# taz.de -- Nach den Anschlägen in Katalonien: Keine Pfiffe gegen Felipe | |
> Viele Katalanen wünschen sich die Unabhängigkeit von Spanien. Haben die | |
> Anschläge einen Einfluss auf das Referendum? | |
Bild: Vereint in Trauer: Spaniens Premierminister Rajoy, König Felipe und Kata… | |
BARCELONA taz | „Wir nehmen die Ramblas zurück, sie gehören den Bürgern“, | |
sagt Liz Castro, eine amerikanische Schriftstellerin die in Katalonien lebt | |
und sich für die Unabhängigkeit der Region von Spanien engagiert. Und sie | |
erklärt zugleich, warum bei der Demonstration am Freitag keine | |
Unabhängigkeitsflaggen zu sehen waren. | |
Auch König Felipe wurde von denjenigen Katalanen, die für die | |
Unabhängigkeit von Spanien kämpfen, nicht ausgepfiffen. „Die gesamte | |
Aufmerksamkeit galt der Verurteilung von Hass“, sagt Castro. „Und ich | |
denke, die Menschen hier wissen sehr genau, wann es um politische Fragen | |
geht und wann um Zivilcourage und gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ | |
Bei der [1][Schweigeminute auf der Plaça Catalunya] war am Freitag tiefe | |
Trauer um die Opfer und Mitgefühl mit den Familienangehörigen zu spüren, | |
wie zugleich ein starker Zusammenhalt. Die Bürgermeisterin Ada Colau hatte | |
zu dieser Demonstration aufgerufen, um zu zeigen, dass die europäischen | |
Werte, die der weltoffenen Metropole eigen sind, nicht von Akten des | |
Hasses beeinflusst werden können. Katalanische und spanische | |
Regierungsmitglieder nahmen teil – und selbst der spanische König war | |
angereist. | |
Ob dieses Attentat die weitere Entwicklung vor dem Referendum, das für den | |
1. Oktober geplant ist, beeinflussen könnte? Castro ist überzeugt, dass | |
dies nicht der Fall sein wird. Eine Sache sei es, den Hass zu verurteilen, | |
die andere, sich für die politische Freiheit einzusetzen. „Wir glauben | |
nicht, dass Spanien uns beschützen muss, aber die Zusammenarbeit ist | |
wichtig.“ | |
Auch der katalanische Premier Carles Puigdemont hatte nach dem Attentat die | |
Werte von Demokratie und Freiheit hervorgehoben und eine engere | |
Zusammenarbeit zwischen allen Institutionen und Organisationen angemahnt. | |
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte mehrmals die absolute | |
Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den katalanischen Behörden betont. Die | |
Regierungspartei ihrerseits erklärte in ihrem Kommuniqué zu dem Attentat, | |
dass diese Art von Anschlägen „nicht den Rechtsstaat beugen werden und dass | |
nur die Einheit gegen den Terrorismus solche barbarischen Akte stoppen | |
kann“. | |
Castro kann sich durchaus vorstellen, dass eine längere verstärkte Präsenz | |
von spanischer Polizei oder eventuelle antiterroristische Maßnahmen von der | |
spanischen Regierung durchaus als Zeichen der Kontrolle oder als | |
Machtdemonstration genutzt werden könnten. | |
## Streitpunkt Sicherheit | |
Neben der Trauer und der Solidaritätsbekundungen gibt es auf den Ramblas am | |
Freitag auch Kritik. Eine junge Frau sagt, sie werde jetzt erst recht für | |
die Abspaltung Kataloniens von Spanien stimmen. Aus ihrer Sicht hätte man | |
der Sicherheit in der Region Vorrang vor den politischen Interessen geben | |
sollen. | |
Sie verweist auf die Debatte über die Stärkung der lokalen katalanischen | |
Polizei, der Mossos d’Esquadra. In Katalonien galt Terrorismusalarmstufe 4, | |
trotzdem gab es ein monatelanges Tauziehen zwischen der spanischen und der | |
katalanischen Regierung um die Aufstockung der Mossos d’Esquadra, die schon | |
mehrmals mit Erfolg Terroristenzellen bekämpft haben. | |
Nach langem Drängen der Regionalregierung fand schließlich nach acht Jahren | |
der Sicherheitsausschuss Kataloniens statt, bei dem Carles Puigdemont dem | |
spanischen Innenminister das Versprechen abringen konnte, den Zugang der | |
katalanischen Polizei zur Europol-Datenbank zu ermöglichen und sie in das | |
Antiterrornetzwerk der spanischen Polizei aufzunehmen. Schließlich konnten | |
die Katalanen auch die Rekrutierung von 500 zusätzlichen, laut | |
katalanischer Seite unabdingbaren Polizisten für die Mossos durchsetzen. | |
Die junge Frau zeigt sich überzeugt, dass solche Aufgaben besser unabhängig | |
von Spanien gelöst werden könnten. | |
19 Aug 2017 | |
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[1] /Nach-dem-Terror-Anschlag-in-Barcelona/!5440182/ | |
## AUTOREN | |
Krystyna Schreiber | |
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