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# taz.de -- Schiffe belasten Luft an Bord und in den Häfen: Kreuzfahrten gefä…
> In seinem Kreuzfahrt-Ranking 2017 kritisiert der Umweltverband Nabu die
> miserable Ökobilanz der Luxusliner. Kein Schiff uneingeschränkt
> empfehlenswert.
Bild: Sieht extrem ungesund aus und ist es auch: die Abgasfahne eines Kreuzfahr…
HAMBURG taz | Malte Siegert rät von einer Kreuzfahrt ab. „Aus Umweltsicht
ist kein einziges Kreuzfahrtschiff in Europa uneingeschränkt
empfehlenswert“, sagte der Leiter Umweltpolitik beim Naturschutzbund (Nabu)
in Hamburg. Das am Dienstag in Hamburg vorgestellte Kreuzfahrt-Ranking 2017
zeige eine unverändert schlechte Umweltbilanz. „Insbesondere Costa, MSC und
Royal Caribbean verweigern sich mit ihrer bestehenden Flotte komplett dem
Umwelt- und Klimaschutz“, kritisierte Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif
Miller. Diese drei Großreedereien hätten noch 2016 und im laufenden Jahr
neue Schiffe in den Dienst gestellt, die keinerlei ökologische Fortschritte
vorweisen könnten.
## Verdeckte Messungen
Der Nabu beruft sich auf eigene Messungen in Häfen und auf verdeckte
Messungen an Bord von Kreuzfahrtschiffen. Die Messungen ergaben eine hohe
Belastung mit krebserregenden Rußpartikeln. In Extremfällen seien bis zu
400.000 Rußpartikelfilter pro Kubikzentimeter Atemluft in der Abgasfahne
der Luxusliner nachgewiesen worden, so der Nabu. Zum Vergleich: Die am
höchsten mit Schadstoffen belasteten Straßenkreuzungen in Stuttgart oder
Hamburg wiesen demgegenüber lediglich 20.000 Partikel pro
Kubikzentimeterauf.
Noch am besten schnitten in dem Nabu-Ranking die beiden deutschen
Reedereien Tui Cruises mit den vier Neubauten „Mein Schiff 3“ bis „Mein
Schiff 6“ und Hapag-Lloyd Cruises mit der „Europa 2“ ab. Sie verwenden la…
Nabu immerhin einen Stickoxidkatalysator.
Die verdeckten Messungen begründete Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik
beim Nabu-Bundesverband, mit der Weigerung der Reedereien, mit dem Nabu
zusammenzuarbeiten. „Wir haben ihnen angeboten, selbst ein Institut
auszusuchen und die Messmethoden zu bestimmen – keine Reaktion“, so
Oeliger.
Auch habe keine einzige Reederei die Fragebögen des Nabu beantwortet.
Stattdessen schickte der Branchenverband Cruise Lines International
Association (Clia) am 20. Juli ein vierseitiges nichtssagendes Schreiben,
das keinerlei Rückschlüsse auf einzelne Schiffe erlaube. „Das ist eine
bewusste Verschleierungstaktik mit dem Ziel, sich aus der Verantwortung zu
ziehen“, sagte Oeliger.
Der Nabu fordert nun, die Schiffe nicht länger mit hochgiftigem, aber
billigem Schweröl zu betreiben. Zudem sollten Stickoxidkatalysatoren,
Rußpartikelfilter und Scrubber (Abgaswäscher) verbindlich werden. Notwendig
sei auch der rasche Umstieg auf deutlich umweltfreundlicheres Flüssiggas
als Antriebsstoff und die Nutzung von Landstrom während der Liegezeiten im
Hafen, sodass die Schiffsmotoren abgestellt werden können.
Der Branchenverband Clia widerspricht der Darstellung des
Naturschutzbundes. Bereits seit 2015 gelte zum Beispiel in der Nord- und
Ostsee ein Schwefel-Grenzwert von 0,1 Prozent, hieß es. Das bedeute, dass
dort kein Schiff mehr mit Schweröl fahren dürfe, ohne eine entsprechende
Filtertechnik an Bord zu haben. Allerdings hat Clia die Auskunft aus dem
Jahr 2016, dass 23 Kreuzfahrtschiffe mit Rußpartikelfiltern ausgerüstet
seien, im diesjährigen Schreiben an den Nabu gestrichen. „Fakt ist, dass
kein einziger Filter in Betrieb ist“, beharrte Oeliger am Dienstag.
Kritik gab es von Clia auch an den Messmethoden des Nabu. Diese entsprächen
nicht wissenschaftlichen Standards. Grundsätzlich verfolge man aber das
gleiche Ziel: eine Reduzierung der Emissionen und den Schutz der Umwelt.
## Kein Abgasfilter
Kritik äußerte der Umweltverband auch an der größten deutschen
Kreuzfahrtreederei Aida Cruises. Das Unternehmen habe Investitionen in
Abgassysteme angekündigt, ohne diese aber auch tatsächlich umzusetzen. Auch
über ein Jahr nach der Indienststellung des Kreuzfahrtschiffes „Aida Prima“
sei kein Abgasfilter im Einsatz.
Dem widersprach die Reederei Aida: Sechs Schiffe der Flotte – darunter die
„Perla“ und die „Prima“ – verfügten über Systeme zur Abgasnachbehan…
Wo es die Genehmigung zum Betrieb der Systeme gebe, würden diese auch
genutzt, so die schriftliche Erklärung von Aida-Vizepräsident Hansjörg
Kunze.
Nabu-Mann Malte Siegert wird schon ganz mulmig, wenn er an die Cruise Days
am Wochenende in Hamburg denkt. Bei elf Luxuslinern gleichzeitig im
Hamburger Hafen „wird die Luftbelastung hammermäßig“, sagte Siegert. Es s…
gegenüber der Gesundheit der BürgerInnen „unverantwortlich, dass die
Politik die Kreuzfahrtindustrie schützt“.
5 Sep 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Umwelt
Nabu
Kreuzfahrt
Luftverschmutzung
Hafen
Kreuzfahrt
Havarie
Eisbären
Kreuzfahrt
Umweltpolitik
Luftreinhalteplan
Kreuzfahrt
Meeresschutz
Elbe
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