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# taz.de -- Besetzte Volksbühne II: „Hier ist absolut keine Gefahr in Verzug…
> Pressesprecherin Sarah Waterfeld äußert sich zu den Zielen der Besetzer
> und zur Aussage von Kultursenator Klaus Lederer (Linke), er wolle
> Deeskalation
Bild: So sieht sie aus, die Volksbühne seit ihrer Besetzung am Freitagnachmitt…
taz: Frau Waterfeld, Sie und Ihre Mitstreiter besetzen seit nun Tagen die
Volksbühne. Was wollen Sie?
Sarah Waterfeld: Das Projekt Menschheit sollte auf eine andere Zukunft
hinauslaufen. Wir finden, es ist nicht hinnehmbar, wie in dieser Stadt die
Freiräume schwinden.
Spricht da eine Sehnsucht nach den goldenen 90ern in Berlin aus Ihnen?
Das ist mir zu platt. Auch in den 90ern hat Deutschland Krieg geführt, und
es herrschte Kapitalismus. Selbst wenn es hier vieles gab, was toll war.
Sind Sie nicht zu jung, um das miterlebt zu haben?
Wir sind ein heterogenes Bündnis. Um mal bei mir zu bleiben: Ich habe einen
15-jährigen Sohn und eine 10-jährige Tochter. Ich habe an der Uni Potsdam
transmediale Strategien politischer Interventionen gelehrt. Ich stehe mit
beiden Beinen im Leben und weiß, was ich hier tue.
Wie finden Sie die Aussage von Kultursenator Klaus Lederer vom Dienstag,
dass er keine Konfrontation mit Ihnen will?
Wir interpretieren dies so, dass er unsere Besetzung vorläufig und bis zum
Beginn der Spielzeit an der Volksbühne duldet. Das ist ein schöner erster
Schritt.
Schritt wohin?
Wir möchten hier dauerhaft eine kollektive Intendanz installieren. Im
Grunde sind wir nur Menschen, die diese Welt gestalten und zu einem
besseren Ort machen wollen.
Klaus Lederer sagt auch, dass er Deeskalation anstrebt …
Hier ist absolut keine Gefahr in Verzug. Natürlich gab es auch unangenehme
Situationen. Ich habe am Freitagabend, kurz nach der Besetzung, eine halbe
Stunde Tür gemacht. Danach war ich zehn Jahre älter. Da draußen standen
2.000 Leute, die nicht verstanden haben, dass sie nicht reindürfen. Wir
wollten aber nicht gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen und haben
höchstens 500 Leute auf einmal reingelassen. Wir wollen dieses
denkmalgeschützte Gebäude schützen.
Am Dienstag hatten Sie erste Gespräche mit alten Mitarbeitern. Wie war das?
Wir haben sie gefragt, ob sie hier gern ihre Repertoirestücke zeigen wollen
– und das wollen sie. Aber ich muss ein wenig ausholen. Als wir am Freitag
ankamen, haben wir die Mitarbeiter informiert, dass sie ihren Job
gefährden, wenn sie sich öffentlich positiv über die Besetzung äußern.
Inzwischen laufen nach und nach immer mehr Leute durchs Haus und fragen uns
beispielsweise, wie wir Chris Dercon so etwas antun können. Da müssen wir
dann vieles klarstellen.
Was zum Beispiel?
Ich habe Dercon persönlich am 23. August getroffen und ihn darüber
informiert, dass das hier passieren wird, warum es passieren wird, und dass
wir ihn nicht persönlich angreifen wollen. Ich habe ihm gesagt, dass wir
gern weiter darüber sprechen können. Ehrlich gesagt habe ich damit
gerechnet, dass er sich meldet. Er hatte vier Wochen Zeit dafür.
Wieso hat er die Türen nicht gesichert?
Die Türen waren verschlossen, wir mussten ein Schloss zerstören, das wir
selbstverständlich ersetzen werden.
Dercon hätte Türsteher postieren können.
Entweder er hat uns nicht ernst genommen oder er versteht doch, was hier
passiert.
Haben Sie Unterstützer aus seinem Kreis?
Gestern Abend kam Mohammed Alatar her, der ja am Samstag in Tempelhof
Premiere feiert. Darüber haben wir uns sehr gefreut. Wir haben ihm
angeboten, am Samstag seine Premierenfeier hier auszurichten. Er will
darüber nachdenken.
Wie geht es jetzt weiter?
Wir schlagen eine Interimsintendanz von zwei Jahren vor, um mit Stadt,
Senat, Mitarbeitern und Künstlern ein Konzept für die Volksbühne zu
entwickeln.
26 Sep 2017
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Berliner Volksbühne
Chris Dercon
Frank Castorf
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