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# taz.de -- AFD-Parteitag in Hamburg.: AfD wählt kleineres Übel
> Die Hamburger AFD wählt nach parteiinternem Hauen und Stechen den
> Ex-Schillianer Dirk Nockemann zum neuen Parteichef. Die Öffentlichkeit
> bleibt dabei ausgeschlossen
Bild: Herzlich: Zu Beginn des AfD-Parteitags begrüßt der alte Landeschef Bern…
Hamburg taz |Alles wirkt trist an diesem grauen November-Samstag. Das Forum
Alstertal, sonst ein für Poppenbütteler Verhältnisse ein recht lebendiges
Kunst- und Kulturzentrum, hat nur eine Versammlung vorwiegend älterer
Herren zu bieten, die es auf seiner Webseite lieber verschweigt. Die
Hamburger AFD veranstaltet hier ihren Landesparteitag, in direkter
Nachbarschaft zur Poppenbüttler KZ-Gedenkstätte, einem Mahnmal gegen
Fremdenfeindlichkeit und Nationalsozialismus.
Vor den Gittern am Eingangsbereich und den kurzgeschorenen Securitys, die
die Versammlung vor Protestaktionen schützen sollen, steht im Nieselregen
ein einzelner Demonstrant. Er hat einen Schirm aufgespannt, und darauf die
Botschaft angebracht: „Burka-Pflicht für alle AFDler!“ „Ist das die
Antifa?“, fragt eine Parteitagsgängerin – die hatte sie sich irgendwie
kraftvoller vorgestellt. Am Morgen, da waren hundert Antifas aufmarschiert,
um gegen den Parteitag zu demonstrieren. Ihr kleines Scharmützel mit der
Polizei endete mit drei Ingewahrsamnahmen.
Die Parteitagsregie führt der 75-jährige AFD-Bundestagsabgeordnete Albrecht
Glaser. Der betagte Versammlungsleiter kommentiert jeden Antrag sehr
ausführlich und erklärt dem Auditorium genau, wie es denn sinnvoll wäre,
abzustimmen. Fast immer tut die versammelte Mitgliederschaft, wie ihr
geheißen. Glaser lässt einen Antrag abstimmen. „Wer ist dafür?“ Rund 50
Arme fliegen hoch. „Wer ist dagegen?“ Wieder gehen etwa 50 Hände in die
Höhe. „Das erste war die Mehrheit, der Antrag ist angenommen“, behält
Glaser die Übersicht. Auszählen wird hier nicht überbewertet.
Pressefreiheit auch nicht. Am Samstag gegen 16 Uhr steht nach endlosen
Formaldebatten die Wahl des neuen AFD-Landeschefs auf der Tagesordnung. Der
bisherige Parteichef Bernd Baumann ist zum Parlamentarischen
Geschäftsführer der Berliner AFD-Fraktion aufgestiegen und sieht sich in
der Doppelfunktion überfordert.
Pünktlich zur Kandidaten-Vorstellung kommt zum zweiten Mal an diesem Tag
der Antrag auf den Tisch, die Presse auszuschließen. „Sie werden so negativ
wie möglich über uns schreiben, umso mehr Infos sie bekommen, umso
schlechter fällt die Berichterstattung aus“, doziert Ludwig Flocken, der
durch seine rechtsradikalen Ausfälle selbst für die
AFD-Bürgerschaftsfraktion nicht mehr tragbar war und nun fraktionsloser
Abgeordneter ist.
Schon mehrfach hat die AFD wegen solcher Ausschlussaktionen Ärger bekommen.
Mit Bodo Adolphi (78) warnt ausgerechnet ein ehemaliger Abgeordneter der
Schill-Partei davor, „die Presse auszuschließen“, aber ohne Erfolg. So
findet der parteiinterne Machtkampf ohne Beobachtung statt. Zur Wahl stehen
Dirk Nockemann, der schon 2003 bis 2004 als Mitglied der Schill-Partei
Hamburger Innensenator war und Alexander Wolf, von dem gerade bekannt
geworden war, dass er vor 23 Jahren ein Liederbuch mit
nationalsozialistischen Hymnen herausgegeben hat. Wolf, der sich selbst für
„nationalliberal“ hält, spricht von einer Schmutzkampagne aus
Parteikreisen, aber die Parteikollegen lassen sich – im Gegensatz zu den
Journalisten – auf dem Parteitag leider nicht ausschließen.
So verliert Wolf schließlich die Kampfabstimmung „ganz rechts versus
halbrechts“ gegen Nockemann mit 54 zu 74 Stimmen. Zuvor hatte der Parteitag
schon die dritte Kandidatin Nicole Jordan wenig dezent ausgebremst. Er
beschloss, dass FraktionsmitarbeiterInnen – wie die AFD-Büroassistentin es
derzeit ist – nicht für den Parteivorsitz kandidieren können.
Am Ende des Jeder-gegen-Jeden-Intrigenstadls ist klar: Leidlich liberales
Personal, wie Ex-Parteichef Jörn Kruse, spielt auf dem Parteitag keine
Rolle. Die Zukunft der Hamburger AFD liegt stramm rechts.
26 Nov 2017
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
AfD Hamburg
Schwerpunkt AfD
Jörn Kruse
AfD Hamburg
AfD Hamburg
Jörg Meuthen
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