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# taz.de -- Vergessene Fotografin Yolla Niclas: Typen wie in Döblins „Alexan…
> Yolla Niclas war eine hervorragende Fotografin und die große Liebe des
> Autors Alfred Döblin. Eine Publikation von Eckhardt Köhn stellt ihr Werk
> vor.
Bild: Yolla Niclas, Bild eines somalischen Mädchens, Berlin 1932, Ausschnitt
Eine der interessantesten Publikationsreihen im Bereich der Zeit- und
Fotogeschichte stammt vom Frankfurter Kulturwissenschaftler Eckhardt Köhn.
Immer wieder holt er bemerkenswerte FotografInnen aus der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts aus dem Dunkel der Vergessens hervor. So forschte er 2014
zu Mario von Bucovich (1884–1947), von dem man nicht viel mehr als seine
Fotobände „Berlin“ (1928), „Paris“ (1928) und „Manhattan Magic“ (1…
kannte.
Weniger mysteriös und in den 1920er und 1930er Jahren eine Größe in Berlin
ist Albert Vennemann (1885–1965). Aufgrund seiner Tätigkeit für die
Stadtwerbung prägte Vennemann, wie Köhn 2015 darlegte, wesentlich das Bild
Berlins als moderne Metropole. Jetzt hat Köhn die Geschichte der Fotografin
Yolla Niclas recherchiert.
Charlotte Niclas, die 1900 in ein wohlhabendes, jüdisches Elternhaus in
Berlin geboren wurde, war die große Liebe und heimliche Geliebte Alfred
Döblins. Die Döblin-Forschung nimmt sie zwar wahr, doch wie üblich
interessieren die hier prominenten Herren weder ihre Persönlichkeit noch
ihr Schicksal. Geschweige denn, dass auch nur einer sie als ambitionierte
Berufsfotografin wahrgenommen hätte.
## Hausfotografin der Döblins
Als Niclas Döblin 1921 auf einem Faschingsball kennenlernt, hat sie ihre
Ausbildung an der Photographischen Lehranstalt des als frühe
Frauen-Bildungsinstitution berühmten Lette-Vereins abgeschlossen und
arbeitet für Karl Freund, den stilprägenden Kameramann des deutschen
Stummfilms, als Standfotografin. Der Beziehung zu Döblin fallen allerdings
ihre beruflichen Ambitionen erst einmal weitgehend zum Opfer, sie wird
vielmehr so etwas wie die Hausfotografin der Döblins, die den
Schriftsteller und vor allem seine Kinder immer wieder porträtiert.
Die Aufnahmen des Schriftstellers hatten ihr die Türen zu den Redaktionen
geöffnet: „Ich hatte Titelseiten in den Zeitungen von Ullstein und Mosse …
Oder es erschien ein Portfolio über mich selbst, wie in der
,Gebrauchsgrafik’ mit mehreren Seiten meiner Photographien.“ Herausragend
ist eine Serie von Porträtaufnahmen somalischer Frauen und Kinder, die sie
1932 in Berlin traf. Andere fotografische Alltagsbeobachtungen zeigen
Typen, wie sie in Döblins „Alexanderplatz“ auftauchen könnten. Ab 1932
politisiert sich die Fotografin und arbeitet bei der Gestaltung der
Wahlkampfplakate der SPD mit.
1933 emigriert sie nach Paris, wo sie sich – nicht ganz selbstverständlich
– als Berufsfotografin über Wasser halten kann. Dort trifft sie sich auch
wieder mit Döblin. Gleichzeitig freundet sie sich mit dem aus Berlin
emigrierten Rechtsanwalt Rudolf Sachs an und heiratet ihn. Es gelingt ihnen
in die USA zu emigrieren. In New York findet Niclas relativ rasch Kontakt
zu Louise Wolf-Dahl, der Stammfotografin von Harper’s Bazaar, und beginnt
wieder zu fotografieren.
## Fotoreportage für das Kinderbuch
Sie lernt Alfred Stieglitz kennen, dessen Ideen zur Fotografie sie in ihrer
Auffassung, das Unsichtbare müsse und könne nur durch das Sichtbare
verständlich werden, bestärkte. Stieglitz und seine Frau, die Malerin
Georgia O’Keeffe, machen sie mit ihrem Freundeskreis und wichtigen
Bildredakteuren bekannt. 1956 erscheint „David and the Sea Gulls“, Resultat
ihrer Zusammenarbeit mit der Autorin Marion Downer. Ihre Fotoreportage über
den Jungen, der eine verletzte Möwe findet und sie gesundpflegt, wird ein
großer Erfolg. Weitere Kinderbücher folgen.
Als Niclas 1977 in Hartfort, Connecticut, stirbt, schreibt die Lokalpresse:
„Yolla Niclas Sachs, the shy German-born photographer . . . died as she
lived – quietly and without complaint. The pensive artist said recently,
‚there is nothing more I want to do than a good photograph‘ “. Das ist
jetzt zu sehen in einem gut geschriebenen, sorgfältig recherchierten
Forschungsbericht.
31 Oct 2017
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
## TAGS
Fotografie
Weimarer Republik
Emigration
Sachbuch
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