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# taz.de -- Runder Tisch Berlin und Breslau: Ziemlich gute Freunde
> Der Kulturzug während des Kulturhauptstadtjahrs Breslau 2016 war der
> Anfang. Nun wollen beide Städte noch mehr miteinander kooperieren.
Bild: Im Ratsclub von Wroclaw/Breslau. in der Mitte Jan Wais und Reinhard Schwe…
Nächster Tagesordnungspunkt ist die Zusammenarbeit der Hochschulen. Bisher
gibt es zwischen den Berliner Universitäten und der Universität Wrocław
(Breslau) nur eine so genannte „strategische Partnerschaft“. Weitaus
intensiver ist aber die „privilegierte Partnerschaft“. „Wird das von der
Breslauer Seite gewünscht?“, fragt Reinhard Schweppe. Monika Sochacka, die
in der Stadtverwaltung Breslau für die Zusammenarbeit mit den Hochschulen
zuständig ist, verspricht, die Frage weiterzugeben. „Wenn wir das Signal
bekommen, dass Breslau von der strategischen in die privilegierte
Partnerschaft wechseln will, können wir uns darum kümmern“, sagt Schweppe.
Damit ist der Tagesordnungspunkt Wissenschaft abgehakt. Wiedervorlage beim
nächsten Mal.
Geht es nach der Geschwindigkeit, mit der beim ersten Runden Tisch zwischen
Berlin und Breslau die Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden, muss man
sagen: Es läuft rund zwischen beiden Städten, auch wenn es keine formale
Städtepartnerschaft zwischen der deutschen und der niederschlesischen
Hauptstadt gibt. Eine intensive Zusammenarbeit ist auch das erklärte Ziel
von Reinhard Schweppe, Exbotschafter Deutschlands in Polen und Leiter der
Berliner Delegation, und Jan Wais, dem Leiter des Büros für internationale
Zusammenarbeit der Breslauer Stadtverwaltung. Ein Jahr nach den zahlreichen
gemeinsamen Projekten während der Kulturhauptstadt Breslau 2016 soll die
Zusammenarbeit beider Städte verstetigt werden. Der Runde Tisch, den die
Stadt Breslau und die Stiftung Zukunft Berlin im nächsten Jahr fortsetzen
wollen, ist der Beginn dieser neuen Phase der Kooperation.
## Abhängig von Warschau
Es sind vor allem ganz praktische Dinge, die am Dienstagnachmittag im
ehrwürdigen Ratsclub am Breslauer Marktplatz besprochen werden. Die
Sammlung Marx, die im Kulturhauptstadtjahr mit einer großen Ausstellung in
Breslau vertreten war, stellt in Berlin 2018 Werke von Otto Mueller unter
dem Titel „Malerei der Moderne zwischen Berlin und Breslau“ aus. 2019 dann
soll die Schau nach Breslau. Der Beauftragte von Stadtpräsident Rafał
Dutkiewicz, Grzegorz Roman, verspricht, bei der Suche nach einem Standort
behilflich zu sein. Umgekehrt sucht Berenika Nikodemska neue
Kooperationspartner in Berlin für den Künstleraustausch. Die Berliner
Delegation kümmert sich.
Neben diesem Geschäft der alltäglichen Zusammenarbeit geht es auch um
Zukunftsperspektiven. Ein Beispiel dafür ist der Tanz. Im Rahmen des In
Between Festivals gastierten vergangenes Jahr 16 Tanzgruppen aus Berlin in
Breslau. Um diese Erfolgsgeschichte fortzusetzen, bedarf es aber neuer
Förderstrukturen, trägt Christophe Knoch, der Sprecher der Koalition der
Freien Szene in Berlin und Initiator des Festivals vor. „Tanzproduktionen
werden in Polen nur national vom Kulturministerium gefördert“, sagt er.
„Eine lokale Produktion mit lokalen Fördermitteln ist bisher nicht
möglich.“ Wenn die Stadt Breslau aber 100.000 Euro pro Jahr zur Verfügung
stellte, könnten vier bis sechs neue Produktionen entstehen. „Wrocław würde
damit ein Zeichen dezentraler Kulturförderung setzen und Partner
internationaler Tanzproduktionen werden können.“
Für die Stadt Breslau ist die Abhängigkeit von Geld aus Warschau ein
schwieriges Thema. Gerade erst hat der PiS-Kulturminister die staatlichen
Gelder für das Theaterfestival Dialog gestrichen, weil Breslau auch den
unliebsamen kroatischen Regisseur Oliver Frljic eingeladen hatte. Die
Finanzierungslücke wurde vom Goethe Institut Warschau gestopft. Eine eigene
Förderstruktur würde Breslau zwar unabhängiger von Warschau machen, wäre
aber auch teuer. Ein Beschluss dazu wurde am Dienstag nicht gefasst. Doch
das Kulturhauptstadtbüro hat großes Interesse an einer weiteren
Zusammenarbeit signalisiert.
Als Kulturhauptstadt hat sich Breslau 2016 als das „andere Gesicht“ Polens
gezeigt, als liberale Alternative zur nationalkonservativen Wende in
Warschau. Diesen Kurs behält die 630.000 Einwohner zählende Stadt bei. Es
ist allerdings unklar, wer die Stadt regieren wird, wenn im nächsten Jahr
die Wahlen zum Stadtpräsidenten anstehen. Rafał Dutkiewicz, der Breslau zu
einer weltoffenen Stadt gemacht hat, wird dann nicht mehr antreten. Es ist
ein erklärtes Ziel der PiS, die noch immer oppositionellen großen Städte
erobern zu wollen. Breslau, das vielen Nationalkonservativen als zu
deutschfreundlich gilt, wäre da ein Erfolg, wie er symbolischer nicht sein
könnte.
Für die Stadt ist eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Berlin also
ein Ritt auf der Rasierklinge. Zum einen macht man sich im kommenden
Wahlkampf angreifbar. Andererseits gibt es zur grenzüberschreitenden
Kooperation gar keine Alternative. Seit mehr als zehn Jahren gehört Breslau
neben Stettin und Posen zur so genannten Oderpartnerschaft. Die westlichen
Großstädte in Polen wissen, wie wichtig Tourismus, der Ausbau der
Verkehrswege, die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Berlin, Brandenburg,
Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind. Das zeigt auch das „gemeinsame
Zukunftskonzept für den deutsch-polnischen Verflechtungsraum“, das der
Stadtplaner Maciej Zathey gleich zu Beginn der Sitzung im Ratsclub
vorgestellt hat.
## Polnisch im Stadtschloss
Für beide Städte ist vor allem die Kultur das Medium, mit dem Berlinerinnen
und Berliner nach Breslau und umgekehrt gelockt werden sollen. Die
gemeinsamen Clubnächte zum Beispiel finden nun auch im Kulturzug statt, der
beide Städte an den Wochenenden verbindet. Die Ausstellung „Wrocław.
Gesichter einer Stadt“, die alte und neue Breslauer vorstellt, soll nun
auch in der Oderstadt gezeigt werden. Und wenn Berlin 2019 seine
Ausstellung im Humboldt-Forum eröffnet, könnten die Tafeln neben Deutsch
und Englisch auch Polnisch beschriftet sein. „Wir sind da im Gespräch“,
hieß es bei der Berliner Delegation.
26 Oct 2017
## AUTOREN
Uwe Rada
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