Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berlins Regierender mit neuem Amt: Präsident Müller startet durch
> Kurz vor Beginn seiner Bundesratspräsidentschaft spricht sich Berlins
> Regierungschef für ein Grundeinkommen aus. Solidarisch soll es sein, aber
> nicht bedingungslos.
Bild: Der vierte und der erste Mann im Staat: Michael Müller (SPD, l.) ist neu…
Seine erste Rede als neuer Bundesratspräsident hält Regierungschef Michael
Müller (SPD) erst am Freitag, doch schon jetzt hat er jene widerlegt, die
sich – Freund wie Feind – vom neuen Amt kaum etwas erwarteten. Müllers Idee
eines solidarischen Grundeinkommens, das er in einem Zeitungsbeitrag zu den
Schwerpunkten seiner Präsidentschaft vorgestellt hat, findet großen
Widerhall. Lob kommt vom Deutschen Gewerkschaftsbund oder vom Deutschen
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). CDU-Fraktionschef Florian Graf
hingegen hatte ihm gegenüber der taz jüngst noch die Fähigkeit zu Impulsen
als Bundesratspräsident abgesprochen. Auch von der Linksfraktion hatte es
geheißen, es gehe nur um ein formales Amt ohne Einfluss.
Tatsächlich ist der Vorsitz im Bundesrat, bei dem jedes der 16 Bundesländer
alle 16 Jahre dran ist, nicht mit dem Amt des Bundestagspräsidenten zu
vergleichen, wo zuletzt CDU-Mann Norbert Lammert Akzente setzte. „Es ist in
erster Linie ein repräsentatives Amt“, bestätigt die Pressestelle des
Bundesrats – Müller ist formell nun ein Jahr lang vierter Mann im Staat,
hinter dem Bundespräsidenten, dem Bundestagspräsidenten und dem Kanzleramt.
Der Ratspräsident habe auch keinen Einfluss auf die Tagesordnung – Müller
kann in den Sitzungen also nicht bevorzugt Berliner Initiativen besprechen
lassen. Und doch habe auch Müllers Vorgängerin, die rheinland-pfälzischen
Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Akzente zu setzen versucht und so viele
Termine mit Jugendlichen wie möglich wahrgenommen.
Skeptisch war man in den Wochen vor Amtsantritt am Mittwoch durchaus auch
innerhalb der SPD, bei der am 11. November der erste Landesparteitag nach
der Niederlage bei der Bundestagswahl ansteht. Würde Müller überhaupt den
Kopf frei haben für bundespolitische Themen angesichts SPD-interner
Querelen und der Debatte der vergangenen Wochen über die
Tiergarten-Problematik? Für die FDP hatte Fraktionschef Sebastian Czaja
formuliert: „Ich kann nur hoffen, dass er im Bundesrat mehr
Gestaltungsvermögen beweist als im Abgeordnetenhaus und im Roten Rathaus.“
Müllers solidarisches Grundeinkommen sei zwar noch nicht bis in den letzten
Euro ausgerechnet, aber keine bloße Idee, sondern ein Konzept, sagte
Senatssprecherin Claudia Sünder am Mittwoch der taz. Daraus soll eine
richtige Bundesratsinitiative werden, wenn auch noch nicht am Freitag,
wenn Müller erstmals Präsident im Bundesrat ist. Dann wird es nach seiner
Antrittsrede um eine schon länger bekannte Initiative des Landes Berlin
gehen, nämlich Bundesimmobilien nicht nur nach dem höchsten Angebot zu
verkaufen.
Der von Müller jetzt verwendete Begriff des solidarischen Grundeinkommens
ist neu. Breiter bekannt war bislang die Idee eines bedingungslosen
Grundeinkommens. Das bekämen alle unabhängig davon, ob sie arbeiten oder
nicht. Während die einen – wie auch der Unternehmer Götz Werner (dm
drogerie markt) – darin die Grundlage für ein selbst bestimmtes Leben und
Kreativität sehen, befördert es aus Sicht der Kritiker Faulheit. Müller
selbst schreibt in seinem Gastbeitrag für den Tagesspiegel, dass er nichts
von der bedingungslosen Variante hält.
Er will eine Art bezahltes Ehrenamt, Geld für Tätigkeiten, für die es keine
Planstellen im öffentlichen Dienst gibt, obwohl, wie Müller schreibt, genug
Arbeit da ist: „Sperrmüllbeseitigung, Säubern von Parks, Bepflanzen von
Grünstreifen, Begleit- und Einkaufsdienste für Menschen mit Behinderung,
Babysitting für Alleinerziehende, deren Arbeitszeiten nicht durch
Kita-Öffnungszeiten abgedeckt werden, vielfältige ehrenamtliche Tätigkeiten
wie in der Flüchtlingshilfe, als Lesepatin oder im Sportverein als
Übungsleiter und, und, und.“
Wie viel Geld es dafür geben soll, lässt Müller offen. Der dm-Gründer
Werner geht von 1.000 Euro aus, ein Wirtschaftsforscher des DIW hält 1.200
Euro für erforderlich. In Schleswig-Holstein hat die immer noch neue
Jamaika-Koalition im Juni ein Modellprojekt für ein Grundeinkommen oder
Bürgergeld vereinbart. Dabei gäbe es monatlich 1.000 Euro vom Staat, ohne
weitere Verpflichtungen, dafür aber keine Sozialleistungen wie Hartz IV
oder Kindergeld. Ein auf Berlin begrenztes Modell kann sich auch
Senatssprecherin Sünder vorstellen, falls Müllers Vorstoß im Bundesrat
keine Mehrheit findet.
1 Nov 2017
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Michael Müller
Bundesrat
Grundeinkommen
Grundeinkommen
Michael Müller
Bundesrat
Michael Müller
Michael Müller
Wolfgang Kubicki
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pro & Contra zum Grundeinkommen: Es kostet nicht Geld, sondern Macht
Finnland testet das Grundeinkommen und auch hier reißt die Debatte darum
nicht ab. Die Frage ist nach wie vor: Wer soll das bezahlen?
Berliner SPD: Müller hat wieder Puste
Auf dem Parteitag am Samstag: Michael Müller kann noch begeistern und
punktet gegen seinen Widersacher Fraktionschef Raed Saleh.
Berliner Wochenkommentar I: Ein bisschen Eigennutz darf sein
Michael Müller, Berlins Regierender Bürgermeister, ist jetzt auch
Bundesratspräsident – und schlägt ein solidarisches Grundeinkommen vor. Das
sorgt für Diskussionen.
Zoff in der Berliner SPD: Mit hängenden Mundwinkeln
Die Niederlage bei der Bundestagswahl ist noch nicht verdaut. Die SPD
schreibt bundesweit Papiere, in Berlin steht Bürgermeister Müller in der
Kritik.
Krise der Berliner SPD: Sozi kritisiert Sozi
Der einflussreiche Abgeordnete Torsten Schneider wirft Berlins
SPD-Landeschef Michael Müller Führungsschwäche vor.
Bedingungsloses Schleswig-Holstein: Kommunismus mit Kubicki?
Die Jamaika-Koalitionäre einigen sich darauf, die Idee eines
Grundeinkommens zu prüfen. Dabei stehen Konzepte von Grünen und FDP zur
Debatte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.