| # taz.de -- AfD-Bewerber für Bundestagsarbeit: Alternative Mitläufer | |
| > Wo KZ-Aufseher und Stasi zu rekrutieren waren, finden sich auch ein paar | |
| > Zuarbeiter für ganz banale Fremdenfeinde. | |
| Bild: Wes Brot ich ess … | |
| Die AfD, so hieß es noch vor wenigen Wochen, habe immense Probleme, die 400 | |
| Mitarbeiterstellen zu besetzen, die ihr nach dem Einzug in den Bundestag | |
| zustehen. [1][„Mit Rechten arbeiten“], titelte der Spiegel und schrieb | |
| schadenfroh über die Mühen, nicht ausschließlich Volltrottel und Hasardeure | |
| in die neualternativen Abgeordnetenbüros zu locken. | |
| Da wunderte man sich aber schon. Haben sich die Deutschen plötzlich mit | |
| Gewissen angesteckt? | |
| Sollte es ausgerechnet in dem Land, in dem es noch nie ein Problem | |
| darstellte, KZ-Aufseher, Stasi-Spitzel und Ingenieure für | |
| Tötungsmaschinerien aller Art in überreichlicher Anzahl zu rekrutieren, auf | |
| einmal nicht mehr möglich sein, ein paar Zuarbeiter für eine latent | |
| verhaltensauffällige Gruppe von geriatrischen Nationalnostalgikern, | |
| Traditionsantisemiten und ganz banalen Fremdenfeinden zu finden? | |
| Und jetzt – Überraschung! – hat der Rechercheverbund von [2][Süddeutscher… | |
| NDR und WDR ermittelt, dass die AfD sich in Wahrheit kaum retten kann vor | |
| Bewerbungen, und zwar durchaus auch von Profis, die zuvor für CDU, FDP, SPD | |
| oder Linke gearbeitet haben. Na, so was! | |
| Zunächst mal: Wer sich die Positionen von Horst Seehofer, Thilo Sarrazin | |
| oder Sahra Wagenknecht anschaut, den kann kaum wundern, dass ihre | |
| angestellten Subalternen mitunter problemlos kompatibel und daher | |
| austauschbar mit AfD-Personal sind. | |
| ## Andere Zeiten, ähnliche Probleme | |
| Vor allem aber: Genau jenes Volk, das die AfD dauernd im Mund führt, hat | |
| für den Vorgang eine banale Erklärung: „Wes Brot ich ess, des Lied ich | |
| sing.“ Und das Brot, es will nun mal verdient sein. So erklärte Martin | |
| Walser gerade in seiner buchgewordenen Familientherapie die | |
| NSDAP-Mitgliedschaft seiner Mutter lapidar mit „rein wirtschaftlichen“ | |
| Gründen, schließlich galt es, ein Wirtshaus am Laufen zu halten. | |
| Andere Zeiten, ähnliche Probleme – heute müssen halt Zweit-SUV, | |
| Super-Flatscreen-TV oder der Altersruhesitz auf Mallorca finanziert werden. | |
| Sachzwänge, was willste machen? Oder ganz tief ins Abendland gehorcht: | |
| pecunia non olet. | |
| Dass AfD-Landtagsfraktionen am Anfang tatsächlich Schwierigkeiten hatten, | |
| qualifiziertes Personal zu finden, zeugt eher von kühler | |
| Kosten-Nutzen-Kalkulation der Polit-Arbeitnehmer als von moralischen | |
| Skrupeln. Zunächst war ja nicht sicher, ob die Neulinge sich halten. Da | |
| stünde man natürlich schon blöd da. Aber nun, mit dem Einzug in den | |
| Bundestag und wo ohnehin in jeder Talkshow ein vorgewärmter Sessel für sie | |
| bereitsteht und einem ihre Thesen vom Kanzlerduellmoderator bis zum | |
| Taxifahrer täglich um die Ohren geballert werden, ist die AfD endgültig | |
| dort angekommen, wo sie in Wahrheit immer schon war: in der Mitte der | |
| Gesellschaft. | |
| ## Nett sind sie ja alle | |
| Diese ganzen Gestalten sind ja nicht plötzlich aus irgendwelchen Gräbern | |
| gestiegen, die gab es schon vorher. Da waren ihre Positionen vielleicht | |
| noch mehr oder weniger tief in anderen Parteien eingebettet und etwas | |
| peinlich. Aber mit jedem weiteren „Tabubruch“ und kalkulierten Eklat wird | |
| es ein bisschen selbstverständlicher, offen zu seinen Ressentiments zu | |
| stehen. | |
| Außerdem mal ehrlich: Angesichts eines US-Präsidenten, der rechtsextreme | |
| Filmchen vertwittert, und eines auch in der eigenen Partei umstrittenen | |
| Erinnerungskulturwenders wie Höcke ist es doch fast schon grundsolide, für | |
| den putzigen Opa Gauland zu arbeiten. Und nett sind sie ja schließlich | |
| irgendwie alle. | |
| Es mag schon sein, dass eines sehr schönen Tages der AfD-Spuk wieder ein | |
| Ende haben wird. Zu sehr sollte man sich aber nicht freuen. Denn die Leute, | |
| die nichts dabei fanden, sie zu wählen oder für sie zu arbeiten, bleiben | |
| uns so oder so erhalten. Dann schaffen sie halt wieder für CDU oder | |
| Linkspartei. | |
| 30 Nov 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://magazin.spiegel.de/SP/2017/44/154007234/index.html | |
| [2] http://www.sueddeutsche.de/politik/afd-bundestagsfraktion-afd-im-bundestag-… | |
| ## AUTOREN | |
| Heiko Werning | |
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