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# taz.de -- Sezessions-Referendum in Katalonien: Der Traum von der linken Repub…
> Der Terror in Spanien hat den Streit über die Unabhängigkeit Kataloniens
> nur kurz unterbrochen. Das Referendum spaltet die Linke.
Bild: Ob für oder gegen die Unabhängigkeit: Trauernde in Barcelona nach dem A…
Barcelona taz | Für ein paar Stunden waren Anna Gabriel und Rafael Arenas
vereint – in Sorge. Leben meine Verwandten und Freunde noch? Sind sie
unverletzt? Solche Fragen beschäftigten sie nach den islamistischen
Attentaten am 17. und 18. August in Katalonien. Einen Moment lang
unterbrach Gabriel – eine Abgeordnete des katalanischen Parlaments – ihr
Werben für die Unabhängigkeit der Region im spanischen Nordosten. Und
Arenas, ein Pro-Spanien-Aktivist, sorgte sich um seine Lieben, nicht um die
territoriale Einheit der spanischen Nation.
Am Samstag wollen wieder Tausende in Barcelona gegen den Terror
demonstrieren. „Ich habe keine Angst!“, werden sie rufen auf dem Boulevard
Passeig de Gràcia mit seinen prachtvollen Jugendstilgebäuden.
Auch Spaniens König wird dabei sein. Doch die Attentate haben nichts daran
geändert, dass Gabriel und Arenas zerstritten sind – so wie ganz Katalonien
gespalten ist. Im Gegenteil: Der Monarch dürfe die Demonstration nicht
anführen, forderte Gabriels Fraktion „Kandidatur der Volkseinheit“, kurz
CUP. Arenas glaubt, die Sezessionsbewegung sei mitverantwortlich dafür,
dass die Sicherheitskräfte der Region und der Zentralregierung schlecht
zusammengearbeitet hätten.
Dabei haben Gabriel und Arenas eine Menge gemein: Beide haben Jura
studiert; als Professor für internationales Privatrecht war er ihr Dozent.
Beide sind dafür, das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen und mehr
Flüchtlinge aufzunehmen. Sie sind dagegen, Arbeitnehmerrechte abzubauen und
das Gesundheitssystem zu privatisieren. Anna Gabriel und Rafael Arenas sind
beide links.
## Kein Konsens in Sicht
Doch in der Diskussion über die Unabhängigkeit kämpfen sie seit Monaten so
unerbittlich gegeneinander wie noch nie. Denn Gabriels CUP bereitet
gemeinsam mit der von einem Konservativen geführten katalanischen Regierung
ein Referendum vor. Am 1. Oktober wollen sie die Wahlberechtigten der
Region fragen, [1][ob Katalonien eine eigene Republik werden soll.] Falls
die Mehrheit zustimmt, soll [2][zwei Tage nach Bekanntgabe des Ergebnisses
die Abspaltung] von Spanien erklärt werden – auch gegen den Willen der
Zentralregierung in Madrid.
Arenas argumentiert dagegen, zum Beispiel als Gastkommentator [3][in der
New York Times]. Ein Jahr lang war er Präsident der Vereinigung
„Katalanische Zivilgesellschaft“, die die wichtigste überparteiliche
Organisation der Unabhängigkeitsgegner ist.
Mit Geld- und Haftstrafen droht derweil die spanische Staatsanwaltschaft
Politikern und Beamten, die das Plebiszit vorbereiten. Die Polizei führt
schon Verhöre durch. Doch die Regionalregierung in Barcelona gibt sich
unbeugsam und entwirft sogar [4][Gesetze, die die Details der Loslösung von
Madrid regeln sollen]. Wenn das Referendum trotz des Drucks tatsächlich
stattfindet, könnte Madrid der militärisch organisierten Polizeieinheit
Guardia Civil befehlen, die Urnen einzusammeln. Nicht auszudenken, was
passieren würde, falls sie dabei auf Widerstand stieße.
Und das mitten in einem der größten EU-Länder und in einer wirtschaftlich
bedeutenden Region, mit Barcelona und der Costa Brava, die Deutsche als
Urlaubsziel kennen. Der Streit in Katalonien betrifft vor allem deshalb
auch Deutschland, weil die Regionalregierung will, dass der neue Staat in
die Europäische Union und die Eurozone aufgenommen wird. Berlin hätte ein
Vetorecht.
Wenn Katalonien mit seinen [5][7,4 Millionen Einwohnern] unabhängig würde,
könnten auch andere Minderheiten sich ermutigt fühlen, den gleichen Weg zu
gehen. Separatisten gibt es etwa unter den Basken in Spanien und
Frankreich, den Schotten in Großbritannien, den Südtirolern in Italien oder
den Ungarn in der Slowakei, Rumänien und Kroatien. Es drohen wieder Dispute
um Grenzen in Europa.
Warum unterstützt dann eine Linke wie [6][Anna Gabriel] die
nationalistische Bewegung in Katalonien? Sie lächelt, als sie diese
Frage hört. Die 41-Jährige ist Sprecherin der CUP-Parlamentsfraktion. Die
Gruppe hat zwar bei der letzten Wahl nur [7][8 Prozent der Stimmen]
erhalten und ist nicht Teil der Regierung, aber lediglich dank Stimmen aus
ihren Reihen konnte der Konservative Carles Puigdemont
[8][Ministerpräsident werden].
Gabriel sitzt – sehr aufrecht – in ihrem kleinen Büro im Keller des
Parlaments in Barcelona. An der Wand hinter ihr hängt ein „Free
Kurdistan“-Plakat. Sie trägt ein schwarzes T-Shirt, einen kurzen Pony,
einen großen Metallring in dem einen, vier Ringe in dem anderen Ohr.
„Ich komme aus einer Arbeiterfamilie“, erzählt sie. Ihre Eltern hätten
immer ein „großes Klassenbewusstsein“ gehabt. Gewerkschaften, Anarchismus,
Kommunismus, das waren Themen in ihrer Familie. „Schon als ich klein war,
haben wir sehr viel über Politik geredet. Und immer im Geist, Gerechtigkeit
zu suchen.“
Gabriel ist zu dem Schluss gekommen: „Wenn du mehr Rechte für
Arbeiterinnen, mehr Kontrolle über die Wirtschaft und mehr Souveränität für
das Volk erreichen willst, ist das im Rahmen des spanischen Staats
unmöglich.“
Die Abspaltung könne mehr soziale Gerechtigkeit bringen, denn in Katalonien
gebe es eine Mehrheit dafür – anders als im restlichen Spanien. Das ist
Gabriels Hoffnung. Für sie ist die katalanische Unabhängigkeit vor allem
ein Mittel, um „den Weg zum Sozialismus einzuschlagen“, wie es im
[9][Wahlprogramm der CUP] heißt.
Vor Kurzem hat Gabriel ein [10][Plakat der CUP] für das Referendum in die
Kameras gehalten, das diese Strategie auf den Punkt bringt: Darauf schubst
eine Putzfrau mit einem großen Besen den spanischen König, der Korruption
verdächtige Politiker, den Präsidenten der Zentralregierung, einen
Stierkämpfer und einen Kardinal von einer Karte Kataloniens. „Lasst uns den
Kapitalismus, das Patriarchat, die Korruption und die Monarchie
hinwegfegen“, sagen Gabriel und ihre Mitstreiter. Sie verspricht: „Die
Unabhängigkeit ist dazu da, alles zu ändern.“
Dem Königshaus und der Zentralregierung wirft Gabriel sogar vor, eine
Mitschuld an dem Doppelanschlag in Katalonien zu tragen. Spanien sei
schließlich für den Irakkrieg 2003 gewesen, der dazu beigetragen hat, dass
der „Islamische Staat“ entstanden ist. Und der König sei mit Monarchen in
Golfstaaten befreundet, die die Terrororganisation finanzierten.
Im Programm der CUP stehen so radikale Forderungen wie die 30-Stunden-Woche
oder dass Staatsschulden nicht bezahlt werden sollen. Die klassische
Familie bezeichnet Anna Gabriel als „arm“. Sie würde Kinder lieber [11][im
Kollektiv] aufziehen, so dass sie kein Zugehörigkeitsgefühl zu den
biologischen Eltern entwickeln.
Das katalanische Parlament tagt zwei Stockwerke über Gabriels Büro in einem
kleinen, aber prächtigen Saal aus dem 18. Jahrhundert. Drei voluminöse
kugelförmige Kronleuchter hängen an der Decke, an den Seiten stehen
Doppelsäulen aus Marmor. Die Abgeordneten sitzen auf Holzbänken mit roten
Polstern.
Ende Juli 2015 drückte hier die [12][Mehrheit] der Parlamentarier –
inklusive der CUP – die grünen Knöpfe in der Bank vor ihnen. Sie
beschlossen, dass leerstehende Wohnungen von Banken an Arme vermietet
werden müssen. Gabriel ist sehr stolz darauf. Doch [13][dieses Gesetz] hob
das spanische Verfassungsgericht wieder auf, weil die Region damit
[14][ihre Kompetenzen überschreite]. Für Gabriel ist die Episode ein Beleg
dafür, dass mit Spanien kein gesellschaftlicher Fortschritt zu machen sei.
Unumstritten ist, dass die Unabhängigkeitsbewegung vor allem wegen der
Wirtschaftskrise ab 2007 und den Massenprotesten 2011 gegen die
Sparmaßnahmen, die Arbeitslosigkeit und die Korruption an Fahrt gewonnen
hat. Doch wie groß ist die Chance auf eine linkere Politik in einem
unabhängigen Katalonien wirklich?
Um das zu erfahren, kann man von Barcelona aus an der Küste 110 Kilometer
nach Westen in die Nähe der Stadt Tarragona fahren. Hier entsteht auf einer
Fläche von [15][mehr als 74 Hektar] direkt am Mittelmeer ein gigantischer
Komplex aus Spielcasinos, Hotels und Geschäften – ein mediterranes Las
Vegas. Der Hard-Rock-Café-Konzern aus den USA will dort [16][1.200
Glücksspielautomaten und 100 Spieltische] für Poker und Ähnliches aufbauen.
Gelockt hat die katalanische Regionalregierung potenzielle Investoren mit
großzügigen Steuerermäßigungen.
„Das ist das Gegenteil von einer fortschrittlichen, linken Politik“, sagt
Rafael Arenas, der ehemalige Juraprofessor von Gabriel. Er will zwar auch
mehr soziale Gerechtigkeit, aber seine Forderungen sind moderater. Er ist
50, also fast zehn Jahre älter als Gabriel, hat einen kurzgeschnittenen
Vollbart und trägt ein frisch gebügeltes, weißes Hemd. Arenas hat drei
Kinder – von derselben Frau, mit der er den Nachwuchs auch noch gemeinsam
aufzieht.
Dass die Separatisten im katalanischen Parlament das Casinoprojekt nicht
gestoppt oder dessen Steuerbefreiung gestrichen haben, zeigt Arenas: „In
den Bereichen, wo Katalonien Gesetzgebungskompetenz hat, haben die
Unabhängigkeitsbefürworter fast nichts gemacht.“ Sie hätten auch nicht die
Beteiligung von Privatunternehmen am Gesundheits- und am Bildungswesen
zurückgedrängt.
Aber hat das katalanische Parlament nicht tatsächlich progressive Gesetze
beschlossen? „Sie wussten, dass diese Beschlüsse aufgehoben werden, weil
sie nicht in die Zuständigkeit der Region fielen“, antwortet Arenas. Wären
sie wirklich durchsetzbar, hätte die Koalition sie nicht beschlossen –
wegen des Widerstands des konservativen Lagers in der Regierung.
„Die Unabhängigkeitsbewegung wird von der Rechten angeführt“, sagt Arenas.
Stärkste Kraft in der katalanischen Regierung sei die konservative Partei
PdeCat. Ihr wichtigster Koalitionspartner, die sozialdemokratische ERC,
müsse Kompromisse akzeptieren, um die Unabhängigkeit zu erreichen.
Wenn die katalanische Republik doch nicht die Revolution bringt, was dann?
Chauvinismus – wie so viele Nationalismen der Vergangenheit?
Anna Gabriel lächelt wieder. Ihre Stimme bleibt ruhig und klar. „Die
Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien“, antwortet die CUP-Politikerin, „ist
sehr antifaschistisch.“
Gabriel verweist gern auf die Geschichte: Unter dem rechten Diktator
Francisco Franco wurde die katalanische Kultur diskriminiert. Der General
führte Spanien von seinem Putsch gegen die gewählte republikanische
Regierung 1936 bis zu seinem Tod 1975 mit eiserner Hand. Franco hob das
Autonomiestatut auf, das Katalonien zum Beispiel eine eigene Regierung, ein
Parlament und Kompetenzen im Bildungswesen zugestanden hatte.
## Katalanisch ist eine eigene Sprache
Katalanisch, diese eigenständige romanische Sprache mit ihrer
jahrhundertealten literarischen Tradition, war nicht mehr Amtssprache und
wurde beispielsweise in der öffentlichen Verwaltung unterdrückt. Schon
deshalb stand der katalanische Nationalismus gegen Franco, der vom
faschistischen Italien und nationalsozialistischen Deutschland
unterstützt wurde. „Es gibt keinen identitären Diskurs, keinen Diskurs der
Exklusion von Nationen“, beteuert Gabriel.
Wenn Rafael Arenas vom Bahnhof zum Campus seiner Universität nahe Barcelona
geht, fällt sein Blick auf das [17][riesige Graffito dort]: Auf der
gesamten Längsseite des Mensa- und Verwaltungsgebäudes prangt eine rote
Sowjetflagge und eine gelb-rote Fahne der Unabhängigkeitsbewegung. In der
Mitte eine schwarze, geballte Faust. Unter dem Bild steht: „Unabhängigkeit.
Sozialismus. Feminismus“. Signiert ist es mit SEPC, dem Kürzel einer
Studentenorganisation, die [18][von Gabriels CUP finanziert wird und deren
Mitglieder regelmäßig maskiert und mit brennenden Bengalos über den Campus
marschieren].
Auf Pfeilern am Rande des Wegs sind Aufkleber mit der Aufschrift „FCK SCC“.
SCC ist die Abkürzung für den Namen von Arenas’ Pro-Spanien-Organisation.
„Das haben sie mir auch schon auf meine Bürotür geklebt“, klagt der
Professor.
In seinem Büro zeigt Arenas Fotos und Videos von Veranstaltungen der SCC
auf dem Campus: Etwa 30 teils [19][maskierte Leute] blockieren in ziemlich
einschüchternder Art und Weise den Zugang zu einer Veranstaltung der SCC.
„Die Autonome Universität Barcelona wird immer unsere bleiben“, brüllen
sie. Und: „Faschisten!“
Einmal wurde ein Stand der SCC auf dem Campus von den sogenannten
Antifaschisten mit einem Feuerlöscher eingenebelt, sie rissen die
[20][spanische Fahne] herunter und verbrannten sie. Regelmäßig müssen die
SCC-Veranstaltungen auf dem Campus von Sicherheitsleuten und manchmal sogar
von der Polizei geschützt werden.
Arenas hat Laura Casado und María Domingo mitgebracht. Die beiden
Studentinnen arbeiten in der Unigruppe der SCC mit. „Sie haben
Unterschriften gesammelt, um uns aus der Uni auszuschließen“, erzählt
Casado. „Mich haben sie vor der Bibliothek bespuckt“, sagt Domingo. Seien
sie anfangs 13 Studenten gewesen, würden jetzt nur noch fünf mitmachen,
„wegen des Drucks“.
„Reaktionär“ und intolerant – so nennt Arenas manche Separatisten.
Die Lage an der Universität ist eine Ausnahme. Die überwiegende Mehrheit
der Unabhängigkeitsbefürworter ist friedlich. Aber es gibt unter ihnen
linke Strömungen, die sich nicht klar von den Aggressionen gegen die SCC
oder ähnliche Organisationen distanzieren. Was hält Anna Gabriel von den
Angriffen auf den Verein ihres ehemaligen Professors?
Bei dieser Frage verschwindet das Lächeln aus Gabriels Gesicht – und zwar
schlagartig. Ihr Blick wird kalt. Gut, sagt sie, die SCC verweigere dem
katalanischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung, das auch in der Charta
der Vereinten Nationen verankert ist. Sie hätten „Beziehungen zu
Mitgliedern von Gruppierungen mit einer faschistischen Ideologie“. Da
verwundere es nicht, dass Menschen, die mehr Demokratie in Katalonien
wollen, „reagieren“, wenn sie einen Stand der SCC und in der Nähe
Rechtsextreme sehen.
## Rechte mischen mit
Auf den Videos eines SCC-Auftritts sind tatsächlich in einiger Entfernung
mehrere [21][Glatzköpfe zu sehen]. Aber das war nur bei einer
Veranstaltung, gestört wurden ebenso SCC-Auftritte, bei denen keine
Rechtsextreme in der Nähe waren.
Arenas sagt auch, er habe die anwesenden Polizisten gebeten, sich zwischen
die SCC-Leute und die Rechtsextremen zu stellen, damit diese isoliert
blieben. Zudem haben sich er [22][und seine Organisation von „Nazis“ und
„Faschisten“ distanziert]. „Aber in dem Moment, in dem du dich gegen die
Sezession stellst, bist du für viele Unabhängigkeitsbefürworter automatisch
ein Faschist“, klagt Arenas. Schweiß perlt von seiner Stirn. Es ist heiß in
seinem Büro, obwohl der Ventilator vor seinem Schreibtisch läuft. Und die
Debatte setzt ihm zu, weil die Fronten so verhärtet sind.
„Wie tief der Riss in der katalanischen Gesellschaft ist, hat die Reaktion
auf die Attentate offengelegt“, sagt er. Die Regionalregierung habe diese
Tragödie missbraucht, um der Welt zu demonstrieren, dass Katalonien wie ein
eigener Staat funktioniert. Dabei habe die Regionalpolizei nach der
Explosion eines Hauses der Terroristen am Tag vor den Attentaten zu spät
erkannt, dass dort Anschläge vorbereitet wurden. Und sie hätten der Guardia
Civil nicht gestattet, dort zu ermitteln.
In Arenas’ Regal steht ein juristisches Fachbuch neben dem anderen. Sogar
der „Schönfelder“, ein roter Plastikordner mit deutschen Gesetzen. „Weil
wir Spanier alle eine politische Gemeinschaft bilden, haben die Bürger aus
Huelva, aus Madrid oder Galicien zum Beispiel das Recht, nach Katalonien zu
ziehen, hier zu leben, zu arbeiten und das Regionalparlament zu wählen“,
sagt der Jurist.
Im Moment würden sie automatisch wie Inländer behandelt. „Durch eine
Abspaltung könnten diese Bürger ihre Rechte verlieren.“ Deshalb müssten sie
zustimmen, dass es eine Sezession gibt. „Man darf nicht der Gesamtheit der
Spanier ein Recht nehmen, ohne sie zu befragen.“
Auf Arenas’ Schreibtisch stapeln sich auch Standardwerke zum Völkerrecht.
Die braucht er für die Debatte über Katalonien. „Den Teil des
Selbstbestimmungsrechts der Völker, der auch das Recht auf Sezession
beinhaltet, gibt es in den internationalen Verträgen und UN-Resolutionen
nur für Kolonialvölker oder wenn die Grundrechte systematisch und
schwerwiegend verletzt werden“, sagt Arenas. Und die Katalanen lebten
schließlich in Spanien, einer Demokratie.
## Katalanen fühlen sich benachteiligt
Dennoch halten sich viele Katalanen für unterdrückt. „Wenn du vor Gericht
stehst und auf Katalanisch mit der Justiz kommunizieren willst, sprechen
weniger als 5 Prozent der Richter auf Katalanisch oder fassen die Urteile
darin ab“, sagt Anna Gabriel. Für viele Separatisten gibt es auch bei den
von Madrid gesteuerten Polizeikräften eine „kulturelle Unterdrückung“ des
Katalanischen.
„Ich lache mich kaputt, wenn ich das höre“, sagt Arenas dazu. „Meine Kin…
haben wie die meisten Katalanen Spanisch als Muttersprache. Dennoch hören
sie seit dem Kindergarten nur Katalanisch, außer in den Spanischstunden,
die mit sechs Jahren begonnen haben. Wo bitte sehr ist die Unterdrückung?“
In der Verwaltung der Region sei Spanisch auf ein Minimum reduziert worden.
„Zu wollen, dass die Leute Spanisch vergessen, das finde ich pervers“, sagt
Arenas.
Anna Gabriel weist solche Pläne weit von sich. Sie verspricht eine
„Vorzugsbehandlung“ für das Spanische, weil es für so viele Katalanen die
Muttersprache ist.
Vorzugsbehandlung ist aber nicht Gleichberechtigung. Jedenfalls verdrängt
Gabriel das Spanische zuweilen eigenhändig und mit Genuss. Für sie ist die
Sprache auch ein Mittel, Macht zu demonstrieren. Arenas habe an der Uni
seine Vorlesungen immer auf Spanisch gehalten, erzählt sie. „Ich habe ihm
immer auf Katalanisch Fragen gestellt. Und er hat immer auf Katalanisch
geantwortet. Das hat mich immer gefreut, weil es mir gezeigt hat: Hier
befehle ich.“
26 Aug 2017
## LINKS
[1] https://elpais.com/ccaa/2017/06/09/catalunya/1496992021_200661.html
[2] https://elpais.com/ccaa/2017/07/04/catalunya/1499166863_801846.html
[3] https://www.nytimes.com/2017/05/09/opinion/why-catalonia-should-stay-with-s…
[4] https://politica.elpais.com/politica/2017/05/21/actualidad/1495389893_10466…
[5] http://www.ine.es/prensa/cp_2017_p.pdf
[6] https://www.parlament.cat/web/composicio/diputats-fitxa/index.html?p_codi=2…
[7] https://www.parlament.cat/document/composicio/150360.pdf
[8] http://www.eldiario.es/catalunya/politica/Carles-Puigdemont-investido-Gener…
[9] http://cup.cat/document/programa-de-la-cup-crida-constituent-al-27s
[10] https://elpais.com/ccaa/2017/08/10/catalunya/1502360042_582173.html
[11] http://www.elperiodico.com/es/politica/20160511/anna-gabriel-cup-tener-hij…
[12] http://www.eldiario.es/catalunya/Catalunya-desahucios-energetica-promovida…
[13] http://noticias.juridicas.com/base_datos/CCAA/557694-l-24-2015-de-29-jul-c…
[14] http://hj.tribunalconstitucional.es/HJ/es/Resolucion/Show/25118
[15] https://www.diaridetarragona.com/costa/El-nuevo-BCN-World-se-llamara-Hard-…
[16] https://elpais.com/ccaa/2017/07/10/catalunya/1499672261_274512.html
[17] https://i2.wp.com/diazvillanueva.com/wp-content/uploads/2017/05/pintadas-u…
[18] http://cup.cat/comptes-clars
[19] https://www.facebook.com/societatcc/videos/1040072312782702/
[20] https://www.facebook.com/societatcc/videos/1120264578096808/
[21] https://www.youtube.com/watch?v=2m5w7ECnLZI
[22] http://ceo.gencat.cat/ceop/AppJava/loadFile?fileId=25317&fileType=1
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Jost Maurin
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