# taz.de -- Klimapolitik bei Jamaika-Sondierungen: Grüne verzichten auf Enddat… | |
> Die Umweltpolitik gilt als ein zentraler Streitpunkt bei den | |
> Koalitionsverhandlungen. Doch nun geben sich die Grünen pragmatisch. | |
Bild: „Für uns kommt es nicht darauf an, ob das letzte Kohlekraftwerk 2030 o… | |
BERLIN dpa | Die Grünen kommen den Jamaika-Unterhändlern von Union und FDP | |
im Streit um die Klimapolitik deutlich entgegen. Kurz vor Beginn der | |
zweiten Sondierungsphase machte Parteichef Cem Özdemir deutlich, dass die | |
Grünen nicht länger darauf beharren, das Ende des Verbrennungsmotors im | |
Jahr 2030 festzuschreiben. Auch in den Verhandlungen um die Kohlepolitik | |
signalisiert die Partei Kompromissbereitschaft. | |
„Mir ist klar, dass wir alleine nicht das Enddatum 2030 für die Zulassung | |
von fossilen Verbrennungsmotoren durchsetzen werden können“, [1][sagte | |
Özdemir der] Stuttgarter Zeitung (Dienstag). Statt des konkreten Datums für | |
den Ausstieg verlangen die Grünen nur noch „ein klares Bekenntnis, dass wir | |
alles dafür tun, um die Fahrzeuge der Zukunft – vernetzt, automatisiert und | |
emissionsfrei – zu bekommen“. | |
Als konkrete Schritte in diese Richtung nannte Özdemir Anreize beim | |
Dienstwagenprivileg, ein Bonus-Malus-System zugunsten von Elektroautos bei | |
der Kraftfahrzeugsteuer und die Erwartung, dass „die Gerichtsurteile zu den | |
Stickoxidemissionen umgesetzt werden, damit wir die Städte sauberer | |
bekommen“. | |
Die Grünen pochten bislang darauf, ab 2030 keine Autos mit | |
Verbrennungsmotor mehr neu zuzulassen. Die CSU wiederum will keinen | |
Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem ein Enddatum festgehalten ist. | |
Auch die FDP hält nichts von einem Verbot. | |
Die Sondierungen für eine Jamaika-Koalition gehen an diesem Dienstag in die | |
entscheidende Phase. Bis Mitte November wollen die Unterhändler eine | |
Vereinbarung zustande bringen, auf deren Basis dann Ende des Monats – nach | |
einem Parteitag der Grünen am 25. November – Koalitionsverhandlungen | |
beginnen sollen. | |
Die Spitzen von CDU, CSU, FDP und Grünen trafen sich am Montagabend gut | |
viereinhalb Stunden im Kanzleramt, um die zweite Phase der Sondierungen | |
vorzubereiten. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel wollte mit CSU-Chef Horst | |
Seehofer, dem Grünen-Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir sowie | |
FDP-Chef Christian Lindner und FDP-Vize Wolfgang Kubicki jene Schwerpunkte | |
festlegen, die während der Sondierung noch geklärt werden müssen. Über den | |
Verlauf des Gesprächs wurde Stillschweigen vereinbart. | |
## Pragmatisch mit der Kohle | |
Weiteres Konfliktpotenzial birgt die Kohlepolitik. Die Grünen forderten | |
bisher, die 20 schmutzigsten Kraftwerke sofort abzuschalten und den | |
kompletten Ausstieg bis 2030 zu vollziehen. Aber auch in diesem Punkt | |
kommen nun Signale der Kompromissbereitschaft. | |
„Für uns kommt es nicht darauf an, ob das letzte Kohle-Kraftwerk 2030 oder | |
2032 vom Netz geht. Da sind wir pragmatisch. Entscheidend ist die | |
CO2-Emissionsminderung“, [2][sagte Parteivorsitzende Simone Peter der] | |
Rheinischen Post (Dienstag). „Uns geht es darum, dass die CO2-Emissionen | |
2020 um 40 Prozent unter dem Ausstoß von 1990 liegen und dass die | |
Sektorziele für 2030 eingehalten werden, auch mit Blick auf die | |
Paris-Ziele.“ | |
FDP-Vize Wolfgang Kubicki versicherte, dass seine Partei die | |
Klimaschutzziele für 2030 und 2050 nicht infrage stelle, aber bei den | |
Zielen für 2020 momentan nicht sehe, wie sie zu erreichen seien. „Sie | |
können schließlich nicht ganze Industriezweige abschalten und Fahrverbote | |
aussprechen, das wäre für eine Industrienation wie Deutschland | |
unvorstellbar. Wir sind nicht gewählt worden, um Hunderttausende | |
Arbeitsplätze abzuschaffen“, [3][sagte Kubicki der] Passauer Neuen Presse | |
(Dienstag). | |
7 Nov 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.gruenen-chef-cem-oezdemir-jetzt-ko… | |
[2] http://www.rp-online.de/politik/deutschland/gruene-bei-abschaltung-von-kohl… | |
[3] https://plus.pnp.de/ueberregional/politik/2719631_Gelegentlich-moralisch-ue… | |
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