# taz.de -- Krise der Berliner SPD: Sozi kritisiert Sozi | |
> Der einflussreiche Abgeordnete Torsten Schneider wirft Berlins | |
> SPD-Landeschef Michael Müller Führungsschwäche vor. | |
Bild: Ein Bild aus besseren Tagen: Michael Müller, Raed Saleh und Torsten Schn… | |
Der Nachwahl-Schlagabtausch in der SPD verschärft sich weiter. Erstmals | |
richtet sich die Kritik jetzt explizit gegen Landeschef Michael Müller, der | |
zugleich Regierender Bürgermeister ist. Der parlamentarische | |
Geschäftsführer der Abgeordnetenhausfraktion, Torsten Schneider, wirft ihm | |
falsche Schlüsse aus dem Wahlergebnis vor: Müllers „Analysen halten einer | |
Faktenbetrachtung nicht stand“, schreibt Schneider in einem zweiseitigen | |
Papier, das der taz vorliegt. Bei der Bundestagswahl hatten die | |
Sozialdemokraten so schlecht wie nie abgeschnitten und wurden hinter CDU | |
und Linkspartei nur drittstärkste Kraft. In dieser Woche liegen sie | |
erstmals auch in Umfragen zur Abgeordnetenhauswahl hinter der Linkspartei. | |
Schneiders Wortmeldung ist die dritte eines führendes Berliner SPDlers nach | |
der Wahlschlappe: Zuerst legte Parteivize und Bildungsstaatssekretär Mark | |
Rackles ein Thesenpapier vor, in dem er eine stärkere Zusammenarbeit mit | |
der Linkspartei anregt. Dazu gehört für ihn, dass SPD und Linkspartei in | |
knappen Wahlkreisen Stimmen bündeln, um den Sieg eines CDU-Kandidaten zu | |
verhindern. Der Fraktionsvorsitzende Raed Saleh hatte diesen Vorschlag als | |
„dämlich“ abgetan. Er forderte seinerseits in einem Gastbeitrag im | |
Tagesspiegel den Austausch der Führungsriege in der SPD-Bundesspitze. Den | |
Bundesvorsitzenden Martin Schulz nahm er davon aus. | |
Müller hatte das Wahlergebnis unter anderem mit einem europaweiten | |
Rechtsruck erklärt und intern kritisiert, sein Landesverband sei zu einer | |
Partei der Arbeitsgemeinschaften und Fachausschüsse geworden, quasi zu | |
einer „Aneinanderreihung von Minderheitenpositionen“ – was Schneider | |
hingegen als „Bereicherung“ betrachtet. | |
Schneider, der als parlamentarischer Geschäftsführer eng mit Saleh | |
zusammenarbeitet, verstärkt dessen Kritik. Wahlkreiskandidaturen mit der | |
Linkspartei abzusprechen, sei eine „Abwendung vom Alleinstellungsmerkmal“ | |
der Berliner SPD, die „Berlinpartei“ zu sein. Der Vorschlag beinhalte „die | |
unsolidarische und kurzsichtige politische Abspaltung sämtlicher ehemaliger | |
Ostberliner Kieze und von Friedrichshain-Kreuzberg“, schreibt Schneider, | |
der seinen Wahlkreis in Pankow hat. Nur in zwei Westberliner Bezirken würde | |
die SPD von solchen Absprachen profitieren. „Bundesweit würde diese | |
regionale Aufteilung bedeuten, dass die SPD reine ,Westpartei' wird.“ | |
In seinem Fazit wähnt Schneider Müller hinter Rackles’ Thesenpapier: Die | |
Vorschläge offenbarten „eine bis zur Selbstaufgabe ausufernde | |
Führungsschwäche und Praxisferne“, schreibt er. Sie müssten von der Partei | |
zurückgewiesen werden. Die will in dreieinhalb Wochen ihren Landesparteitag | |
abhalten – am 11. November, anderswo Auftakt der närrischen Jahreszeit. | |
Vorstandswahlen stehen dort allerdings nicht an, sondern erst beim | |
folgenden Parteitag im Mai. | |
11 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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