# taz.de -- Kommentar Rechte auf der Buchmesse: Ehrenwert, aber überfordert | |
> Rechte nutzten die Frankfurter Buchmesse als Bühne für antidemokratische | |
> Umtriebe. Die Veranstalter sollten endlich Konsequenzen ziehen. | |
Bild: Protest auf der Buchmesse | |
Es ging hoch her auf der Buchmesse in Frankfurt: Am Freitag schlägt ein | |
Zuhörer während einer Lesung am Stand der Jungen Freiheit einem | |
vorbeikommenden Mann ins Gesicht, nachdem dieser Kritik geäußert hatte. Am | |
Samstag dann richtet der neurechte Antaios Verlag mehrere Veranstaltungen | |
aus. Im Publikum: Mitglieder der Jungen Alternative, Aktivisten der | |
rechtsextremen Identitären Bewegung, Neonazis. Linke Protestler werden | |
bedrängt und beleidigt, ein Mann schlägt einem Beobachter das Handy aus der | |
Hand, Journalisten werden auf Schritt und Tritt verfolgt. Die Polizei | |
scheint überfordert. | |
Die Buchmesse reagiert auf diese Vorfälle mit einem Statement, das kaum | |
nichtssagender hätte ausfallen können: „Wir verurteilen jede Form der | |
Gewalt. Sie verhindert den Austausch von politischen Positionen. Wir werden | |
sie als Mittel der Auseinandersetzung nicht zulassen.“ Wenn die Buchmesse | |
von „Gewalt“ spricht, dann meint sie die Eskalation vom Wochenende. | |
Doch die Gewalt fängt früher an, nicht erst bei den hässlichen Szenen der | |
vergangenen Tage. Sie beginnt dort, wo sich eine Gruppe wie die Identitäre | |
Bewegung versammelt, die eine „Remigration“ fordert, also Menschen selbst | |
in Kriegsgebiete abschieben will. Oder die Junge Alternative, die mit dem | |
Hashtag #EinMittelmeerAbstand gegen Asylsuchende hetzt. Angesichts von | |
tausenden auf der Flucht ertrunkenen Menschen ist das nicht nur zynisch und | |
menschenverachtend. Aus solchen Worten spricht eine Gewalt, die in der | |
Mitteilung der Buchmesse keine Erwähnung findet. | |
Der Pluralismus, den die Organisatoren der Messe hochhalten, ist ein | |
ehrenwertes Ideal. Das Problem ist: Er funktioniert nicht gegenüber Leuten, | |
die diesen Pluralismus am liebsten abgeschafft sähen. Es geht den Rechten | |
nicht um eine Debatte, sondern darum, für ihr Projekt einer Gesellschaft | |
der Ungleichheit zu werben. | |
In Frankfurt konnte man gut beobachten, was passiert, wenn man den rechten | |
Antidemokraten eine Bühne bietet. Sie nutzen sie, und sie geben sie auch | |
nicht wieder her. Als der Direktor der Buchmesse dem Publikum von Antaios | |
die Auflösung der Veranstaltung bekanntgeben will, drückt der Verleger Götz | |
Kubitschek mehrfach dessen Megaphon weg. Die Menge johlt, unter Gebrüll und | |
Schmährufen verlässt der Chef der Buchmesse die Bühne. Kubitschek setzt die | |
Veranstaltung fort, er spricht abfällig über die Organisatoren der | |
Buchmesse – obwohl diese die Teilnahme des Antaios Verlages bis zum Schluss | |
verteidigt hatten. | |
Man werde darüber diskutieren, ob der Vorfall zwischen Kubitschek und dem | |
Direktor der Buchmesse Konsequenzen für den Antaios Verlag haben werde, | |
sagte eine Sprecherin der Buchmesse. Das bleibt zu hoffen. Sollten die | |
Rechten mit ihrem Auftritt am Samstag durchkommen, wäre das ein fatales | |
Signal: Es käme einer Kapitulation vor dem Mob gleich. „Die Frankfurter | |
Buchmesse lebt von der Vielfalt der Meinungen und ist ein Ort des freien | |
Dialogs“, heißt es in dem Statement. Wenn das so bleiben soll, müssen die | |
Verantwortlichen klar Position beziehen. | |
16 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Jonas Fedders | |
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