Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hamburger Fernwärme: Letzte Ausfahrt Moorburg
> Umweltaktivisten werfen Hamburgs rot-grünem Senat vor, ein Kohlekraftwerk
> im Spiel zu halten und den Rückkauf des Leitungsnetzes zu gefährden.
Bild: Würde von einer Fernwärmeauskoppelung profitieren: Kohlekraftwerk Moorb…
Hamburg taz | Das Ringen um eine klima- und sozialverträgliche Fernwärme
geht in die Schlussphase. Kurz vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung
von Vattenfall-Fernwärme-Hamburg (VWH) am 15. Dezember versuchen
Umweltaktivisten das Ruder herumzureißen. Sie wollen verhindern, dass durch
die Hintertür doch Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Moorburg ins Netz
gelangt und dass eine Lage entsteht, in der der Rückkauf des
Fernwärmenetzes abgeblasen werden müsste. Entsprechende Anträge des
Hamburger Energie-Tischs (HET) wird der Energienetzbeirat am Donnerstag in
einer Sondersitzung behandeln.
Bei dem Streit geht es darum, wie das veraltete Kohleheizkraftwerk im
schleswig-holsteinischen Wedel, das einen großen Teil der Hamburger
Fernwärme liefert, klimafreundlich ersetzt werden soll, also
CO2-emissionsarm. Die von Jens Kerstan (Grüne) geführte Umweltbehörde hat
kürzlich ihre Entscheidung für eine Südvariante vorgestellt.
Demnach würde Wärme aus der Stahl- und Aluminiumproduktion, der
Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm (MVR) sowie einer Wärmepumpe und
einem Wärmespeicher auf der Dradenau mit einer Fernwärmeleitung unter der
Elbe hindurch nach Altona geleitet. Hinzu käme Wärme aus einem Zentrum für
Ressourcen und Energie (ZRE) der Stadtreinigung in Hamburg-Stellingen.
## Fernwärmeleitung unter der Elbe
Um die Wärme aus dem Süden zu transportieren, müsste eine Fernwärmeleitung
unter der Elbe gebaut werden. Der HET hält das für gefährlich: Das halte
die Option offen, doch einmal Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Moorburg ins
Haushaltsnetz zu speisen.
Dazu kommt, dass die Wärme aus Moorburg, diejenige ersetzen würde, die die
Müllverbrennungsanlage an die Ölwerke Schindler liefert. „Diese Rochade
bringt dem Klima nichts“, kritisiert Paul Schmid vom BUND. „Der Senat will
neue Geschäftsfelder für das Steinkohlekraftwerk Moorburg erschließen“,
sagt Gilbert Siegler, Sprecher des Energie-Tischs. „Unfassbar!“
Bei Wärme-Auskopplung aus dem Kohlekraftwerk würde dort ein Stromverlust
entstehen, räumt Jan Dube von der Umweltbehörde ein. Die Kompensation
dieser Lücke wäre mit höheren CO2-Emissionen verbunden. „Für die Hamburger
Gesamtbilanz ist trotz dieses Effekts die Süd-Variante deutlich günstiger
als die Nord-Variante, weil sie weniger fossile Erdgas-Kapazitäten und mehr
erneuerbare Energien vorsieht“, sagt Dube.
Der HET, der eine Nordvariante favorisiert, bezweifelt das. Sein Konzept
braucht keine Leitung unter der Elbe. Die fehlende Wärme soll aus
Gasmotoren in Stellingen kommen sowie Solarthermieanlagen auf dem
Autobahndeckel und dem Parkplatz Braun des Volksparkstadions. Die
Gasmotoren würden dem Konzept zufolge ab 2030 mit Wasserstoff betrieben und
damit CO2-frei.
## Behörde gegen Nordvariante
Die Umweltbehörde nennt das unrealistisch. Einen Antrag, diese Nordvariante
gutachterlich zu prüfen, hat sie deshalb abgelehnt. Der HET will jetzt den
Energienetzbeirat bitten, ein solches Gutachten zu bezahlen. In einem
weiteren Antrag wendet er sich gegen die von der Behörde geplante Umrüstung
des ineffizienten Heizkraftwerks Tiefstack von Kohle auf Gas. Wie die
Leitung unter der Elbe verteuere das die Fernwärmeversorgung und mindere
damit den Ertragswert der Fernwärmegesellschaft.
Das wiederum könnte den Rückkauf gefährden. Denn Bürgermeister Olaf Scholz
(SPD) hat mit Vattenfall vereinbart, dass die Stadt dafür mindestens 950
Millionen Euro bezahlt. Ist die Fernwärme wesentlich weniger wert, darf die
Stadt nicht kaufen, weil sie das Geld der Steuerzahler nicht verschwenden
darf.
Sondersitzung des Energienetzbeirats: Do, 23. 11., 17 Uhr, Behörde für
Umwelt und Energie, Konferenzzentrum
21 Nov 2017
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Energieversorgung
Kohle
Fernwärme
Moorburg
Volksentscheid
Moorburg
Energie
Fossile Rohstoffe
Umwelt
Energieversorgung
Energieversorgung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Dicke Luft zwischen Senat und Vattenfall: Prüfungstermin geplatzt
Die Hamburger Umweltbehörde verschiebt die Vorprüfung einer neuen
Fernwärmeleitung aus dem Kohlekraftwerk Moorburg bis auf weiteres.
Fernwärme-Streit: Hitzköpfe unter sich
Vattenfall und die Stadt Hamburg können sich nicht auf ein kohlekraftfreies
Fernwärmekonzept einigen.
Streit über Rückkauf der Energienetze: Kein Konsens über die Fernwärme
Energienetzbeirat veröffentlicht seine Empfehlung für künftige
Fernwärmeversorgung. Einige monieren, damit werde der Volksentscheid nicht
richtig umgesetzt
Umweltsenator contra Vattenfall: Heizen ohne Kohle
Hamburgs Senator Jens Kerstan (Grüne) plant Aus für Kohlekraftwerke Wedel
und Tiefstack. Umweltschützer bleiben skeptisch.
Kommentar zum Kohlekraftwerk Stade: Fossiles Denken
Wer es mit dem Klimaschutz ernst meint, darf heutzutage kein Kohlekraftwerk
bauen – Stade will es aber trotzdem tun.
Senat prüft zwei Varianten für Fernwärme: Wärmewende mit Fallstricken
Hamburgs Umweltsenator lässt Szenarien prüfen – ohne das Kohlekraftwerk
Moorburg. Sein politisches Schicksal hängt davon ab, ob ihm die
Klimaschützer glauben.
Wie wird der Energienetze-Volksentscheid umgesetzt?: Kampf um die Öko-Wärme
Dieser Tage entscheidet sich, ob die künftige Fernwärmeversorgung
tatsächlich so ökologisch und sozial wird wie im Netze-Volksentscheid
vorgesehen.
Klimafeindliche Energie-Nutzung: Moorburg durch die Hintertür
Die Linke wirft der Umweltbehörde vor, sie nehme den Volksentscheid zum
Rückkauf der Netze und klimafreundlichen Wärmeversorgung nicht ernst genug
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.