweierspitze, das hat auf den ganzen Bundesvorstand ausgestrahlt.“ | |
| Tatsächlich hat der Machtkampf um Petry die AfD-Bundesspitze gelähmt. | |
| Richtig ist aber auch, dass Poggenburg und seine rechte Strömung innerhalb | |
| der AfD, „der Flügel“, mit Meuthen gut gefahren sind – obwohl dieser vor | |
| zwei Jahren als wirtschaftsliberales Aushängeschild gewählt wurde. Wann | |
| immer es nötig war, hat sich Meuthen vor den Flügel-Frontmann Björn Höcke | |
| gestellt. Als Petry ein [3][Parteiausschlussverfahren gegen Höcke] auf den | |
| Weg brachte, stimmte Meuthen dagegen. Das Verfahren liegt noch immer beim | |
| Landesschiedsgericht in Thüringen. | |
| Doch auch jenseits des Flügels scheint Meuthen an der Parteispitze gesetzt | |
| zu sein. Im April beklatschten ihn [4][auf dem Kölner Bundesparteitag] die | |
| Delegierten minutenlang stehend – für eine Rede, die jedes | |
| Rechtspopulistenherz höher schlagen ließ. Zuletzt allerdings hat der | |
| Baden-Württemberger viele in der Partei gegen sich aufgebracht: Erst nach | |
| massivem parteiinternen Druck kündigte er an, nach seinem [5][Nachrücken | |
| ins Europaparlament] sein Landtagsmandat in Stuttgart zum Jahresende | |
| aufzugeben. | |
| ## Es mangelt an Kandidaten | |
| Ob Poggenburgs Antrag durchkommt, darf man bezweifeln – Satzungsänderungen | |
| brauchen eine Zweidrittelmehrheit. Das Problem der Gegner: Für Petrys | |
| Nachfolge in einer Doppelspitze mangelt es bislang an einem überzeugenden | |
| Kandidaten. | |
| Wenige Tage vor dem Parteitag werden in der AfD viele Namen gehandelt: | |
| Leif-Erik Holm, Landeschef in Mecklenburg-Vorpommern, ist dabei, der bei | |
| seinem Einzug in den Bundestag in Schwerin eine gespaltene Fraktion | |
| hinterließ. Georg Pazderski aus Berlin wird genannt, der den Bundesvorstand | |
| bereits als Beisitzer und früherer Bundesgeschäftsführer kennt. Oder Uwe | |
| Junge, Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, der – ganz Soldat – intern betont, | |
| wenn die Partei ihn rufe, werde er seine Pflicht erfüllen. | |
| Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel dagegen, deren Name oft fällt, hat | |
| sich skeptisch über eine Kandidatur geäußert. Gegen sie spricht außerdem, | |
| dass sie wie Meuthen aus Baden-Württemberg kommt. | |
| Der Einzige, auf den sich vermutlich die große Mehrheit der Delegierten | |
| sofort verständigen könnte, wäre Alexander Gauland. Doch der Fraktionschef | |
| im Bundestag ist inzwischen 76 Jahre alt, nicht ganz gesund und hat bislang | |
| für den zweiten Spitzenjob abgewunken. | |
| Gauland könnte aber wieder als Vize kandieren. Für diesen Posten hat seine | |
| erneute Kandidatur auch Albrecht Glaser angekündigt, der noch immer | |
| Bundestagsvizepräsident werden soll. Ob auch Beatrix von Storch, bislang | |
| die dritte stellvertretende Parteichefin, wieder antritt, ist noch nicht | |
| bekannt. | |
| ## Moderate Kräfte kandidieren nicht wieder | |
| Interessant wird auch, wie sich das Machtgefüge im 13-köpfigen | |
| Bundesvorstand insgesamt verschiebt. Einige der moderaten Kräfte, wie Dirk | |
| Driesang aus Bayern oder Julian Flak aus Schleswig-Holstein, werden nicht | |
| wieder kandidieren. Der Flügel dagegen, den Poggenburg bislang vertritt, | |
| will mehr Einfluss. „Ich fände drei oder sogar vier Mitglieder des | |
| ,Flügels' nicht übertrieben“, sagt Poggenburg, der selbst wohl Vize werden | |
| will. | |
| Böse Zungen behaupten sogar, dies sei das eigentliche Ziel seines Antrages: | |
| Bei nur einem Vorsitzenden gäbe es einen Vizeposten mehr, den Poggenburg | |
| für sich selbst schaffen will. Auch Andreas Kalbitz, Flügel-Mann aus | |
| Brandenburg, will für den Bundesvorstand kandidieren. Und mit Spannung wird | |
| erwartet, ob Höcke selbst antritt. | |
| Doch selbst viele, die Höcke eigentlich unterstützen, raten davon ab. Eine | |
| Abstimmung über den Rechtsaußen würde die Partei, die nach dem Abgang von | |
| Petry um Einheit ringt, erneut auseinandertreiben. Zudem ist nicht sicher, | |
| ob Höcke überhaupt mehrheitsfähig ist. Eine Niederlage aber würde den | |
| Nimbus des Thüringers schwer ankratzen. | |
| 28 Nov 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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