# taz.de -- Kommentar Lage in Barcelona: Und sie wissen, was sie tun | |
> Die Wahl des Anschlagorts ist kein Zufall. Schon bei den Anschlägen von | |
> 2004 ging es um eine weitere politische Dimension: die Unabhängigkeit. | |
Bild: Trauer in Barcelona | |
Nizza, Berlin, London und jetzt Barcelona: Fahrzeuge rasen in | |
Menschenmengen und hinterlassen zahlreiche Tote und Verletzte. In Barcelona | |
kamen am Donnerstagnachmittag mindestens 13 Menschen ums Leben, über 100 | |
wurden zum Teil schwer verletzt. Wenige Stunden später wiederholte sich das | |
Schreckensszenario in Cambrils, einem Ort am katalanischen Mittelmeer. Dort | |
wurden sieben Menschen verletzt, eine Person schwer. Die fünf Angreifer | |
wurden von der Polizei erschossen. | |
Die Anschläge mit Fahrzeugen in Nizza, Berlin, London und Katalonien | |
gleichen sich. Und doch gibt es einen ganz entscheidenden Unterschied: Die | |
radikalen Islamisten, ob von Al-Qaida oder IS, wählen in Spanien ihre Ziele | |
und den Zeitpunkt nicht von ungefähr. Spanien ist „ihr“ Al-Andalus, das | |
Land des goldenen Zeitalters des Islam. Sie kennen sich mit spanischer | |
Innenpolitik aus und mischen sich auf ihre blutige Art und Weise ein. Das | |
war einst am 11. März 2004 so, als mehrere Bomben in Madrider | |
Nahverkehrszügen 192 Todesopfer forderten, das ist auch jetzt der Fall. | |
Spanien ist für Islamisten ein ganz besonderer Ort. | |
2004 blieben nur wenige Tage bis zu den Parlamentswahlen. Die | |
Anschlagsserie von Madrid brachte die konservative Regierung zu Fall, die | |
Sozialisten unter José Luis Rodríguez Zapatero gewannen überraschend. Der | |
konservative José María Aznar hatte an den Seiten der USA und | |
Großbritannien Truppen in den Irak geschickt; Zapatero zog sie ab. | |
Jetzt steht wieder ein Urnengang an. Die Autonomieregierung in Katalonien | |
bereitet für den 1. Oktober gegen den Widerstand der Zentralregierung in | |
Madrid eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit vor. Der Zeitpunkt für | |
die Attentate von Barcelona und Cambrils wurde kaum zufällig gewählt. | |
## Echte Empathie | |
Stellt sich die Frage, wie die Schreckensnacht den Urnengang am 1. Oktober | |
beeinflusst. Was feststeht: Die Autonomieregierung bewies im Umgang mit den | |
Attentaten, dass Katalonien tatsächlich als Land funktionieren kann. Die | |
Autonomiepolizei, die die Ermittlungen führt, arbeitet äußerst effektiv. | |
Sie kamen den Attentätern schnell auf die Spur, nur wenige Stunden nach der | |
Terrorfahrt wurden erste Verdächtige festgenommen, ein Fluchtfahrzeug | |
gefunden und in Cambrils Schlimmeres verhindert. Und all das in eigener | |
Regie. Zweifelsohne zeigte dieser Einsatz: Ein unabhängiges Katalonien ist | |
möglich. | |
Allerdings sollten die Katalanen eines nicht vergessen: Die Solidarität im | |
restlichen Spanien ist enorm. Überall werden die Menschen heute in | |
Solidarität für Schweigeminuten auf die Straße gehen. Die Spanier, egal | |
welcher Kultur und Sprache, sind geschockt, leiden mit. Sie empfinden | |
Katalonien als Teil Spaniens – und das nicht aus einem dumpfen | |
Nationalismus heraus, wie ihn die Madrider Regierung unter Mariano Rajoy | |
nur allzu oft an den Tag legt, sondern aus echter Empathie. Es wäre einen | |
Versuch wert, ein Spanien zu schaffen, in dem alle Platz haben und | |
gemeinsam gegen die Gefahren der Zukunft angehen. | |
18 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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