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# taz.de -- Volksentscheid zu Tegel: Müller lässt sich nicht beirren
> Die Mehrheit der Berliner will den Flughafen offenhalten. Der
> rot-rot-grüne Senat will das weiterhin nicht – aber nun mit Brandenburg
> und dem Bund darüber sprechen.
Bild: Regierungschef Müller (SPD, 3. v.r.) und seine Koalitionäre nach dem R2…
Ja, reden wir darüber, was werden soll mit dem Flughafen Tegel. Genauer
gesagt will Michael Müller (SPD) die Kanzlerin und seinen brandenburgischen
Ministerpräsidentenkollegen anschreiben und nachfragen, wie sie die
rechtliche Lage nun bewerten – Bund und Nachbarland sind ja Miteigner der
Flughafengesellschaft. Damit hat es sich für den Regierenden Bürgermeister
aber auch schon als Reaktion auf den Sieg der Offenhalter beim
Tegel-Volksentscheid. „Meine Position ist glasklar, die hat sich nicht
geändert seit gestern“, sagt Müller am Montagnachmittag im Roten Rathaus.
Vorangegangen war eine Sitzung des Koalitionsausschusses von SPD,
Linkspartei und Grünen.
56,1 zu 41,7 Prozent fürs Offenhalten hatte in der Nacht zum Montag das
Ergebnis gelautet. Sebastian Czaja, FDP-Fraktionschef und Mitinitiator des
Volksbegehrens, sprach schnell davon, Berlin habe „mit Herz und Verstand
entschieden“, und bot dem Senat an, man stehe ihm „jederzeit mit Rat und
Tat zur Seite“. Müller zeigt daran am Montag kein Interesse, er sieht nun
„eine neue Phase der Diskussion mit dem Votum der Berliner jenseits von
Herrn Czaja“.
Müller ist gespalten in der Bewertung des Resultats. Es sei ein klares
Ergebnis, gesteht er zu – um später zu wiederholen, was er schon eingangs
andeutete: „Ob es eine Niederlage ist, kann man diskutieren, wenn man
sieht, wo wir herkommen.“ Was daran erinnern soll, dass die Offenhalter
Mitte Juni noch bei 70 Prozent lagen.
Nichts hält Müller davon, als Konsequenz aus dem Volksentscheid die
gemeinsame Landesplanung mit Brandenburg aufzugeben –
Ex-Verfassungsgerichtspräsident Helge Sodan hat jüngst darauf hingewiesen,
dass sich der Landesentwicklungsplan zum 1. Januar 2021 kündigen lasse.
Dieser Plan ist die Grundlage für die bisherige Festlegung, dass der BER
einziger Flughafen der Region sein soll und Tegel zu schließen ist. „Das
hat Herr Sodan sehr seriös und gut dargestellt“, bestätigt Müller, aber das
sei nur eine juristische Möglichkeit. „Politisch brauchen wir als wachsende
Stadt doch eher viel mehr Zusammenarbeit.“
Bei seinem kurzen Statement ist Müller von fast einem Dutzend
Spitzenfunktionären von SPD, Linkspartei und Grünen umgeben, die Stimmung
drückt nicht gerade Auflösungserscheinungen aus: So sehr man bei anderen
Themen wie Wohnungsbau oder Videoüberwachung streitet, bei Tegel ist man
sich einig. „Hier hat nicht Michael Müller ganz alleine für die Schließung
von Tegel gekämpft, sondern es war die Koalition“, hat er zuvor im Radio
gesagt.
Mancher bei R2G sieht in dem Thema sogar den Kitt, der die Koalition
zusammenhalten könnte. Zusammenhalten auch gegen eine CDU, deren
Fraktionschef Florian Graf per Presseerklärung feststellt: „Die
unbeliebteste Landesregierung Deutschlands hat mit der Tegel-Abstimmung
eine ganz massive Niederlage erlitten.“
Für den Verein „Mehr Demokratie“ sind juristische Schwierigkeiten kein
Grund, den Volksentscheid zu ignorieren. „Auch wenn der Weg zur
Offenhaltung Tegels steinig sein mag, das Bürgervotum muss vom Senat ernst
genommen werden“, sagte ihr Landesvorstandssprecher Oliver Wiedmann, „der
nächste Schritt sollte nun eine gründliche rechtliche Prüfung sein.“ Die
hätte aus seiner Sicht schon beim Start des Volksbegehrens Ende 2015
passieren müssen.
Als Müller und seine Koalitionäre auseinandergehen, steht ihm eine absehbar
schwierigere Sitzung noch bevor, als Chef des abends tagenden
SPD-Landesvorstands. Denn in Berlin haben seine Sozis noch mehr verloren
als bundesweit – und da kann er noch nicht mal mit einem starken Endspurt
argumentieren.
25 Sep 2017
## AUTOREN
Stefan Alberti
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