# taz.de -- Großdemonstration in Barcelona: Massenhaft gegen Madrid | |
> Am Montag gibt es in Barcelona eine Großkundgebung zur Unterstützung des | |
> Unabhängigkeitsreferendums. Das will Spaniens Regierung verhindern. | |
Bild: Werben für das „Ja“ – eine Hauswand in Sabadell, Katalonien | |
Barcelona taz | Hunderttausende Menschen wurden am Montagabend zu einer | |
Großkundgebung im Herzen der katalanischen Hauptstadt Barcelona erwartet. | |
Auf vier Straßen wollten sie ein riesiges Pluszeichen bilden – als Symbol | |
für „die Möglichkeiten eines neuen Kataloniens“. | |
Es war der sechste Nationalfeiertag (Diada), seit die katalanische | |
Regierung zusammen mit einer breiten Bürgerbewegung den Prozess hin zur | |
Unabhängigkeit ausgerufen hat. Dieses Jahr sei es, so die Veranstalter, die | |
„Diada des Ja“: Am 1. Oktober sollen die Katalanen – so die Regierung in | |
Barcelona – über ihre Unabhängigkeit von Madrid abstimmen. Die spanische | |
Regierung will dies um jeden Preis verhindern. | |
Vergangene Woche hatte das spanische Verfassungsgericht auf Antrag der | |
konservativen Regierung in Madrid das von der katalanischen | |
Autonomieregierung angesetzte Referendum über die Unabhängigkeit verbieten | |
lassen. | |
„Es wird kein illegales Referendum geben“, versichert die Regierung von | |
Mariano Rajoy in Madrid immer wieder. Der Ministerpräsident hat ein | |
Krisenkabinett eingesetzt. Ihm gehören die Vizepräsidentin Soraya Saénz de | |
Santamaria, der Innen-, Justiz- und Finanzminister sowie der Chef des | |
militärischen Geheimdienstes CNI an. Der CNI soll zusammen mit dem | |
Geheimdienst der Polizeieinheit Guardia Civil die Urnen für den Wahlsonntag | |
aufspüren und beschlagnahmen lassen. Außerdem sollen die Geheimdienste | |
Druckereien und andere Unternehmen suchen, die für das Referendum | |
notwendige Arbeiten ausführen. Am Wochenende durchsuchte die Guardia Civil | |
die Redaktionsräume einer lokalen Wochenzeitung in Valls, im Süden | |
Kataloniens nach Stimmzetteln. | |
Ob der Krisenstab letztendlich den Verfassungsartikel 155 anwendet, der es | |
Madrid ermöglicht, direkt in einer rebellischen Region zu regieren und | |
eigene Polizeikräfte und im Ernstfall gar die Armee zu entsenden, darüber | |
schweigt sich die Regierung Rajoy weiterhin aus. Allerdings debattiert das | |
Verfassungsgericht, so Presseinformationen, ob es die katalanische | |
Autonomieregierung wegen „Gehorsamsverweigerung“ des Amtes entheben kann. | |
## Die Sozialisten unterstützen das Referendum nicht | |
„Nur das katalanische Parlament kann die katalanische Regierung des Amtes | |
entheben, es gibt keine andere politische oder juristische Instanz, die das | |
machen kann“, bekräftigt der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont | |
in seiner offiziellen Ansprache zum Nationalfeiertag. Das Referendum sei | |
legal, da es auf Gesetzen des katalanischen Parlamentes beruhe, versichert | |
er und lässt die Abstimmung für den 1. Oktober weiter vorbereiten. | |
Über 20.000 freiwillige Helfer sollen sich bereits für den Wahltag | |
eingeschrieben haben. Mehr als 700 der 960 katalanischen Gemeinden | |
bestätigten bisher, dass sie die üblichen Wahllokale öffnen werden. | |
Allerdings gilt dies nicht für einige große Städte, die in Hand der | |
Sozialisten sind. Sie weigern sich, das Referendum zu unterstützen. Das | |
gleiche gilt für die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau. Sie erkennt | |
zwar das Recht der Bürger an, sich zu mobilisieren und frei zu entscheiden, | |
will aber ihre Gemeindebeamten nicht der Strafverfolgung durch Madrid | |
aussetzen. Sie fordert die Autonomieregierung auf, eine Alternative zu | |
suchen und eine Volksabstimmung mit Garantien mit der spanischen Regierung | |
auszuhandeln. | |
Colau hielt am Morgen der Diada in Santa Coloma zusammen mit dem Chef ihrer | |
Partei Catalunya en Comù, Xavier Domènech, und dem Vorsitzenden von | |
Podemos, Pablo Iglesias, eine Großkundgebung ab. Das Motto: „Für ein | |
souveränes, vielfältiges und mutiges Katalonien“. Die drei Redner | |
verurteilten die Haltung und das Vorgehen Madrids scharf. En Comù und | |
Podemos wollen eine dritten Weg. Zwar unterstützen sie den Wunsch nach | |
Unabhängigkeit nicht, verlangen aber eine Volksabstimmung im Einvernehmen | |
zwischen Katalonien und Madrid. Rund drei Viertel der Katalanen sehen dies | |
in Umfragen ebenso, egal wie sie anschließend stimmen wollen. | |
Podemos ist damit die einzige politische Kraft im spanischen Parlament, die | |
einen eigenen Weg geht. Die Sozialisten (PSOE) und die rechsliberalen | |
Ciudadanos stellen sich hinter Rajoy. Auch sie wollen alles dafür tun, dass | |
die Katalanen nicht abstimmen können. | |
11 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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