# taz.de -- Zukunft des Flughafens Tegel: Die erwünschte Niederlage des Senats | |
> Die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg einigen sich auf die | |
> Schließung von Tegel. Die Opposition kritisiert, der Bürgerwille werde | |
> ignoriert. | |
Bild: SPD-Regierungschefs im Gegenwind: Dietmar Woidke (Brandenburg, links) und… | |
Selten, vielleicht noch nie hat man Michael Müller nach einer formalen | |
Abfuhr so gut gelaunt gesehen wie am Montagmittag bei einer Pressekonferenz | |
in Potsdam. Der Mann neben ihm, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar | |
Woidke (beide SPD), hatte ihm gerade in einer gemeinsamen Sitzung beider | |
Landesregierungen klargemacht, dass der Flughafen Tegel nach einer | |
BER-Eröffnung nicht geöffnet bleiben könne. | |
Als Berlins Regierender Bürgermeister müsste Müller das bedauern, | |
schließlich haben beim Volksentscheid in der Hauptstadt 56 Prozent der | |
Teilnehmenden genau dafür gestimmt. Als Tegel-Gegner aber ist Müller die | |
Zufriedenheit anzusehen: Er hat es probiert, die anderen wollten eben nicht | |
– vor Brandenburg, das wie Berlin 37 Prozent der Flughafengesellschaft | |
besitzt, hatte schon der Bund, dem 26 Prozent gehören, abgewinkt. | |
Hauptargument: große juristische und finanzielle Risiken, zudem die | |
Sichtweise, dass der BER nur als alleiniger Standort funktionieren kann. | |
Die gemeinsame Kabinettsitzung hatte der Senat bereits zwei Tage nach dem | |
Volksentscheid vom 24. September angekündigt: Da werde man direkt über das | |
Thema Tegel sprechen. Dass Brandenburg am BER, wie schon 1996 vereinbart, | |
als einzigem großem Flughafen der Region festhalten will, war von Woidke | |
inzwischen schon mehrfach zu hören. | |
Nun aber gab es die Absage auch von Angesicht zu Angesicht. Müller sei ohne | |
ein „Berlin will Tegel halten“ nach Potsdam gefahren, kritisierte schnell | |
FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja, der den Volksentscheid maßgeblich auf | |
den Weg gebracht hatte. Stattdessen tue er erneut die Entscheidung einer | |
Million Berliner „mit den üblicher Phrasen verächtlich ab“. Müller | |
ignoriere den Bürgerwillen, polterte auch CDU-Fraktionschef Florian Graf. | |
Was Müller in Potsdam sagte, war Folgendes: „Wir reden über ein Thema, das | |
viele Berliner bewegt, das aber nicht nur auf Berliner Ebene zu lösen ist.“ | |
Dass es in Brandenburg eine andere Haltung gebe, „müssen nun auch die | |
Initiatoren des Volksentscheids akzeptieren.“ | |
Keine Rolle soll die zuvor kolportierte Variante gespielt haben, | |
Brandenburg könne bei Tegel nachgeben, wenn Berlin ein längeres | |
Nachflugverbot am BER akzeptiere. Denn bei diesem Thema war vor vier Jahren | |
die Lage genau andersherum: Da hatte der Brandenburger Landtag ein | |
Volksbegehren übernommen, sich für Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr statt nur von | |
0 bis 5 Uhr einzusetzen. | |
Damals war es Berlin, das sich noch nicht mal auf die abgespeckte | |
Ruhevariante von 0 bis 6 Uhr einlassen mochte – woraufhin der | |
brandenburgische Finanzminister kritisierte, Berlin habe mit dieser | |
Ablehnung „der direkten Demokratie schwer geschadet“. Immerhin einigten | |
sich beide Landesregierungen nun darauf, dass die Flughafengesellschaft | |
prüfen soll, ob die Ausweitung um eine Stunde tatsächlich mit den damals | |
angeführten großen Einnahmeeinbußen verbunden wäre. | |
Müller verwies zwar darauf, dass der vom Senat eingesetzte Gutachter, | |
Ex-Bundesrichter Stefan Paetow, weiter prüfe, ob es juristisch überhaupt | |
möglich ist, von der Beschlusslage von 1996 abzurücken und Tegel | |
offenzuhalten. Ergebnisse sollen angeblich im Januar vorliegen. Doch eine | |
Kündigung der gemeinsamen Landesplanung mit Brandenburg, wie sie die | |
Opposition im Abgeordnetenhaus fordert, „das wird es mit mir nicht geben“. | |
Nicht weniger, sondern mehr gemeinsame Planung ist aus Müllers Sicht nötig. | |
6 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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