# taz.de -- Österreichs Grüne nach der Wahl: Abgeordnete packen Umzugskartons | |
> Nach ihrem Scheitern an der Vierprozenthürde treten die Bundessprecherin | |
> Ingrid Felipe und die Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek zurück. | |
Bild: Rückltritt: Die Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek (l.) und Bundessprecher… | |
WIEN taz | Mit ihren Rücktritten als Bundessprecherin bzw. | |
Spitzenkandidatin zogen Ingrid Felipe und Ulrike Lunacek Dienstag abend die | |
Konsequenz aus dem Wahldebakel. Mit 3,8 Prozent der Stimmen verfehlten | |
Österreichs Grüne am Sonntag die Vierprozenthürde und fliegen aus dem | |
Nationalrat. | |
Um das noch zu verhindern, müssten die Ökos bei den noch nicht ausgezählten | |
Briefstimmen auf 36 Prozent kommen. Das ist so utopisch, dass bereits am | |
Dienstag in den Fraktionsräumen die Umzugskartons gepackt wurden. Über | |
hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekamen ihre Kündigungsschreiben. | |
„Der Vorteil, den wir noch haben ist, dass wir sind in allen Landtagen | |
vertreten sind“, sagt der Fraktionschef im Wiener Stadtrat David Ellensohn | |
im Interview mit der taz: „Wir haben tausende Anhänger und Aktivisten“. | |
In fünf Ländern sind die Grünen sogar an Koalitionen mit ÖVP oder SPÖ | |
beteiligt. Trotz schlechter Umfragewerte hatte daher niemand mit einem so | |
katastrophalen Ergebnis gerechnet. | |
## Taktisches Kalkül | |
Wählerstromanalysen zeigen, dass ein Gutteil der Grün-Stimmen zu | |
Noch-Bundeskanzler Christian Kern von der SPÖ wanderten. Ein taktisches | |
Kalkül unter der Annahme, dass eine starke SPÖ vielleicht doch eine | |
Regierungsbeteiligung der FPÖ verhindern könnte. | |
Einen Teil der Wählerschaft, die den Grünen 2013 noch mehr als zwölf | |
Prozent beschert hatte, konnte Sebastian Kurz überzeugen. Und dann war da | |
noch Peter Pilz, der seine eigene Liste gründete weil die grüne Basis ihn | |
nicht auf den gewünschten vierten Listenplatz gewählt hatte. Mit Pilz im | |
Boot wäre der Totalabsturz nicht passiert. | |
Deswegen ist jetzt Fehleranalyse und Selbstkritik angesagt. Man wirke zu | |
belehrend, sagte der ehemalige Parteichef und Wiener | |
Gemeinderatsabgeordneter Christoph Chorherr in den Mitternachtsnachrichten | |
des ORF. Es habe sich ein „erhobener Zeigefinger“, eingeschlichen, weil man | |
die Welt verändern wolle. | |
Die Grünen haben sich den Ruf der humorlosen Besserwisser eingehandelt. Die | |
Nachfolgerinnen von Alexander Van der Bellen, hatten nicht dessen | |
schnoddrigen Charme, um ihre Botschaften unters Volk zu bringen. | |
## Sarkastische Parabeln | |
Und mit Peter Pilz, der seine Wortmeldungen gerne in sarkastische Parabeln | |
verpackt, verlor man einen Mann, der Witz hat und nicht nur die | |
traditionellen Grün-Themen ansprach. Dass er fast ohne Geld, ohne Programm | |
und mit geringerer Medienpräsenz auf Anhieb acht Abgeordnete ins Parlament | |
bringt, ist für die Grünen schwer verdaulich. | |
Noch nie ist es in Österreich einer abgewählten Partei gelungen nach einer | |
Legislaturperiode wieder ins Parlament einzuziehen. Die Grünen können jetzt | |
nur hoffen, dass ihre Bastionen in den Ländern nicht ebenso schnell | |
bröckeln, wie die Vertretung auf Bundesebene. Mehrere Regionalwahlen stehen | |
nächstes Jahr an. | |
18 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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