# taz.de -- Meeresschutz: Umweltzone auf See | |
> Die schärferen Grenzwerte für Schadstoffe auf Nord- und Ostsee wirken. | |
> Das zeigt eine Studie des Naturschutzbundes | |
Bild: So war es früher: Ostseefähre vor Rostock 2013 | |
HAMBURG taz | Die Luftqualität an Nord- und Ostsee ist besser geworden. Das | |
belegt eine Studie im Auftrag des Naturschutzbundes (Nabu) über die zum 1. | |
Januar 2015 eingeführten verschärften Grenzwerte für schwefelhaltigen | |
Schiffstreibstoff vor den norddeutschen Küsten. Diese so genannte Seca-Zone | |
(siehe Kasten) „ist ein voller Erfolg“ resümiert Nabu-Verkehrsexperte | |
Dietmar Oeliger. Und die Luftqualität könnte sogar noch deutlich besser | |
sein, wenn mehr und systematisch kontrolliert würde: „Deshalb vermuten wir | |
eine hohe Dunkelziffer an Gesetzesverstößen auf See“, so Oeliger. | |
Seit Anfang 2015 dürfen Handels- und Kreuzfahrtschiffe sowie Fähren in | |
Nord- und Ostsee nur noch mit einem Treibstoff unterwegs sein, der 0,1 | |
Prozent Schwefel und nicht mehr 1,0 Prozent enthält. Alternativ müssen die | |
Abgase über eine Waschanlage an Bord (Scrubber) gereinigt werden. Das hat | |
die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO festgelegt. | |
Der Nabu ließ vom niederländischen Forschungsinstitut CE Delft untersuchen, | |
welche Wirkungen diese verschärften Regeln haben. Die Auswertung von | |
Messergebnissen habe gezeigt, dass in fast allen Häfen die | |
Schadstoffbelastung durch Schwefeldioxid um die Hälfte oder mehr gesunken | |
ist. Dennoch sei noch viel zu tun, sagt der international tätige | |
Verkehrsgutachter Axel Friedrich. Das früher von Schiffen verbrannte | |
Schweröl sei 100.000 mal schädlicher als LKW-Diesel, der jetzt geforderte | |
sauberere Treibstoff nur noch 100 mal dreckiger. Dennoch sei Seca „eine | |
gelungene Umweltzone auf See“. | |
Deutlich verringert haben sich die Schadstoffwerte auch auf der Unterelbe | |
und in der Nordsee. Zwei Messstationen in Wedel und auf der Insel Neuwerk, | |
die vom Hamburger Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) und | |
dem Bremer Institut für Umweltphysik betrieben werden, haben eindeutige | |
Verbesserungen nachgewiesen. Von 3.479 Schiffen waren nur 69 mit zu | |
schmutzigem Treibstoff unterwegs gewesen, die Tendenz ist eindeutig | |
rückläufig. Bereits am 1. Januar 2015, dem ersten Tag der Seca-Zone, waren | |
die Schadstoffwerte von fast allen Schiffen eingehalten worden. „Die | |
Verschärfung der Grenzwerte hat nachweisbar zu einer Verbesserung der | |
Luftqualität geführt“, bilanzierte BSH-Präsidentin Monika Breuch-Moritz | |
bereits im Januar diesen Jahres. | |
Nach Einschätzung des Nabus lassen sich durch Schadstoffreduzierungen | |
außerdem erhebliche Kosten für Mensch und Umwelt vermeiden. | |
Volkswirtschaftliche Analysen zeigten, dass weltweit Einsparungen im | |
Gesundheitsbereich von acht Milliarden Euro erhöhten Kraftstoffkosten von | |
2,3 Milliarden Euro gegenüber stünden. „Jede Investition in saubere | |
Schifffahrt rechnet sich für die Gesellschaft doppelt und dreifach“, sagt | |
Oeliger. | |
Von der IMO fordert der Nabu, die Schwefel-Grenzwerte weltweit bis 2020 auf | |
0,5 Prozent zu begrenzen. Dieser Grenzwert solle in chinesischen | |
Küstengebieten bereits ab 2018 gelten. Um eine Wettbewerbsverzerrung für | |
nordeuropäische Reeder zu vermeiden, müsste schnellstmöglich auch das | |
Mittelmeer als Seca-Gebiet ausgewiesen werden. | |
Auch der Verband Deutscher Reeder (VDR), der einer Seca-Zone zunächst aus | |
Kostengründen skeptisch gegenüber stand, zeigt sich jetzt zufrieden. Die | |
Studie beweise, „dass die Reedereien sich an die strengeren Abgaswerte | |
halten“, sagt VDR-Sprecher Christoph Schwaner. Noch besser wäre es | |
allerdings, auf noch schadstoffärmeres Flüssiggas (LNG) umzusteigen. Dafür | |
benötigten die Reedereien aber „eine wirksame öffentliche Förderung als | |
Starthilfe“, so Schwaner: „Wir wollen gern noch sauberer werden.“ | |
21 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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