# taz.de -- Besetzung der Berliner Volksbühne: Theater für alle | |
> Seit Freitag besetzt „Staub zu Glitzer“ die Berliner Volksbühne. Das | |
> Künstlerkollektiv erhält Unterstützung von Gentrifizierungsgegnern und | |
> Kuratoren. | |
Bild: Doch Kunst? Die Berliner Volksnühne ist seit Freitag vom Künstlerkollek… | |
Seit Freitag säumt ein blaues Banner den Eingang der Berliner Volksbühne. | |
„Doch Kunst“, steht darauf geschrieben. Angebracht hat es ein etwa | |
50-köpfiges Künstlerkollektiv, das sich „Staub zu Glitzer“ nennt – und … | |
die Volksbühne seither besetzt hält. Mit einer „kollektiven, transmedialen | |
und mimetischen Theaterinszenierung“ nehme man das Haus in Besitz, erklärt | |
eine Sprecherin am Abend unter Applaus. | |
Ganz überraschend kommt das Kapern nicht. Der kürzliche Intendanzwechsel – | |
25 Jahre Frank Castorf sind passé, der Belgier Chris Dercon leitet das | |
Theater de jure seit dem 1. August – hatte zu einem Kulturkampf in Berlin | |
geführt. Castorf-Anhänger sehen in der Regentschaft Dercons ein Symbol für | |
Eventisierung und neoliberale Politik. Man warf dem neuen Intendanten, zum | |
Teil zu Unrecht, Stellenabbau im Bereich des Ensembles und einen Rückbau | |
des Repertoiretheaters vor. Zuletzt forderten 40.000 Menschen per Petition, | |
die Zukunft der Bühne neu zu verhandeln. | |
Mit „Staub zu Glitzer“ hat nun eine Gruppe die Bühne besetzt, die nur zu | |
einem geringen Teil aus dem alten Volksbühnen-Tross besteht. Sie beschreibt | |
sich als queer und antikapitalistisch, Unterstützung erhält sie von | |
Antigentrifizierungsinitiativen, Kuratoren und Akteuren der Berliner | |
Clubszene. Angestrebt wird laut Manifest eine „zweijährige kollektive | |
Interims-Intendanz“, ein „Forum für Stadtentwicklung“ und ein | |
„Wohnungslosenparlament“ soll entstehen. Alle können mitmachen. | |
„Doch Kunst“? Geht’s überhaupt um Kunst? Sarah Waterfeld, Autorin und | |
ehemalige Mitarbeiterin der Linkspartei, gehört dem Kollektiv an. Sie sagt, | |
es gehe um die kuratorische Ausgestaltung des Orts. Ab nächster Woche werde | |
Programm entwickelt. Sie sei „sehr zuversichtlich“, dass sich einige | |
namhafte Regisseure aus der Castorf-Ära wie René Pollesch beteiligten. | |
Berlins Kultursenator Klaus Lederer drängt darauf, dass die Besetzer | |
freiwillig gehen. In Verhandlungen vor Ort hat er ein Ersatzgebäude in | |
Aussicht gestellt – bislang ohne Erfolg. Chris Dercon erklärte am Sonntag, | |
die Anliegen der Besetzer verurteile man nicht, der Akt der Übernahme aber | |
sei verantwortungslos und nicht tolerierbar. Die Politik müsse jetzt „ihrer | |
Verantwortung nachkommen und handeln“. | |
Unter den Unterstützern sind auch Bands wie die Beatsteaks und Tocotronic. | |
Dirk von Lowtzow schrieb der taz: „Ich bin bislang nur Beobachter der | |
Operation, habe aber große Sympathie für die Träume und Taten der | |
Besetzer*innen und für ihre Performance. Die Volksbühne war – wie für so | |
viele Menschen – auch für mich ein magischer Ort, ihre Abwicklung habe ich | |
als zynisch und perfide empfunden.“ | |
Dercon inszeniert übrigens gerade seine ersten Stücke an einer externen | |
Spielstätte: Zur Eröffnung gab es eine Tanzperformance auf dem ehemaligen | |
Flughafen Tempelhof. Sie war offen für alle, 13.000 Menschen, kamen, sahen | |
und tanzten – also auch Theater für alle. Von November an will Dercon dann | |
im Stammhaus inszenieren. Wenn man ihn lässt. | |
24 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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