# taz.de -- Hausbesuch in der besetzten Volksbühne: Neue Möbel für den Aware… | |
> Das Theater bleibt trotz Ultimatums weiter besetzt. Intendant Dercon sagt | |
> geplante Proben ab. Im Hintergrund wird weiter verhandelt. | |
Bild: Sieht auf den ersten Blick vielleicht nicht so aus, sind aber alles sehr … | |
„Wir wollen ja kein Bedrohungsszenario aufbauen“, sagt Victor, als er auf | |
die vielen blauen Müllsäcke deutet, die er mit seinen Mitstreitern bis | |
jetzt befüllt hat. Fast drei Tage dauert die illegale Besetzung der | |
Volksbühne nun. Hunderte Besucher haben am Wochenende das Haus belebt, an | |
dem nun Banner kleben, auf denen „Alles Allen“ steht oder „Make Berlin ge… | |
again“. Sie haben getanzt, geredet, dort geschlafen. Der Kern der Truppe, | |
die ausgesprochen studentisch wirkt, macht auch an diesem verkaterten | |
Montagmittag keine Anstalten, das Feld zu räumen. | |
Und das, obwohl Intendant Chris Dercon am Samstag hatte verlauten lassen, | |
die Besetzung sei nicht hinnehmbar, die Politik müsse handeln, er wolle die | |
Proben am Montag wieder aufnehmen. Und obwohl sich selbst Kultursenator | |
Klaus Lederer (Linke) gegen die Besetzer ausgesprochen hat, wo ihm die | |
Forderungen der Besetzer doch einigermaßen aus dem Herzen sprechen dürften. | |
„Wir fordern zwar den Rücktritt von Chris Dercon, aber eigentlich ist er | |
uns egal“, sagt Victor. Es gehe um viel mehr als die Intendantenfrage, die | |
seit April 2015 die Stadt in Aufregung hält. Man betrachte die Volksbühne | |
als eine Art öffentlichen Raum, der hinter dem Rücken der Öffentlichkeit | |
verhandelt worden sei. Sie sei ein Symbol für die Entwicklung der Stadt. | |
Es gehe um die schwindenden Freiräume in Berlin, um all die prekären | |
Existenzen, die sich nur unter immer größeren Mühen hier halten können. | |
„Wem gehört die Stadt? In welchen Verhältnissen wollen wir arbeiten, wohnen | |
und wirken?“ Die Besetzer schlagen vor, dass die Volksbühne dem Volk | |
gehören soll, von einem hierarchiefreien Kollektiv verwaltet. | |
Die Leute, die Viktor unterwegs zu kurzen Lagebesprechungen über den Müll | |
oder die Staubsauger anhalten oder einfach nur per Handschlag begrüßen, | |
wirken freundlich, ja höflich. Sie nennen sich „Staub zu Glitzer“ – aber | |
der Name führt in die Irre. In ihren Strickpullovern und mit ihren weichen, | |
müden Gesichtern erinnern sie weniger an Techno, Berghain oder Rigaer | |
Straße als an studentische Cafés in der Uni, wo es günstigen Filterkaffee | |
gibt. | |
Im Foyer krabbelt ein Baby herum, während seine Mutter die Treppen kehrt. | |
Hinter dem Baby hängt ein „No Smoking“-Schild an der Wand. Ein junger Mann | |
berichtet von Möbeln, die demnächst für den „Awareness-Raum“ eintreffen, | |
damit es gemütlicher wird. | |
Gerade hat Intendant Chris Dercon die Proben abgesagt, die am Montag hier | |
hätten stattfinden sollen. Stattdessen verhandelt er wieder mit dem Senat. | |
Später will er noch mal kommen, um mit den Besetzern zu sprechen. Sicher | |
wird er nicht seinen Rücktritt anbieten. Ebenso wird er nicht mit der | |
Räumung drohen, das hat der Senat den Besetzern versprochen. Da muss wohl | |
rasch eine kreative Lösung her. | |
25 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Berliner Volksbühne | |
Besetzung | |
Klaus Lederer | |
Chris Dercon | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Volksbühne | |
Klaus Lederer | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Volksbühne | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Räumung der Volksbühne: Ein einmaliges Experiment | |
Es war das Theater-Event des Jahres: die Besetzung der Volksbühne. Schade, | |
dass sich die Berliner Politik keine Mühe machte, es zu verstehen. | |
Besetzung der Volksbühne beendet: Glitzer zu Staub zu Glitzer | |
Die Besetzer der Volksbühne stritten nächtelang mit Berlins Kultursenator | |
über die Zukunft des Ostberliner Theaters. Am Donnerstag wurde geräumt. | |
Besetzte Volksbühne: Berlin gegen Nichtberlin | |
Verwirrung herrscht im Haus: Braucht die Volksbühne Berlin statt Chris | |
Dercon eine „Kollektivintendanz“, wie sie ihren Besetzern vorschwebt? | |
Besetzte Volksbühne II: „Hier ist absolut keine Gefahr in Verzug“ | |
Pressesprecherin Sarah Waterfeld äußert sich zu den Zielen der Besetzer und | |
zur Aussage von Kultursenator Klaus Lederer (Linke), er wolle Deeskalation | |
Besetzte Volksbühne: Der Oranienplatz der Kultur | |
Der Senat ist sich angeblich einig, die Besetzung des landeseigenen | |
Theaters zu beenden. Nicht ganz einig ist man sich aber offenbar, wie viel | |
Druck man ausüben will. | |
In der besetzten Volksbühne in Berlin: Ist denn hier gar nichts mehr heilig? | |
Die Party ist in vollem Gang, Polizei ist nicht zu sehen – man hofft auf | |
den Selbstzerstörungstrieb des Menschen. Eine Ortsbegehung in der besetzten | |
Volksbühne. | |
Besetzung der Volksbühne: Klaus Lederer und das linke Dilemma | |
Lässt Lederer räumen, brüskiert er jene Kulturszene, die zur Basis seiner | |
Partei gehört. Lässt Lederer die Besetzer gewähren, riskiert er eine Krise | |
von Rot-Rot-Grün. | |
Besetzung der Berliner Volksbühne: Theater für alle | |
Seit Freitag besetzt „Staub zu Glitzer“ die Berliner Volksbühne. Das | |
Künstlerkollektiv erhält Unterstützung von Gentrifizierungsgegnern und | |
Kuratoren. | |
Besetzte Volksbühne in Berlin: Hitzige Debatten über das Morgen | |
Bleiben? Gehen? Räumen? Mehrere hundert Menschen diskutieren in dem | |
besetzten Theater bis 3 Uhr morgens mit dem Kultursenator. |