| # taz.de -- Neue queere Partyreihe: „Berlin akzeptiert dich“ | |
| > Emrah, queer und aus Turkmenistan geflüchtet, will mit der neuen | |
| > Partyreihe „Harem“ andere queere Flüchtlinge ermutigen, sich nicht zu | |
| > verstecken. | |
| Bild: Musste wegen seiner Homosexualität aus Turkmenistan fliehen. Nun veranst… | |
| taz: Emrah, diesen Samstag beginnt Ihre neue Partyreihe „Harem“. Warum | |
| sollte man die Show besuchen? | |
| Emrah: Wir machen etwas völlig Neues in Berlin. Wir haben Dragqueens, die | |
| zu moderner Popmusik tanzen, aufgelegt von internationalen Star-DJs aus dem | |
| arabischen und dem westlichen Raum. Außerdem haben wir Go-go-Boys, die | |
| durch ihre Animation die Gäste zum Mittanzen anregen sollen. Und wir | |
| bringen den orientalischen Bauchtanz ein. Der Name der Show bezieht sich | |
| auf das arabische harim – das kennen wir alle, ein Ort, wo wunderschöne | |
| Tänzerinnen verborgen hinter einem Schleier tanzen. | |
| Was war die Idee dahinter? | |
| Für queere Menschen aus dem arabischen oder türkischen Raum ist ihre | |
| Sexualität ein Tabuthema, etwas, das sie verstecken müssen. Bei meiner | |
| Party ist das nicht so. Jeder/Jede* kann sich genau so zeigen, wie er oder | |
| sie* ist. Niemand muss seine Gefühle „hinter einem Schleier“ verbergen. | |
| Wichtig ist, dass das Publikum nahe bei den KünstlerInnen ist. Denn nur so | |
| kann sich die Energie von der Musik auf die TänzerInnen und weiter auf die | |
| BesucherInnen übertragen. Die Bühne ist sehr klein und auf einer Höhe mit | |
| den ZuschauerInnen – sie sind aktiver Bestandteil der Aufführungen, können | |
| spontan mitmachen. | |
| An wen richtet sich die Show? | |
| Wir wollen speziell queere Flüchtlinge ansprechen, ihnen einen Raum zum | |
| Feiern geben. Aber unsere Türen sind natürlich für alle geöffnet. | |
| Wieso queere Flüchtlinge? | |
| Ich selbst bin queer und geflüchtet und weiß daher, wie sich das anfühlt. | |
| In arabischen Ländern kann man seine Sexualität nicht ausleben. Mit meinen | |
| Shows möchte ich zeigen, dass wir Menschen wie du und ich sind und genauso | |
| ein Anrecht auf coole Partys und Spaß haben wie alle anderen auch. | |
| Sie sind vor über vier Jahren aus Ihrer Heimat Turkmenistan geflohen. Warum | |
| ? | |
| Wegen meiner Sexualität hatte ich große Probleme mit der Regierung dort, | |
| die konsequent gegen Homosexualität vorgeht. Menschen wie mir drohen in | |
| Turkmenistan Gefängnisstrafen von bis zu vier Jahren. Als ich 18 Jahre alt | |
| war, fanden die Behörden durch abgefangene Chats heraus, dass ich queer | |
| bin. Mir drohte Gefängnis. Darum habe ich das Land verlassen. Aber auch | |
| meine Verwandten haben mich nicht akzeptiert. Für sie bin ich kein Teil der | |
| Familie mehr. | |
| Wann kamen Sie nach Berlin? | |
| Im November 2015. Ich bin nicht direkt nach Deutschland gekommen, sondern | |
| war zunächst in der Türkei. Ein Onkel, der eine wichtige Position in der | |
| turkmenischen Regierung innehat, organisierte mir ein Visum. Dafür musste | |
| ich versprechen, niemals zurückzukommen. | |
| Aber in der Türkei konnten Sie auch nicht bleiben? | |
| Nein, trotz des offiziellen Visums drohte mir die Ausweisung nach | |
| Turkmenistan. Darum habe ich mich nach zwei Jahren entschlossen zu fliehen. | |
| Wie viele andere Flüchtlinge bin ich zunächst auf einem kleinen Boot von | |
| der Türkei nach Griechenland gefahren – obwohl ich nicht schwimmen konnte. | |
| Von da ging es weiter nach Deutschland. | |
| Wie sieht Ihr Alltag heute aus? | |
| Ich gehe zum Deutschkurs und nehme Unterricht bei Berlins berühmtestem | |
| Bauchtänzer Zadiel Sasmaz. Nächstes Jahr treten er und ich bei einer großen | |
| internationalen Bauchtanzshow in Tempelhof auf. Ich hoffe, dadurch weiter | |
| Fuß in der Bauchtanzszene zu fassen – auch international. | |
| Szene ist ein gutes Stichwort: Wie offen ist die queere Szene in Berlin? | |
| Sehr offen und frei. Die Stadt akzeptiert dich, und jeder erhält eine | |
| Chance, egal ob du aus Deutschland oder Turkmenistan kommst. Wichtig ist, | |
| wie du dich verhältst: Du musst jeden so akzeptieren, wie er/sie* ist, dann | |
| wirst auch du akzeptiert. | |
| Wie offen begegnen Ihnen Menschen außerhalb der Szene? | |
| Das kommt auf den Ort an. Am Hermannplatz fühle ich mich nicht so wohl. | |
| Dort gibt es viele Familien mit islamischem Hintergrund, die gegenüber | |
| queeren Menschen nicht offen sind. Aber insgesamt habe ich schon das | |
| Gefühl, dass du hier viel freier auftreten und genauso sein kannst, wie du | |
| bist. | |
| 20 Oct 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Sophie-Isabel Gunderlach | |
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