| # taz.de -- Berliner SPD: Müller hat wieder Puste | |
| > Auf dem Parteitag am Samstag: Michael Müller kann noch begeistern und | |
| > punktet gegen seinen Widersacher Fraktionschef Raed Saleh. | |
| Bild: Schlug versöhnliche Töne an, aber formulierte auch klare Forderungen: D… | |
| Diesen Moment genießt er. Lächelnd steht Michael Müller neben dem | |
| Rednerpult, an dem er soeben seine vielleicht beste Parteitagsrede gehalten | |
| hat. „Wir sind ja die Partei der Solidarität“, hat Müller den 241 | |
| Delegierten zugerufen und sich dann an seinen Widersacher, Fraktionschef | |
| Raed Saleh, gewandt: „Auch wir beide müssen konstruktiv und respektvoll | |
| miteinander umgehen, und ich will meinen Teil dazu beitragen.“ Müller ruft | |
| auf zur Einigung und Geschlossenheit und nimmt sich selbst dabei nicht aus. | |
| Das kommt an bei den Genossen. Der Beifall ist riesig, fast rhythmisch. | |
| Michael Müller, SPD-Landeschef und Regierender Bürgermeister, weiß in | |
| diesem Moment am Samstagvormittag, dass er die Partei hinter sich hat. | |
| Ein Showdown im Machtkampf innerhalb der Berliner SPD war ohnehin nicht zu | |
| erwarten beim Parteitag im Hotel Intercontinental. Dafür hatte ein offener | |
| Brief an Raed Saleh gesorgt, der am Mittwoch publik geworden war. Darin | |
| übte fast die Hälfte der Abgeordneten ungewöhnlich scharfe Kritik an der | |
| Arbeit des Fraktionschefs. Statt den Senat und die Abgeordneten zu | |
| unterstützen, so der Tenor des Schreibens, tingele Saleh lieber mit seinem | |
| Buch „Ich deutsch“ durch die Lande. | |
| Durch die überraschende Kritik an Saleh stand nicht mehr alleine Müller im | |
| Zentrum der Kritik, obwohl dieser mit 17,9 Prozent bei der Bundestagswahl | |
| das bis dahin schlechteste Ergebnis der Berliner Sozialdemokraten | |
| eingefahren hatte. Es gab also ein Patt vor dem Treffen der Partei. | |
| Und Müller nutzte es geschickt, denn neben versöhnlichen Tönen gab es auch | |
| klare Forderungen. „In Zeiten, in denen es um die Zukunft von Tegel oder | |
| die Arbeitsplätze bei Airberlin geht, erwarte ich im Senat die | |
| Unterstützung und die Solidarität der Fraktion.“ Das war eine deutliche | |
| Kritik an Saleh, der bei der Tegel-Sitzung des Senats gefehlt hatte. Und | |
| auch Salehs Eintreten für eine neue Leitkultur lehnte Müller in seiner Rede | |
| vehement ab. „An unseren Werten ist nichts falsch“, betonte Müller. „Ich | |
| brauche keine neue Leitkulturdebatte.“ | |
| ## Knapper Beifall für Saleh | |
| Saleh selbst zeigte in seiner Rede wenig Lust auf Selbstkritik. Stattdessen | |
| wiederholte er seine bekannten Positionen. „Viele von uns machen sich | |
| Sorgen über den Zustand unserer Partei. In vielen Kiezen haben wir den | |
| Charakter einer Volkspartei verloren“, so der Fraktionschef. „Das Vertrauen | |
| in die SPD ist beschädigt.“ Saleh forderte deshalb zu mehr Diskussion in | |
| der Partei auf. „Wir brauchen eher mehr als weniger Debatten. Gut, dass wir | |
| uns Zeit nehmen und diskutieren.“ Der Beifall, den Saleh für seinen | |
| Auftritt bekam, war höflich, aber knapp. | |
| Im Zentrum der Aussprache standen die Inhalte. „Welche Antworten gibt die | |
| Sozialdemokratie auf die Fragen der Zukunft“, fragte Müller. „Werden wir in | |
| Zukunft noch gebraucht?“ Müller selbst hatte als frisch gebackener | |
| Bundesratspräsident den Anfang gemacht, als er ein „solidarisches | |
| Grundeinkommen“ forderte, das die rückwärts gewandten Debatten um Hartz IV | |
| hinter sich lassen solle. Auf Landesebene wollen die Sozialdemokraten mit | |
| dem Thema Sicherheit punkten. „Sicherheit ist mehr als nur innere | |
| Sicherheit“, sagte Müller, „es ist auch die persönliche Sicherheit für | |
| jeden Einzelnen von uns.“ | |
| In einem Leitantrag hieß es deshalb: „Der Schutz vor dem Abstieg in | |
| Existenznot ist ebenso dringlich wie der Schutz davor, Opfer eines | |
| Verbrechens zu werden.“ Der Antrag wurde allerdings nicht verabschiedet, | |
| sondern noch einmal zur Diskussion in die Kreisverbände und | |
| Arbeitsgemeinschaften zurückgegeben. Er soll dann beim Programmparteitag | |
| 2018 verabschiedet werden. | |
| Ein nachdenklicher Beitrag kam von einer Delegierten aus Mitte. Sie | |
| beklagte, dass es in der Partei für Neumitglieder kaum möglich sei, über | |
| ihre Anträge und Vorschläge zu debattieren. Zuvor hatte sich Müller darüber | |
| gefreut, dass die SPD in diesem Jahr 2.300 neue Mitglieder gewonnen habe. | |
| „Damit sind wir bundesweit Spitze“, hatte er den Delegierten zugerufen. | |
| Während der Parteitag am Samstag für Müller erfolgreich verlief, steht | |
| Saleh die eigentliche Bewährungsprobe noch zuvor. Am Dienstag soll in der | |
| Fraktion über den offenen Brief der Kritikerinnen und Kritiker des | |
| Fraktionschefs geredet werden. Bislang hat sich Saleh zur Kritik nur sehr | |
| vage geäußert. „Der Brief ist sehr willkommen“, ließ er am Freitag die t… | |
| wissen. Seinen 38 Abgeordneten wird er mehr Antworten bieten müssen. | |
| 12 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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