# taz.de -- Berliner Wochenkommentar I: Ein bisschen Eigennutz darf sein | |
> Michael Müller, Berlins Regierender Bürgermeister, ist jetzt auch | |
> Bundesratspräsident – und schlägt ein solidarisches Grundeinkommen vor. | |
> Das sorgt für Diskussionen. | |
Bild: Michael Müller hält gleich seine Antrittsrede als neuer Chef der Lände… | |
Das muss man erst mal schaffen: Noch nicht mal seine erste | |
Bundesratssitzung als Präsident geleitet zu haben und doch schon eine | |
bundesweite Debatte auszulösen. SPD-Mann Michael Müller hat mit seinem | |
Vorstoß für ein solidarisches Grundeinkommen all jene widerlegt, die sich | |
von der Berliner Bundesratspräsidentschaft nichts versprachen, vor allem | |
nicht mit Müller. | |
Das solidarische Grundeinkommen sollen Menschen erhalten, die sich | |
ehrenamtlich etwa um Senioren kümmern, Parks pflegen oder Flüchtlingen | |
helfen. Natürlich ist es bislang nur eine Idee, maximal ein Konzept, selbst | |
eine oft unter Schaufensterpolitik abgebuchte Bundesratsinitiative des | |
Landes Berlin ist dieses solidarische Grundeinkommen noch nicht. | |
Und doch gibt es zumindest in diesen Tagen eine öffentliche Debatte über | |
das Thema. Gemessen an den mauen Erwartungen hat Müller sein Soll als | |
Bundesratspräsident damit eigentlich schon erfüllt. | |
Wer ihm übelwill, der sagt nun: Dem geht’s doch nicht um die Sache, sondern | |
um ein bisschen Wirbel, um von seinen Berliner Problemen abzulenken. Die | |
sind tatsächlich da, keine Frage: schlechtestes SPD-Ergebnis bei einer | |
Bundestagswahl aller Zeiten, zum ersten Mal überhaupt auch in Umfragen | |
hinter der Linkspartei, Ärger in der Koalition beim zentralen Thema | |
Wohnungsbau, Debatte um Obdachlosen-Abschiebungen. Da kann einer durchaus | |
auf die Idee kommen, mit einem pointierten Vorschlag die öffentliche | |
Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes zu lenken. | |
Hat er, hat er nicht? Alles Mutmaßung. Aber selbst, wenn: Dann ist es eben | |
eine Win-win-Situation. Müller hat erstens gezeigt, dass auch das meist | |
allein repräsentative Amt des Bundesratspräsidenten Gewicht genug hat, eine | |
Debatte auslösen zu können – und hat damit das Amt aufgewertet. Müller hat | |
zweitens der Thematik Grundeinkommen eine neue Öffentlichkeit verschafft, | |
von der auch die profitieren, die gar nicht Müllers „solidarisch“ betitelte | |
Variante wollen, sondern eine „bedingungslose“. | |
Und wenn Müller sich damit drittens eine Verschnaufpause vor dem | |
SPD-Landesparteitag am 11. November – Kalauer: „Närrische Verhältnisse bei | |
den Sozis“ – verschafft, dann hat er sich das durch Punkt eins und zwei | |
durchaus verdient. | |
4 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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