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# taz.de -- Kommentar zum Kohlekraftwerk Stade: Fossiles Denken
> Wer es mit dem Klimaschutz ernst meint, darf heutzutage kein
> Kohlekraftwerk bauen – Stade will es aber trotzdem tun.
Bild: In der Dämmerung sieht sogar eine Kohlekraftwerk etwas romantisch aus
HAMBURG taz | Die Stader wollen die Letzten sein, die in Deutschland ein
Kohlekraftwerk bauen. Ein zweifelhafter Ruhm, gewiss, würdig eines Donald
Trump. Das prima Klima an der Unterelbe sowie deren Flora und Fauna werden
fossilem Denken geopfert. Zu einem Zeitpunkt, an dem die
Schadstoffbelastung der Atemluft in den Städten endlich – und lange
überfällig – auf der Tagesordnung steht, genehmigen Lüneburger
Oberverwaltungsrichter den Bau eines neuen Kohlemeilers. So aus der Zeit
gefallen muss man erst mal sein.
Auch wenn die Richter an den formaljuristischen Grundlagen für den
Kraftwerksbau nichts zu mäkeln haben, verwundert es doch, wie sehr die
gesellschaftliche und klimapolitische Debatte außer Acht gelassen wird. In
Stuttgart hat ein Verwaltungsgericht Fahrverbote für Dieselautos verhängt,
ohne sich in formalistischen Kleinigkeiten zu verlieren. Höher gewichtet
als der Mobilitätsanspruch einiger Autobesitzer wurde dort das allgemeine
Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit.
Da erscheint es fragwürdig, im Fall des Stader Kohlemeilers die
Bebauungspläne einer Kommune und die wirtschaftlichen Interessen eines
Industrieunternehmens über das Recht der BürgerInnen auf Gesundheit zu
stellen. Weil die Klimaziele des Bundes zwar in internationalen
Vereinbarungen zugesagt worden waren, aber eben keine bundesdeutschen
Gesetze seien, kann nach Ansicht des Gerichts auch nicht dagegen verstoßen
werden.
Im Klartext: Die Klimaschutzvereinbarungen sind nicht einklagbar und somit
das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden. Auf diese
Argumentation muss man erst mal kommen.
Deshalb ist es notwendig, dass die Kläger gegen dieses Urteil Beschwerde
einlegen. Im April erst untersagte der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem
Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg die Kühlung mit Elbwasser, weil dieses
gegen europäisches Umweltrecht verstoße. Doch auch Stade soll mit Wasser
aus dem Fluss gekühlt werden, das sollte juristisch erneut überprüft
werden.
Wer Klimaschutz ernst meint, darf kein Kohlekraftwerk bauen: Ausnahmsweise
ist die Welt mal so einfach.
28 Sep 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Fossile Rohstoffe
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
Kohlekraftwerke
Volksentscheid
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